Digitale Türsysteme mit IP-Kameras zur Kommunikation und automatischen Türöffnung ermöglichen die Überwachung und Steuerung der Zugänge zentral von einem beliebigen Ort aus. Anwendungsszenarien finden sich im Privat- wie im Gewerbe- und Unternehmensbereich. Der Beitrag zeigt mit verschiedenen Praxisbeispielen die Herausforderungen für den sicheren und reibungslosen Einsatz solcher Systeme.IP-Kameras zur Gebäudeüberwachung reagieren meist automatisch auf bewegte Objekte in der Szenerie. Kameras an Klingelanlagen hingegen aktivieren sich durch das Betätigen eines Tasters. Die zugehörigen Türstationen in Wohnungen fungieren dann als multifunktionale Gegenstelle für das Videosystem an der Haustür. Sie bieten zum Beispiel per Touchscreen Schaltfunktionen für Türöffner und Licht sowie einen Player für Mailbox- und Ereignisaufzeichnungen. Die Stromversorgung erfolgt dabei mit einem Netzwerkkabel via Power over Ethernet (PoE). Ist im LAN zudem ein DSL-Router zur Internet-Anbindung vorhanden, kann das System die Informationen auch an ein Smartphone, Tablet oder an einen entfernten PC schicken. Die Videodaten speichert die Kamera bei solchen Türüberwachungen in der Regel auf einer internen 64-GByte-Micro-SD-Karte. Bei größeren Anwendungen mit hochauflösenden Bildern bietet sich ein NAS-Server an. Zeichnet das Gerät im Vollbildmodus auf, sollte der Speicherplatz der Kameraanlage etwa 4 bis 8 TByte betragen. Wollen Anwender die Kamera in eine vorhandene KNX/EIB-Installation (European Installation Bus) integrieren, können sie das Gerät beispielsweise über die IP-Schnittstelle eines Home-Servers anschließen. Dies ermöglicht optimierte Alarmmeldungen in verschiedenen Räumen: vom speziellen Klingelton am Telefon oder Monitorblinken im Büro über die Aktivierung von Sirenen bis hin zu auffälligem Blinken der Hausbeleuchtung. Des Weiteren ermöglichen EIB-Installationen auch Schaltvorgänge wie das Öffnen einer Türverriegelung oder eines Tors per RFID, wobei sich nachts zusätzlich noch das Licht mit einschalten lässt. Videos per Klingeldraht Oft ist jedoch für die Kamera oder die Schrankenschaltung weder eine Stromversorgung noch ein Netzwerkanschluss in greifbarer Nähe, und Funkverbindungen sind nicht möglich, weil beispielsweise eine dicke Betonwand den Standort abschirmt. Wenn jedoch eine Zweidrahtleitung, eine Telefonleitung oder das Koaxkabel einer früher dort installierten Analogkamera zur Verfügung steht, dann lässt sich eine solche Anlage dennoch realisieren. In diesem Fall ermöglicht etwa ein Set aus zwei "Mx2wire+"-Medienkonvertern von Mobotix, Hersteller von Videoüberwachungssystemen, eine Ethernet-Verbindung mit einer Datenübertragung von 50 MBit/s sowie einer PoE-Versorgung am anderen Ende mit bis zu 13 W. Bei Koax- und Kategorie-7A-Verbindungen lassen sich mit den Konvertern sogar Distanzen bis zu 500 Meter überbrücken. Der Anwender benötigt zur Versorgung der angeschlossenen Geräte auf der Eingangsseite der Verbindung entweder einen PoE-Switch oder ein Netzteil für 48 bis 57 Volt DC (600 mA). Ein klassischer Anwendungsbereich für Unternehmen ist die unbemannte Pforte. Will ein Lkw Material auf das Gelände liefern oder ein Paketdienst abends nach Dienstschluss Post bringen, so baut sich an der Pforte eine Videokommunikation mit SIP-Sprachverbindung mit dem Wachdienst in der Zentrale auf. Zusätzliche verteilte Kameras überwachen die Bewegungen auf dem Gelände. Soll ein Techniker im Bereitschafts- oder Notdienst einen Zugang fernüberwachen, so lässt sich das mittlerweile sogar über eine App für dessen Smartphone oder Tablet-PC realisieren. Die Praxiserfahrung zeigt jedoch, dass sich eine Standardlösung meist nicht für alle Situationen vor Ort eignet. Ein Fachmann muss sie oft an die vorhandene Infrastruktur und an die örtlichen Gegebenheiten anpassen. Bei einem Lager in einem alten Gebäude war zum Beispiel der Torschließmechanismus so schwergängig und temperaturabhängig, dass sich das Öffnen nicht automatisieren ließ. Ein Lagerbetreiber hat dort Abhilfe geschaffen, indem er den Schlüssel für das Tor in einem sicheren Schlüsselkasten aufbewahrt. Kommt ein Lieferant, so baut sich durch dessen Klingeln jetzt per DSL eine IP-Verbindung mit einem Rechner in der Zentrale auf. Das Personal dort kann sich mit dem Lieferanten am Lager per Videokommunikation unterhalten und den Schlüsselkasten entriegeln. Zudem informiert es den Lieferanten darüber, dass er bei Verlassen des Lagers den Schlüssel wieder in den Kasten einlegen muss, bevor die Zentrale ihn anschließend verriegelt. Bei dieser Lösung befinden sich Kameras außerhalb und innerhalb des Lagers. Die Ausrichtung der Kameras ist dabei äußerst wichtig. Sie müssen zwar jeden Besucher und eventuell auch eine im Hintergrund wartende Person automatisch