ITIL strukturiert Prozesse

19. Mai 2004, 0:00 Uhr |

ITIL strukturiert Prozesse. Ein Schlagwort macht die Runde: IT Infrastructure Library - kurz ITIL. Dieses Regelwerk beschreibt, wie sich IT-Abläufe strukturieren, überwachen und messen lassen. Einige Behörden setzen heute schon erfolgreich ITIL ein.

ITIL strukturiert Prozesse

Ein gut organisierter IT-Betrieb beeinflusst maßgeblich die Leistungs- und Service-Fähigkeit der Verwaltungsprozesse. Denn Störungen oder Ausfälle in der Informationstechnik beeinträchtigen die Abwicklung von Fachverfahren sowie das Service-Angebot für Bürger und Unternehmen. Daher rückt ITIL (IT Infrastructure Library) zunehmend in das Bewusstsein der IT-Verantwortlichen in der öffentlichen Verwaltung.

Das Methodenwerk ITIL wurde bereits Ende der 80er Jahre entwickelt. Damals hatten englische Behörden damit begonnen, ihre IT-Service-Prozesse zu dokumentieren und zu vereinheitlichen. Verfasser des ITIL-Regelwerks ist das Office of Government Commerce (OGC), die zentrale IT-Beratungsstelle der britischen Regierung. Mehr als 30 Jahre Erfahrung beim IT-Betrieb sind - wie der Name sagt - in mehreren Büchern dokumentiert, die stetig weitergeschrieben und aktualisiert werden.

Die IT Infrastructure Library besteht aus einer Reihe von Modulen bzw. Disziplinen, die auf praxiserprobten Verfahren, so genannten "Best Practice"-Fällen, basieren. Damit lassen sich IT-Prozesse standardisiert und geordnet durchführen. Dies führt zu effizienterem Einsatz der IT-Ressourcen und einer besseren Qualität der IT-Service-Leistungen. Bei ITIL sind alle IT-Service-Prozesse sinnvoll miteinander verzahnt.

ITIL beschreibt die Prozesse, Funktionen, Rollen und Verantwortlichkeiten, die eine IT-Abteilung erfüllen sollte, dokumentiert mögliche Probleme bei deren Umsetzung, kritische Erfolgsfaktoren und wie diese anhand von Leistungsindikatoren (Key Performance Indicators) zu kontrollieren sind.

ITIL im Bayerischen Staatsministerium der Justiz

Welche Vorteile ITIL bringt, zeigt sich zum Beispiel beim das Bayerischen Staatsministerium der Justiz. Dort ermöglicht das Regelwerk einen schrittweisen Ausbau des IT-Service-Managements. Das Projekt wurde zusammen mit der Materna GmbH und T-Systems realisiert.

Das Ministerium begann - klassisch - mit dem Service Desk inklusive Incident Management. Um ihren Mitarbeitern diesen bieten zu können, führte die Bayerische Justiz einen zentralen Service Desk ein. Früher wurden die Justizbediensteten dezentral an den rund 230 Standorten der Gerichte und Staatsanwaltschaften betreut. Ein IT-System dafür gab es nicht. Der neue Service Desk, der auf Remedy-Software basiert, bearbeitet zügig, zentral und einheitlich alle Problemmeldungen rund um die IT. Da die Justizmitarbeiter in den letzten Jahren einen Betreuer direkt vor Ort gewöhnt waren, setzt das Ministerium auch weiterhin auf direkten Kontakt. Der bevorzugte Weg zum Service Desk ist das Telefon.

Lässt sich ein Problem im First Level Support (IT-Beratungsstelle der Bayerischen Justiz beim Oberlandesgericht Nürnberg - IBS) nicht lösen, wird das Ticket zum Second oder Third Level weitergeleitet. Diesen übernimmt entweder die gemeinsamen IT-Stelle der Bayerischen Justiz beim Oberlandesgericht München oder der Outsourcing-Partner Unisys. Eine Wissens- beziehungsweise Lösungsdatenbank ist das zentrale Werkzeug der IT-Berater im Service Desk. Angeschlossen sind alle Grundbuchämter, Staatsanwaltschaften und Registergerichte mit derzeit etwa 3500 Anwendern.

ITIL erlaubt es, mehrstufige Service-Desk-Hierarchien aufzubauen, bei denen dieselben Mitarbeiter in verschiedenen, aber klar definierten Rollen an verschiedenen Prozessen teilnehmen. Im Service Desk der Bayerischen Justiz gibt es zum Beispiel fachliche und lokale Weiterleitungsgruppen. "Oft sind es die gleichen Support-Mitarbeiter, die in den lokalen Weiterleitungsgruppen auch fachlich übergreifend tätig werden", erklärt Hartmut Hüttner, Helpdesk-Leiter der IT-Beratungsstelle beim Oberlandesgericht Nürnberg.

