Das US-Unternehmen SceneTap bietet eine Smartphone-App an, die darüber informiert, wie gut ein Lokal gefüllt ist, wie hoch der Männer- und Frauenanteil und deren Durchschnittsalter ist. Das geschieht mit Hilfe von in den Szene-Bars installierten Überwachungskameras.
Wer abends ausgehen möchte um zu flirten, der hat mit Sicherheit schon Enttäuschungen erlebt: Entweder ist das angesteuerte Lokal gerade schlecht besucht, oder der Anteil der in Frage kommenden Damen oder Herren ist gerade äußerst dürftig, während der Anteil der »Mitbewerber« recht hoch ist.
Das Geschäftsmodell der amerikanische Firma SceneTap LLC basiert genau auf dieser Kennenlern-Problematik: Wer die App »SceneTap« auf sein iPhone oder Android-Smartphone installiert, der erhält – bislang nur in einigen US-Städten wie San Francisco oder Chicago – exakte Informationen schon vor dem Betreten der Flirt-Location. 297 Personen in »Paul’s Bar«, Frauenanteil 47 Prozent, Männeranteil 53 Prozent, das Lokal ist zu über 90 Prozent ausgelastet und das Durchschnittsalter der Gäste beträgt 33 Jahre.
Das hört sich erst einmal praktisch an, hat aber einen ernsten Hintergrund: Die Angaben für die Smartphone-App werden nicht etwa aus freiwillig veröffentlichten Gästedaten, etwa durch Meldungen via Facebook oder Foursquare, veröffentlicht. Vielmehr sind in den teilnehmenden Lokalen Überwachungskameras installiert. Die Anwesenden werden gefilmt und mittels einer speziellen Software werden dann Geschlecht und Alter analysiert. Diese Analyse-Informationen kann sich dann jeder Nutzer gratis und in Echtzeit aufs Handy-Display laden.
In Europa gibt es dieses Angebot noch nicht und auch in den USA hat das neuartige Angebot bereits für reichlich Diskussionsstoff gesorgt. Namhafte Tageszeitungen und Fernsehsender haben über die »Big Brother«-App berichtet. Auf die Überwachungskameras weist vor betreten des Lokals nur ein kleiner Aufkleber an der Eingangstür hin. Recht wahrscheinlich ist es also, dass viele Gäste nicht wissen, dass sie gefilmt werden.
Da die App kostenlos angeboten wird, finanziert sich SceneTab aus Gebühren der Lokalbesitzer. Die Idee hinter dem Angebot ist natürlich nur vordergründig, die Flirt-Chancen der Besucher zu erhöhen. Vielmehr sollen auf diese Weise mehr Gäste in die teilnehmenden Bars und Clubs gelockt werden. Die Barbetreiber müssen dafür laut Medienberichten mehrere hundert US-Dollar pro Monat entrichten.
Bei dieser App hört der Spaß auf! Nicht auszudenken, wenn totalitäre Staaten wie Syrien oder Iran solche Technologie – die im konkreten Fall übrigens maßgeblich von Intel stammt (»Audience Impression Metrics Suite«) – zur Überwachung der Bevölkerung einsetzen. Sollte der Anbieter SceneTap auch Europa »erobern« wollen, sollte man als Gastwirt, als potenzieller Lokal-Besucher und auch als Systemhaus, dass solche Lösungen installiert, ganz klar Nein sagen! Überwachungstechnologie hat sicherlich ihre Berechtigung, sollte aber kein Flirt-Spaß sein, an den man sich beim Bar-Besuch Stück für Stück ein bisschen mehr gewöhnt.