Test: Netzwerkkamera Axis 212 PTZ

Blick um die Ecke

29. Mai 2007, 22:57 Uhr | Kurt Pfeiler

Mit dem Modell Axis 212 PTZ hat der Hersteller eine IP-Kamera auf den Markt gebracht, die PTZ-Funktionalität auf rein digitaler Basis und ohne mechanische Komponenten bietet. Sie ist vor allem für die Videoüberwachung von Innenräumen konzipiert. Aktuell kämpfen die Entwickler allerdings noch mit den Tücken dieser innovativen Technik - wie es scheint, erfolgreich.

Unter den Herstellern von Netzwerkkameras zählt Axis zu einem der agilsten – zumindest was die
Entwicklung neuer Gerätemodelle betrifft. Das Portfolio reicht von einfachen Standkameras über
PTZ-Kameras mit integrierter Steuermechanik (Pan, Tilt, Zoom) bis hin zu "Dome"-Kameras für die
Deckenmontage (siehe Test Axis 225FD in
LANline 4/2006). Die Flexibilität, mit der Axis in der Lage ist, neue, teils auch
sehr unterschiedliche Kamerahardware auf den Markt zu bringen, beruht offensichtlich nicht zuletzt
auf einem gut durchdachten Firmware-Konzept, das sich auch in einer modellübergreifend weitgehend
einheitlichen Benutzer- und Administrationsoberfläche oder beispielsweise in einer stringenten und
gut dokumentierten HTTP-API niederschlägt.

Für Benutzer erweist sich das modulare Grundkonzept der Axis-Kamerasoftware als recht angenehm,
da ihnen das meiste von anderen Gerätetypen des Herstellers bekannt und vertraut ist. Axis wiederum
packt aus seinem großen Komponentenbaukasten das zusammen, was für die jeweilige Hardwaretechnik an
Unterstützung notwendig beziehungsweise als Ausstattungs-Features für den jeweiligen Einsatzzweck
der Kamera angemessen erscheint.

Vor diesem Hintergrund ist auch das hier getestete Modell Axis 212 PTZ zu sehen, das der
Hersteller bereits im vergangenen Jahr als "revolutionäre PTZ-Netzwerkkamera ohne bewegliche Teile"
vorstellte. Zwar hat Axis den Mund damit nicht unbedingt zu voll genommen, die Tücken der neuen
Technologie aber unterschätzt. So war bereits im November vergangenen Jahres den Entwicklern klar,
dass die damals aktuelle Firmware 4.35 gerade im Zusammenhang mit den technischen Novitäten des
Produkts noch einen entscheidenden Fehler aufweist, der auch konzeptionelle Änderungen erzwingen
würde. Zwar liegt bis heute kein neueres Firmware-Update öffentlich vor, LANline konnte für diesen
Test aber immerhin eine Betaversion der anstehenden Firmware 4.40 nutzen, die zeigt, dass die
Entwickler das bisherige Problem jetzt offenbar in den Griff bekommen haben.

Digitales PTZ

Äußerlich ähnelt die Axis 212 PTZ eher Dome-Kameras – sie ist allerdings für die Wandmontage
konzipiert. Hinter einer durchsichtigen Kunststoffkuppel ist ein Ultraweitwinkelobjektiv platziert,
das auf der Bildfläche einen Horizontalwinkel von 140 Grad (vertikal: 105 Grad) abdeckt. Günstig
positioniert kann diese Kamera Innenräume fast vollständig und ohne "toten Winkel" überwachen.
Kombiniert ist dieses Objektiv mit einem 3,1-Megapixel-CMOS-Sensor, der – nicht nur für Axis –
Neuland darstellt: Auf diese Grundfläche passen bequem neun VGA-Bilder (640 x 480 Pixel), das heute
übliche Überwachungsformat.

Es wäre sinnlos, das Gesamtbild in voller Auflösung zum Anwender zu übertragen. Schon
1-Megapixel-Bilder sind bildschirmfüllend und am Client relativ unhandlich. Hinzu käme die hohe
benötigte Bandbreite für die Übertragung im Netz. Axis macht hier aus der Not eine Tugend: Die
Kamera beschränkt sich auf VGA als maximale Anzeigeauflösung und nutzt den Megapixel-Sensor für
Digital-PTZ mit stufenlosem Dreifach-Zoom. Auch bei höchster Zoom-Stufe ist dabei jedes Bild mit
echten Pixeln hinterlegt – im Gegensatz beispielsweise zu Client-seitigem Vergrößern, das
empfangene Bilder lediglich "aufbläst".