Change Management

Obwohl meist zunächst Helpdesk und Prozessdefinitionen am Anfang stehen, werden in der Verwaltung allmählich auch andere ITIL-Disziplinen wie Change und Configuration Management wichtiger. Sie bieten erhebliche Potentiale für mehr Effizienz und Kostenersparnis.

Ziel des Change Managements ist die kontrollierte Durchführung von Änderungen an der IT. Eine Configuration Management Database (CMDB) enthält Informationen über die vorhandenen Hard- und Software-Komponenten (Configuration Items). Sie zeigt auf, welche Zusammenhänge und Abhängigkeiten zwischen den einzelnen IT-Komponenten bestehen. Diese Daten sind in den Service Desk integriert und stehen den Support-Mitarbeitern abrufbereit zur Verfügung. Abläufe lassen sich dadurch automatisieren und beschleunigen. Das System zeigt zum Beispiel, welche PCs oder Drucker tatsächlich wie stark genutzt werden. Unnötige Beschaffungsmaßnahmen werden vermieden, was gerade bei den knappen öffentlichen Kassen zur Zeit höchste Priorität genießt. Für Behörden besonders wichtig ist die strukturierte Einführung neuer Fachverfahren. Die Vorteile von ITIL werden hier und bei der Migration zu neuer Anwendungs-Software besonders deutlich. Eine störungsfreie Migration erfordert ein durchgängiges Change und Release Management, das Wissen um die betroffenen Soft- und Hardware-Komponenten und darüber, wie sie zusammenhängen. Nur so lassen sich Änderungen nachvollziehen und bei Bedarf wieder rückgängig machen. Es wird erkennbar, welche Folgen eine Veränderung in der IT oder ein Release-Wechsel haben. Damit man einen entsprechenden Service bereitstellen und stabil halten kann, ist es daher sinnvoll, ITIL einzusetzen. Ein vorausschauend aufgesetzter Service Desk beantwortet darüber hinaus alle Fragen der betroffenen Mitarbeiter oder informiert proaktiv.

Ein letztes Beispiel für den sinnvollen Einsatz von ITIL im Verwaltungsbereich bieten die Landesrechenzentren. Sie fungieren als Dienstleister für verschiedene Behörden. Die Rechenzentren bieten den verschiedenen an sie angeschlossenen Behörden heute eine sehr breite Palette von Dienstleistungen an. Daher ist die Einhaltung von Service Levels und die Messbarkeit der Services sehr wichtig. Flexible Management-Werkzeuge wie ITIL können die von den Behörden gewünschte Servicequalität sicherstellen.

ITIL-Disziplinen und -Funktionen Incident Management: stellt den normalen Service-Betrieb bei Störungen wieder her

Problem Management: sucht und behebt Fehler systematisch, reduziert sich wiederholende Fehler

Configuration Management: logisches Abbild aller IT-Komponenten und ihrer Relationen. Informationen zur Konfiguration, Wartung, Entwicklung und Problemen der einzelnen Komponenten

Change Management: verwaltet Veränderungen im IT-Umfeld

Release Management: hilft beim Austausch, beim Update und bei der Neuinstallation von Komponenten

Service Level Management: stellt sicher, dass vereinbarte IT-Dienstleistungen rechtzeitig in der gewünschten Qualität erbracht werden

Financial Management: ermittelt die Kosten und verrechnet die erbrachten IT-Leistungen

Capacity Management: passt die IT-Ressourcen aktuellen und zukünftigen Leistungsanforderungen an

Availability Management: gewährleistet die Verfügbarkeit von Diensten und Ressourcen

Continuity Management: Sonderfall des Availability Management, alle Maßnahmen, um IT-Leistungen bei Ausnahmesituationen schnellstmöglich wieder herzustellen

Fazit

Gerade Behörden, die sich heute einem erheblichen Finanz- und Effizienzdruck ausgesetzt sehen, profitieren von strukturierten Methoden in der IT. Denn sie müssen Beschaffungs- und Personalkosten gering halten und gleichzeitig alle gewünschten Dienste in der verlangten Qualität und mit hoher Sicherheit anbieten. ITIL bietet ein strukturiertes Regelwerk, um flexibel und anwendungsangepasst, gleichzeitig aber technologieunabhängig zu den optimierten Prozessen zu kommen, die dafür nötig sind.

ITIL im Internet http://www.itsmf.de

http://www.ogc.gov.uk

http://www.itil.co.uk

http://www.itil-itsm-world.com


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