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Von Schwaben in die Welt

Von Schwaben in die Welt. Damit die Unternehmenszentrale in Deutschland mit der Niederlassung in Asien besser kommunizieren kann, stattete das mittelständische Fertigungsunternehmen Hengstler auch seine japanische Filiale mit KMU Software aus.

Autor:Redaktion connect-professional • 25.1.2006 • ca. 4:15 Min

Gerade bei der Liefertreue und den Just-in-time-Anforderungen der Kunden stellte die Abstimmung zwischen den Produktionsstandorten eine Herausforderung dar. Foto: SAP

Von Schwaben in die Welt

»Kein Tag soll ohne Verbesserung im Unternehmen vergehen« ? so einer der zentralen Gedanken der asiatischen Managementphilosophie Kaizen, an der sich auch die Hengstler GmbH orientiert. Der Mittelständler, mit Hauptsitz im schwäbischen Aldingen, blickt auf eine über 150jährige Firmengeschichte zurück und gehört seit 1995 zum Danaher-Konzern. Seitdem folgt der Betrieb dem Danaher Business System unter dem Motto: »Kunden haben das Wort«.

Für die rund 750 Mitarbeiter des Herstellers von industriellen Zähl- und Steuerungskomponenten, Druckern, Sensoren, Reglern und Relais, gehört die Verbesserung von Arbeitsabläufen zur Tagesordnung ? ob in der Zentrale südlich von Stuttgart an den Standorten in Europa, Brasilien oder im japanischen Osaka. Für die deutsche Konzernzentrale ist der dortige Vertriebsstandort ein wichtiges Standbein geworden, Grund genug, um die Kommunikation zwischen beiden Büros zu intensivieren und zu optimieren.

Genaue Abläufe
Die Herstellung der vielfältigen Produkte verläuft im Unternehmen zwar nach robusten, wiederholbaren Prozessen, aber nicht überall gleich. Eine der Stärken des Unternehmens ist das Customizing: Produkte werden als »Projekte« individuell an die Anforderungen der Kunden angepasst. So stellt nicht nur in der schwäbischen Zentrale, sondern auch an allen internationalen Standorten eine einzige Person das jeweilige Produkt von Anfang bis Ende eigenverantwortlich her. Die Taktzeiten dafür geben die Auftraggeber vor.

Bei so genannten »Kaizen-Events« werden dann die Zeiten für die einzelnen Arbeitsschritte gemessen und mit den Vorgaben der Kunden verglichen. Daraus lässt sich eine bedarfsgerechte Einsatzplanung des Personals ermitteln. Dank dieser Bemühungen und einer Methode zur Optimierung von Produktions- und Logistikprozessen, konnte Hengstler die Durchlaufzeiten für die Bestellungen innerhalb von knapp zwei Monaten um fünfzehn Prozent pro Stück verbessert werden.
Besonders in den boomenden Märkten in China und Südostasien profitieren jetzt die Schwaben von dieser Kompetenz. Für die Region hat das Unternehmen sogar eine eigene Vertriebsgesellschaft in Japan gegründet. Mitarbeiter gewinnen und betreuen die Kunden vor Ort, während die gewünschten Produkte in der deutschen Zentrale oder sonst wo entwickelt und weltweit hergestellt werden.
Martin Sahiri ist ? vom Stammwerk in Deutschland aus ? weltweit für das Printer- und Cutter-Geschäft bei Hengstler verantwortlich, verbindet jedoch den Erfolg mit der Nähe zum Kunden: »Erfolg ist für uns planbar. Dazu gehört, dass wir unseren Kunden in regionale Märkte folgen und vor Ort präsent sind. Wir müssen in der Lage sein, schnell und flexibel auf deren Anforderungen zu reagieren. Nur durch kontinuierlich verbesserte Geschäftsprozesse können wir die Leistungsfähigkeit im Sinne unserer Kunden stärken. Voraussetzung dafür ist eine reibungslose Kommunikation zwischen den Geschäftsbereichen und regionalen Vertriebsniederlassungen«.
Gerade bei der Liefertreue und den Just-in-time-Anforderungen der Kunden stellte die Abstimmung zwischen den Produktionsstandorten in Deutschland und der Slowakei und der Niederlassung in Asien jedoch eine Herausforderung dar. Zeitverschiebung und Prozessbrüche erschwerten die Kommunikation. Lange Zeit waren E-Mails, Fax und Telefon die einzigen Verbindungen zwischen der Niederlassung in Osaka, den weltweiten Produktionsstätten und dem Stammsitz in Deutschland. Die Folge: Schnelle und genaue Aussagen über mögliche Liefertermine waren nicht zu treffen. Eine Situation, mit der sich Monika Nguyen Nam, IT-Leiterin der Aldinger, nicht zufrieden geben wollte.