registrieren, dürfen aber nicht etwa bei Wind auf eine flatternde Plane ansprechen und Alarm geben. Besitzer von Geschäften mit einem öffentlich zugänglichen Eingangsbereich wie einer Passage verfügen oft über ein Rolltor für diesen Bereich. Damit Passanten gerade in belebten Innenstadtlagen noch bis in die späten Abendstunden hinein die Schaufenster in den Passagen betrachten können, fährt ein Mitarbeiter die Tore meist von Hand nach 22 Uhr herunter. Dieser Vorgang ist aufwändig, lässt sich jedoch nicht durch eine einfache Automatik ersetzen. Selbst wenn der Inhaber mit Kameras von der Ferne aus überprüfen kann, ob sich noch jemand in der Passage befindet, kann er das Tor nicht einfach automatisch herunterlassen. Es könnte noch ein Kind unbemerkt beim Ablassen eintreten und wäre gefangen oder würde vom Tor gequetscht. Daher muss sich das Rolltor aus der Ferne komplett ansteuern lassen. Das heißt, der Anwender muss von seinem Monitor aus überprüfen, dass sich niemand in der Passage befindet, und er muss das Tor bei Bedarf stoppen und wieder hochfahren können. Eine mögliche Lösung stellen ein fernsteuerbares Rolltor und eine Kontrolleinheit dar, die sowohl die Schaltvorgänge als auch die Kameraüberwachung unterstützt und die Daten per DSL überträgt. Um wirklich sicherzugehen, dass der Anwender den Vorgang konzentriert durchführt und niemanden dabei verletzt, sollten Betreiber dabei eine so genannte Totmannschaltung vorsehen. Diese überwacht die Präsenz und Aufmerksamkeit des Bedieners anhand von Aktivitäten in der Browser-Oberfläche. Eine solche Installation lässt sich zum Beispiel mit einem Home-Server auf KNX/EIB-Basis, einer Kamera und vielleicht noch einer Mx2wire+-Anbindung je nach Schaltaufwand und vorhandener Installation für etwa 2.000 bis 3.000 Euro realisieren. Kameraauswahl Die genannten Anwendungsbeispiele zeigen, dass IP-Kameras sehr vielseitig zum Einsatz kommen. Bei der Auslegung der Geräte spielen der erfasste Winkel und die Entfernungen eine Rolle. Anwender können sowohl IP-Kameras mit kleinem Öffnungswinkel und entsprechend hoher Tiefenschärfe als auch hemisphärische 360-Grad-Kameras erhalten, mit denen sie ganze Räume überblicken können. Nicht immer benötigen die Geräte für die Installation die größtmögliche Auflösung. Doch soll die Kamera beispielsweise bei einer Einfahrt auf ein Speditionsgelände Kfz-Kennzeichen von Lkws erfassen, ist eine hohe Auflösung entscheidend. Denn die Zahlen und Buchstaben lassen sich bei verschmutzten Kennzeichen manchmal schwer entziffern. Darüber hinaus muss die Software für die Auswertung auch internationale Kennzeichen erkennen und sicher identifizieren können. Nutzt dagegen ein Handelshaus eine Kfz-Kennzeichenermittlung, so dient dies meist nur zur Kontrolle und Optimierung von Marketing-Aktionen: Nach dem Verteilen eines Flyers in einem bestimmten Postleitzahlgebiet, kann das Handelshaus zum Beispiel über die Kfz-Erkennung ermitteln, ob daraufhin auch tatsächlich mehr Fahrzeuge aus dieser Region das Geschäft anfahren. Bei solchen Installationen spielen ganz profane technische Kriterien eine wichtige Rolle: Die Kameras müssen wetterfest ausgelegt sein (Schutzart IP65) und benötigen bisweilen zudem einen Vandalismusschutz. Kleine, unauffällige Kameras sind beispielsweise im Einzelhandel, im Eingangsbereich eines Apartmenthauses oder eines Hotels sowie im Self-Service-Bereich von Banken sinnvoll. Sie sollen den Innen- und Außenbereich für Passanten unbemerkt überwachen und sowohl am Tag als auch bei Nacht funktionieren. Mobotix beispielsweise brachte kürzlich für diese Zwecke die Flexmount-Kamera S14D mit zwei hemisphärischen Kompaktobjektiven auf den Markt. Der Anwender erhält damit zwei Videobilder von einer Kamera. Diese lässt sich mit einem Tag- und einem Nachtobjektiv, also mit einem Farb- und einem Schwarz-Weiß-Modul ausstatten. Alternativ kann er beispielsweise ein Objektiv für den Innenraum und eines für den Außenbereich nutzen sowie Superweitwinkel- und Teleobjektiv kombinieren. Die kleinen Objektivmodule lassen sich etwa unauffällig an der Decke montieren oder auch einfach ins Klingelschild integrieren. Fazit Wer für sein Gebäude eine Überwachungslösung auf der Basis von IP-Kameras realisieren will, sollte sich schon in der Planungsphase einen Dienstleister suchen, der ihn fachkundig bei der Auslegung und Platzierung der Kameras unterstützt und ihm effiziente Lösungen für die Installation und Stromversorgung vorschlägt. Damit lässt sich viel Zeit und Geld sparen. Außerdem kann der Anwender so sicherstellen, dass er die relevanten Datenschutzrichtlinien einhält. Entscheidend bei der Wahl des Dienstleisters sind vor allem dessen praktische Erfahrungen mit IP-basierenden Überwachungssystemen und der handwerkliche Ausbildungsstand des Personals.