»Es ist Zeit für eine neue Generation von Anwendungen«
»Es ist Zeit für eine neue Generation von Anwendungen« Zum 1. Dezember wurde Shantanu Narayen zum CEO des Software-Herstellers Adobe Systems befördert. Im Interview mit Werner Fritsch gibt er unter anderem Auskunft über die neue Technologie AIR, die komfortablere Benutzerschnittstellen ermöglichen soll.

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- »Es ist Zeit für eine neue Generation von Anwendungen« (Fortsetzung)
Herr Narayen, die Produkte von Adobe sind bei Web-Designern und Layoutern weit verbreitet. In Unternehmenszusammenhängen ist ihr Stellenwert hingegen geringer.
Ja, Produkte wie Photoshop, Illustrator, Indesign oder Flash sind sehr bekannt. Was die Unternehmen betrifft: Von Acrobat zum Beispiel haben wir mehr als 25 Millionen Kopien verkauft. PDF ist ein Standard, um Informationen auszutauschen. In den letzten vier Jahren haben wir uns mehr um Unternehmen gekümmert, die ihre Prozesse effizienter gestalten wollen. Die Firmen haben viel in ihre Backend-Transaktionssysteme investiert und es gibt jetzt viele Informationen. Wir haben Software für die Präsentationsschicht, um alle Informationen einfach zugänglich zu machen.
Es gibt zwei Bereiche von Unternehmenssoftware, in denen Adobe ein Rolle spielt: Dokumenten- oder Content-Management auf der einen Seite und Software-Entwicklung für das Web auf der anderen. Wie passt Ihr Angebot in ein Bild, das zunehmend von Produktpaketen für Enterprise Content Management geprägt wird?
Unsere Chance ergibt sich, wenn Menschen, Informationen und Prozesse zusammenkommen. Was wir hören ist, dass die Unternehmen zunehmend elektronisch mit ihren Kunden korrespondieren wollen. Sie müssen mit neuen Compliance-Vorgaben umgehen, sie wollen Informationen sicher verfügbar haben und verteilen. Wir betrachten Enterprise Content Management als Infrastruktur im Unternehmen. Unser PDF/A ist ein Standard, um Informationen zu archivieren. Und wenn es darum geht, Lösungen auf der Basis von ECM-Systemen zu bauen, dann kommt Adobe ins Spiel.
Wie sieht das konkret aus?
Eine Bank zum Beispiel kann mit einem Werkzeug von Adobe eine PDF-Datei für eine Rechnung erstellen und sie an ihre Kunden schicken. Oder wenn ein neuer Kunde sich über das Web bei einem Unternehmen anmeldet, kann man mit unserer Software dafür sorgen, dass die Datenerfassung an der Benutzerschnittstelle möglichst einfach abläuft.
Und wie ist der Bezug zu ECM?
Die Anwendung arbeitet dann mit einem ECM-System von einem Anbieter wie EMC/Documentum zusammen. Wir haben Adapter, sodass unsere Formularlösungen auf den ECM-Systemen aufsetzen können. Wir sehen die ECM-Anbieter als unsere Partner. Auch SAP verkauft unser Produkt Interactive Forms mit Netweaver. Wenn es um benutzerfokussierte Anwendungen geht, die auf einem ECM- oder ERP-System aufsetzen, dann kommt unsere LiveCycle-Technologie ins Spiel.
Und im Zentrum steht dabei Ihr Datei-Format PDF?
Am Anfang stand PDF im Zentrum, aber in der Zwischenzeit nutzen wir zunehmend auch die Flex-Entwicklungswerkzeuge, die wir durch die Macromedia-Übernahme bekommen haben, und auch andere Formate, namentlich HTML. Unsere LiveCycle-Software will Informationen in einer einfach zu handhabenden Weise verfügbar machen.
Der zweite Bereich unternehmensrelevanter Produkte betrifft die Software-Entwickler.
Wir können heute unsere Design-Software Photoshop, Illustrator, Flash mit der Entwicklungswelt verbinden. Wir haben das Entwicklerpaket Flex Builder, um Rich Internet Applications zu erstellen. Das ist ein wesentlicher Teil unserer Strategie.
Was für Anwendungen haben Sie dabei im Blick?
Wir denken, dass es Zeit ist für eine neue Generation von Anwendungen, die die Mächtigkeit des Desktops mit der Konnektivität des Internet verbindet. Und diese Anwendungen sollten online und offline arbeiten. Viele Leute sprechen von Web 2.0. Wir haben dafür eine neue Technologie entwickelt: die Adobe Integrated Runtime, kurz AIR. Sie verbindet das Beste von HTML, PDF und Flash, alles beruht auf Web-Technologien. Und für solche neuartigen Anwendungen richten wir uns jetzt an Entwickler. Obwohl AIR in der Beta-Phase ist und die Version 1.0 erst Anfang nächsten Jahres erscheinen wird, haben wir schon Partnerschaften geschlossen mit Unternehmen wie Salesforce.com, SAP oder Business Objects, die Anwendungen damit bauen wollen. Außerdem haben wir Medienunternehmen gewonnen, etwa AOL, und auch Einzelhandelskonzerne, ferner das Internet-Aktionshaus Ebay.