Kurze Auswahlphase
Um das Unternehmen optimal mit den neuen Märkten zu verbinden, entschloss sich Hengstler, mittels geeigneter Software diese in die bestehende IT-Landschaft zu integrieren. Für die Fer­tigung und die Abwicklung von Kundenaufträgen über die Buchungskreise der acht europäischen Vertriebsorganisationen und vier Produktionswerke hinweg (der so genannten buchungskreisübergreifenden Verkaufsabwicklung) setzte der Mittelständler bereits auf mySAP ERP, der Standardsoftware für die Geschäftssteuerung. Diese ­Lösung auch für den Standort Japan und ­seine heute gerade einmal zwanzig Mitarbeiter einzuführen, hätte jedoch einen zu hohen Implementierungs- und Schulungsaufwand bedeutet. Das Ziel war ­daher, mit einer passenden Mittelstands-Software eine direkte Anbindung an das ERP-System umzusetzen. Nach einer zweimonatigen Evaluierungsphase ? wo mehrere Lösungen verschiedener Software-Anbietern auf Herz und Nieren geprüft wurden ? fiel im Juni 2004 die endgültige Entscheidung.
Die Wahl fiel auf SAP Business One, das für kleinere mittelständische Unternehmen konzipiert ist. Die Softwarelösung bietet vordefinierte Integrationsszenarien, darunter auch für die Anbindung von Tochterfirmen oder Vertriebsstandorten an die Unternehmenszentrale. Die IT-Leiterin zu der Entscheidung: »Wir hätten auch andere Optionen wählen können, etwa den Roll-out von mySAP ERP in allen Niederlassungen. Das wurde von uns aber aus mehreren Gründen nicht favorisiert: Erstens sollte die Implementierungszeit so gering wie möglich sein. Zweitens wollten wir, dass das System sich kostenmäßig in einem verträglichen Rahmen hält. Und dann der wichtigste Grund: Die Nutzer sollten ein leicht zu bedienendes System erhalten, um eine hohe Akzeptanz zu erreichen«.
Genau diese Anforderungen erfüllte die Lösung. Durch die Länderversion Japan ist es den Mitarbeitern zudem möglich, die betriebswirtschaftlichen Prozesse besonders bei der Rechnungsstellung und in der Buchhaltung automatisch gemäß den gesetzlichen Vorschriften abzuwickeln. Zusätzlich erscheint die Benutzeroberfläche in japanischen Schriftzeichen.

Zeitnahe Auswertungen
Der Hersteller von Dreh- und Steuerkomponenten, hat sich zunächst nur für die Nutzung der CRM Funktionalität, dann aber auch für die Auftragserfassung entschieden. Die Akzeptanz der Lösung bei den Mitarbeitern vor Ort ist sehr hoch: »Mit der Business One-Funktionalität sind die japanischen Kollegen mehr als zufrieden. Das System ist quasi selbsterklärend und sehr einfach in der Bedienung«, resümiert Nguyen Nam. Das System liefert zeitnahe Auswertungen und ermöglicht so, genaue Liefertermine jederzeit abzufragen. Davon profitiert auch die schwäbische Zentrale: Alle Daten stehen auch in Aldingen jederzeit in den Systemen zur Verfügung. Die IT-Leiterin ist mit den realisierten Verbesserungen und den langfristigen Optionen, die durch die Einführung geschaffen wurden, zufrieden: »Wir denken, dass wir mit der Software die strategisch richtige Entscheidung getroffen haben. Mit dem Einsatz von NetWeaver Exchange Infrastructure als technologische Plattform bieten sich für uns noch zusätzliche, weiter gehende Einsatzmöglichkeiten, etwa die Anbindung von Fremdsystemen oder das Handling von EDI-Prozessen«. Hengstler hat sich mit diesem Projekt ? das insgesamt unter 50000 Euro blieb ? viel­fältige Integrations- und damit Verbesserungsoptionen auch für die Zukunft geschaffen.

Ulrike Raidl ist freie Journalistin in Frankfurt