Deutschland liegt beim Breitbandausbau lediglich im europäischen Mittelfeld. Ein Grund dafür könnte die weiterhin starke Stellung der Telekom sein, die auf teils eingestaubten Verfügungen fußt.
Lediglich 25 Prozent Unternehmen mit zehn oder mehr Beschäftigten verfügen in Deutschland über einen Internetanschluss mit 30 Megabit pro Sekunde oder mehr. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes wirken durchaus ernüchternd, bedenkt man, dass knapp die Hälfte dieser Unternehmen Ihre Ein- und Verkäufe auch auf dem elektronischen Weg tätigen, oder ihr Geschäft mit einer Website oder Auftritten in sozialen Medien stärken. Dass es in Deutschland erheblichen Nachholbedarf in Sachen Netzausbau gibt, sagte auch Google-Chef Eric Schmidt. Er untermauerte bei der Eröffnung des Start Up-Zentrums »Factory« in Berlin, dass »mehr Glasfaser« quasi unumgänglich sei, um auch international auf Augenhöhe zu bleiben.
Doch besonders in ländlichen Regionen lässt Glasfaser auf sich warten. Im nordfriesischen Löwenstedt ging die ausbleibende Handlungsbereitschaft der Netzbetreiber so weit, dass die 640 Einwohner ihr schnelles Internet aus eigener Tasche finanzierten. »Wir hätten nie ein Unternehmen gefunden, das bereit gewesen wäre, uns mit der nötigen Glasfaser zu versorgen«, sagt Bürgermeister Holger Jensen gegenüber der Zeitung The Local. Dem Vorwurf, lediglich urbane Regionen stünden im Fokus des Netzausbaus, sieht sich besonders die Deutsche Telekom gegenüber. »Wir können nur dort investieren, wo wir die Chance haben, Geld zurück zu verdienen«, schreibt Unternehmenssprecherin Luisa Vollmar im Blog des Netzbetreibers.
Dass die Telekom aber nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen untätig bleibt, sondern auch Mitbewerber ausbremst, behaupten jetzt die Verbände BREKO und VATM. Die Zusammenschlüsse der Telekom-Wettbewerber haben ein Regulierungsverfahren bei der Bundesnetzagentur angestoßen, um das weiterhin vorherrschende Monopol des größten deutschen Netzbetreibers auf dem Land zu lösen. Laut den Verbänden könne die Telekom einen Ausbau durch Alternativanbieter verhindern, sobald die Hälfte der Bürger eines Gebiets mit einem Mbit/s versorgt seien. »Um keine Kunden zu verlieren, blockiert die Telekom den Breitbandausbau der Wettbewerber«, sagt VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner. »Wer hier auf Wettbewerbsbehinderung und lange Regulierungsverfahren setzt, muss sich wirklich fragen lassen, ob so nicht der Breitbandgipfel von Ministern und Ministerpräsidenten zur Farce gemacht werde.« Auf diesem untermauerte die Politik die Netzstrategie, hierzulande 50 Mbit/s flächendeckend verfügbar zu machen.
Dass sich die Deutsche Telekom weiterhin auf derartige Vorteile berufen kann, wirkt in Anbetracht der Tatsache veraltet, dass laut dem Wissenschaftlichen Arbeitskreis für Regulierungsfragen (WAR) 55,1 Prozent der Investitionen für den Ausbau zwischen 2004 und 2013 auf die Wettbewerber entfiel. »Vielmehr sind es – in den USA und in China genauso wie in Europa – in aller Regel neue Unternehmen und veränderte Unternehmensgruppierungen, welche unabhängig von der bestehenden Netzmärkteregulierung die Zukunftsmärkte für digitale Dienste im Geschäfts- und Endkundenbereich netzübergreifend erschließen«, schreibt der Arbeitskreis in einer Stellungnahme zur digitalen Agenda der EU.