SAP kommt von der Lizenzdroge los
SAP hat das rückläufige Lizenzgeschäft zuletzt nur durch höhere Wartungseinnahmen aufgefangen. Die Schwäche lässt sich als Krisensymptom interpretieren. Vielmehr spricht das Phänomen aber für die langfristige Transformation des SAP-Geschäfts vom Produktvertrieb in Richtung Service. Damit folgen die Walldorfer dem Trend der Software-Industrie.

- SAP kommt von der Lizenzdroge los
- Langfristig kalkulierbare Einnahmen
- Harter Entzug ist nicht möglich
In Deutschland dürfe man ruhig ein wenig stolz auf SAP sein. Stolz auf das, was die Walldorfer geleistet haben. Das sagt nicht etwa Unternehmensgründer Hasso Plattner oder Dietmar Hopp, und auch nicht Vorstandssprecher Léo Apotheker. Vielmehr ließ sich der Chef eines Herstellers betriebswirtschaftlicher Software, der im Mittelstandsmarkt mit SAP konkurriert, unlängst zu dieser Aussage hinreißen. Freilich möchte der Unternehmer seinen Namen nicht im Zusammenhang mit dem Zitat gedruckt sehen. Dennoch: Soviel Anerkennung, zumal aus dem Munde eines Wettbewerbers, erfährt SAP dieser Tage selten.
Gar nicht gut weg kommt der Weltmarktführer derzeit in den Medien. Das einst agile Unternehmen sei zu einer Behörde geworden, der Geist der Gründer habe sich verflüchtigt. »Die Wurzeln verloren«, titelte eine Wirtschaftszeitung. Die Negativmeldungen häuften sich, als SAP die jüngste Quartalsbilanz veröffentlichte. Allein durch höhere Wartungserlöse, die nicht zuletzt aus der Anhebung der Support-Gebühren resultieren, fing der Konzern die Umsatzeinbußen auf. Immerhin brach das Geschäft mit Neulizenzen in den ersten neun Monaten des Jahres um mehr als ein Drittel ein. »Düstere Aussichten bei SAP«, lautete die Schlagzeile eines anderen Wirtschaftstitels. Denn das Lizenzgeschäft gilt als Indikator für die künftige Entwicklung eines Software-Unternehmens: Die Lizenzeinnahmen von heute sind das Service-Geschäft von morgen.
Doch die Zahlen lassen sich auch anders lesen. Innerhalb der IT-Branche fällt das Urteil über SAP jedenfalls differenzierter aus. »Die Lizenzeinnahmen werden in der Betrachtung durch die Medien überbewertet«, meint Thomas Lederer, freier Berater aus Singen und früherer Open Text-Manager. Vor allem die Kapitalmärkte in den USA legten an Software-Unternehmen längst andere Maßstäbe an. Kenngrößen wie langfristige, regelmäßig wiederkehrende Einnahmen aus Wartung und Support würden dort als wichtiger erachtet. Darin spiegelt sich aus Lederers Sicht eine Entwicklung der Branche wider: »Langfristig werden sich die Erlösmodelle von proprietärer Software und Open Source-Software einander angleichen.« Bei Open Source zahlt der Anwender nicht für die Software selbst, sondern für Wartung und Support.