Red Hat übernimmt JBoss
Red Hat übernimmt JBoss. Red Hat, Nummer eins unter den Linux-Distributoren, und JBoss, marktführend bei quelloffenen Java-Applikationsservern, schliessen sich zusammen. Das Open-Source-Lager dürfte dadurch gestärkt werden.

Red Hat übernimmt JBoss
Die Zeit der Spekulationen, Dementis und Verhandlungen ist zu Ende: Marc Fleury hat im Linux-Distributor Red Hat einen Käufer für das von ihm 1999 gegründete Unternehmen JBoss gefunden. 350 Millionen Dollar bezahlt Matthew Szulik, CEO von Red Hat, sofort, weitere 70 Millionen Dollar folgen, wenn JBoss seine Umsatzziele erreicht. Der Umsatz von JBoss in diesem Jahr wird auf 80 Millionen Dollar geschätzt, der Umsatz von Red Hat betrug im letzten Geschäftsjahr, das im Februar endete, 278 Millionen Dollar.
Zum Vergleich: IBM nahm dank seiner Middleware im vergangenen Jahr etwa 2,7 Milliarden Dollar ein, wie die Marktforschungsfirma IDC schätzt. Allerdings sind darin auch Lizenzerlöse enthalten, während Red Hat und JBoss ? dem Open-Source-Geschäftsmodell entsprechend ? lediglich von Beratung und Support leben. Während Red Hat sich auf eine große Zahl externer Programmierer aus der Open-Source-Gemeinde stützt, hatte Fleury das Projekt selbst ins Leben gerufen und die wichtigen Entwickler bei seiner von Anfang an auf Profit ausgerichteten Firma angestellt. Für kleinere Anwendungen hat auch IBM mittlerweile einen quelloffenen und lizenzkostenfreien Java-Applikationsserver im Angebot, und Sun hat Ende letzten Jahres seinen gesamten Middleware-Stapel zu Open Source erklärt.
Bislang hatte Red Hat bevorzugt den quelloffenen Java-Applikationsserver Jonas des Konsortiums Object Web unterstützt, der allerdings im Vergleich zur JBoss-Middleware weit weniger eingesetzt wird. JBoss bringt Red Hat neben der Java-Ablaufumgebung ein Portal und einen Web Server, ferner Software für Messaging sowie für Geschäftsregeln. An einem Enterprise Service Bus (ESB), der die Anwendungsintegration in serviceorientierten Architekturen unterstützt, wird unterdessen noch gearbeitet.
Das verbreitetste quelloffene Betriebssystem und die verbreitetste quelloffene Middleware sind nun also in einer Hand vereint. Beobachter sehen für Red Hat die Chance, durch die JBoss-Übernahme in Sachen Infrastruktursoftware mit BEA, Oracle und IBM auf Augenhöhe zu kommen. Der JBoss-Software dürften auch die Vertriebswege von Red Hat zugute kommen. Zu bedenken geben Marktkenner, dass die Anwender bei der Stange gehalten werden müssen, die die JBoss-Middleware nicht auf Linux einsetzen, sondern auf Suns Unix-Derivat Solaris oder auf Microsofts Windows. Als ungewiss gilt ferner, wie sich der als dominant geltende Fleury in seine Rolle als Bereichsleiter unter dem bedächtigeren Szulik hineinfinden wird. Abzuwarten bleibt nicht zuletzt, inwieweit die Unternehmen den Kern ihrer Software-Infrastruktur für wichtige Anwendungen aus quelloffenen Programmen aufbauen wollen. Bislang ist der JBoss-Applikationsserver vor allem bei Entwicklern beliebt.