Für andere Unternehmen mag eine 3,2 Milliarden-Firmenübernahme gigantisch sein – für Apple ist diese Summe Peanuts. Der iKonzern hat rund 150 Milliarden Dollar auf der hohen Kante und scheint nicht zu wissen, wohin damit.
Die jetzt kolportierte Übernahme der Kopfhörer-Company Beats Electronics bestätigt das, denn ein strategisches Ziel ist nicht erkennbar. Der von Hip-Hopper Dr. Dre und dem Plattenproduzenten Jimmy Iovine gegründete Hersteller ist ein erfolgreicher Accessoire-Anbieter. Außerdem fertigt das Unternehmen Lautsprecher für HTC-Smartphones und HP Computer. Insbesondere für junge Käuferschichten sind die rund 100 bis 200 Euro teuren, wifi-fähigen Beats-Kopfhörer ein echtes Statussymbol. Ein unglaublich innovatives Unternehmen hätte Apple allerdings nicht am Angelhaken, wenn die Übernahme glückt. Zwar ist Beats seit Anfang des Jahres auch Streaming-Anbieter, doch mit kaum mehr als 200.000 Nutzern liegt das Unternehmen weit hinter Konkurrenten wie Spotify, Pandora und anderen.
Zudem würde Apple für den Kopfhörer-Anbieter übermäßig viel Geld auf den Tisch legen. Smartphone-Konkurrent HTC hatte 2011 eine 50-Prozent-Mehrheit an Beats Electronics für 300 Millionen Dollar erworben, verkaufte sie jedoch 2012 zur Hälfte wieder an den Hersteller und verabschiedete sich im vergangenen Jahr komplett. Dann stieg Private Equity-Investor Carlyle ein und erwarb im Ende 2013 für 500 Millionen Dollar die Hälfte des Unternehmens. Damit kletterte die Bewertung des Gesamtunternehmens auf eine Milliarde Dollar.
Diesen Preis würde Apple kaum mehr als ein halbes Jahr später dreifach überbieten. Man könnte sagen: Damit befindet sich der Computer-Pionier in guter Gesellschaft mit Rivalen wie Google und Facebook, die ebenfalls schon vergleichsweise wenig aufregende Unternehmen für Unsummen übernommen haben. Man könnte auch sagen: All diese Firmen haben jeden Bezug zur Realität verloren, denn natürlich sind 3,2 Milliarden Dollar keineswegs Kleingeld. Auch für Apple wäre es die bislang größte Akquisition in der Firmengeschichte.
Die Frage nach einer dahinter steckenden Strategie beantwortet das freilich nicht. Denkbar wäre, dass Apple das rückläufige iPod-Geschäft unter dem Dach der Jugendmarke ausgliedert. Möglich auch, dass die Kalifornier lediglich am guten Beats-Markenimage bei jungen Leuten interessiert sind und im Bereich der Unterhaltungselektronik eine »jugendliche« Zweitmarke besitzen wollen. Wollte Apple groß ins Streaming-Geschäft einsteigen, würde man sich mit Beats einen der bislang weniger erfolgreichen Anbieter zulegen. Kurzum: Nach einem großen Wurf hört sich das alles nicht an. Aber auf diesen wartet die Apple-Fangemeinde seit der Vorstellung des iPad im Jahr 2010 ja ohnehin vergebens.