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Kommentar: Web 2.0 und Ajax

Programmierter Segen und Fluch

Es soll sie geben, Dinge, die in einem umfassenden Sinn »gut« sind. Gegenstände, die in Form, Handhabung, Material und Ästhetik nahe an der Perfektion sind.

Autor:Redaktion connect-professional • 9.10.2007 • ca. 1:40 Min

Bei materiellen Dingen hat sich das Versandhaus »Manufactum« dieses hohe Ziel gesetzt und nach eigenem Bekunden immerhin schon 8500 dieser »guten« Dinge im eigenen Sortiment zusammengetragen.

Diese Gegenstände haben gemein, dass sich ihr Design, ihre Struktur und ihr Material bereits in Tausenden von Händen beweisen mussten. Manufactum sammelt also die Essenz aus dem Bewährten und setzt so ein Zeichen gegen die kurze Lebensdauerder Wegwerf- und Alltagsgegenstände.

Die Open-Source-Gemeinde versucht Gleiches auf Programmseite zu schaffen. Jede Zeile, jeder Befehl und die Struktur werden von zig Köpfen kritisch geprüft, Fehler korrigiert und unnötige Zeichen aus dem Innenleben der Anwendung getilgt.

Eine Kultur der öffentlichen Suche nach Qualität, nach dem perfekten Code.

Von diesem hohen Niveau ist die Welt von Web 2.0 noch weit entfernt. Zu jung ist das Konzept, zu unbekannt sind die Stärken und Schwächen der darin einbetteten Sprachen wie Ajax und bedenkenswert die Konzeption. Allein die geteilte Macht zwischen Webserver und -browser bei Ajax ist Segen und Fluch zugleich. Der Explorer oder Firefox dürfen mächtige, interaktive Anwendungen hosten, die ihrerseits Queries direkt an den Server schicken und so weitere Daten laden. Das hebt den Browser auf eine höhere Stufe, die er wegen seiner zahlreichen Vulnerabilities nicht verdient hat. Schon warnen unabhängige Experten vor den Möglichkeiten, die sich hier für Hacker ergeben.

Das Potenzial dieser bunten, dynamischen, lauten und interaktiven Webwelt verleitet viele Firmen dazu, ihre Webpräsenz und E-Business-Dienste schnell umzustellen. Dass Programmierer dabei unter Zeitdruck stehen, wie bei allen Webprojekten, ist dank »Time to Market«-Anspruch wahrscheinlich.

Den Fachleuten bereitet Sorge, dass die Entwickler die für Ajax bereits definierten Best-Practices ignorieren oder wegen dünnen Wissens falsch programmieren werden. Schwache Implementierungen und eine Menge von Vulnerabilities – eine böse Mischung.

Auf Hilfe von Produktseite dürfen die Betreiber solcher Webseiten zwar hoffen, die Qualität der Lösungen ist aber noch stark verbesserungsfähig. Die Real-World Labs haben zwei Vulnerability-Assessment-Scanner für Ajax untersucht – die Resultate waren ernüchternd. Die Welt von Web 2.0 ist noch so neu, dass die Hersteller noch keinen überzeugenden Ansatz gefunden haben, mit dem sie alle beispielsweise alle bekannten Vulnerabilities finden können.

Auch Ajax und die Produkte im Test müssen erst durch viele Hände gehen und von vielen Köpfen überdacht werden. Es wird Zeit verstreichen, ehe einige Ajax-Applets in das Sortiment von Code-Manufactum hinein dürfen.

Ihr Michael Piontek