Der Anwender erhält mit der Axis 212 PTZ eine Kamera, die er weitgehend so bedienen kann, wie
mechanische PTZ-Modelle. Im Zweifelsfall ist die Bedienung sogar einfacher, da Zeitverzögerungen
durch die Mechanik oder zusätzliches Scharfstellen (Autofokus) entfallen. Speziell im Internet
Explorer, dem favorisierten Browser für Axis-Kameras, kann der Anwender aus dem Overview
(Gesamtansicht) beispielsweise mit einem Mausklick eine beliebige Zielposition im Dreifach-Zoom
ansteuern, problemlos im Bild navigieren oder mit der Wheel-Mouse die Zoom-Stufe kontinuierlich
verändern. Die automatische Helligkeitsregelung der Kamera passt sich übrigens dem jeweils
gewählten Ausschnitt an. Besonders elegant ist die Navigation mit einem USB-Dreiachsen-Joystick.
Ein handelsübliches Produkt genügt, Axis bietet aber auch ein spezielles System als Zubehör an. Die
gesamte PTZ-Kontrolle über die Kamera sollte sich eigentlich benutzerspezifisch sperren lassen, der
entsprechende Konfigurationspunkt zeigte im Test allerdings leider keine Wirkung.

Wie bei mechanischen PTZ-Kameras unterstützt Axis auch bei der digitalen Variante die Definition
von PTZ-Preset-Positi-onen. Sie dienen zum direkten Ansteuern via Auswahlfenster oder automatisch
über Event-Aktionen, ermöglichen aber auch eine so genannte "Guard Tour" für einen kontinuierlichen
zeitgesteuerten Positionswechsel. Neu ab Firmware-Version 4.40 ist ein Zeitparameter (Standard 30
Sekunden) nach dem die Kamera aus einer – wie auch immer veranlassten – Zoom-Position automatisch
wieder in den "Overview" zurückkehrt. Dies ist nicht nur bei der Liveüberwachung oder
Daueraufzeichnungen recht praktisch sondern steht auch im Zusammenhang mit Motion-Detection-Events
der Kamera.

Motion Detection

Die Kombination von automatischer Bewegungserkennung im Bild und PTZ-Funktionalität ist von
Natur aus heikel, da Motion Detection (MD) eigentlich einen starren Kamerablick voraussetzt. Hier
lag auch der eingangs erwähnte Problempunkt der bisherigen Firmware. Axis wählt jetzt folgenden
Lösungsweg: Die Definition von MD-Fenstern erfolgt konsequent im Overview und wirkt sich
ausschließlich dann aus, wenn die Kamera das Gesamtbild zeigt. Aus diesem Grund kommt der
automatischen Rückkehr in den Overview eine strategische Bedeutung zu, da die Bewegungserkennung
andernfalls deaktiviert ist.

Jetzt allerdings kann die digitale PTZ-Kamera ihre Qualitäten voll ausspielen – in einer Weise,
wie es mit einer mechanischen Variante kaum möglich wäre. So lassen sich Events (ausgelöst
beispielsweise über MD, den Schalteingang oder das eingebaute Mikrofon) problemlos mit
PTZ-Preset-Positi-onen verknüpfen, und die Kamera zoomt praktisch verzögerungsfrei automatisch auf
den zugeordneten Bildausschnitt. Das Livebild oder entsprechende Bildaufzeichnungen zeigen dann
beispielsweise eine Person, die den überwachten Raum betritt, in Nahaufnahme. Im Test konnten wir –
bei geeignetem Timing – dieses "Spiel" auch mit mehreren jeweils kombinierten MD- und
PTZ-Positionen im Bild realisieren. Von einer automatischen Objektverfolgung ist man damit zwar
noch weit entfernt – aber es ist ein Ansatz in diese Richtung.

Fazit

Insgesamt schließt die Axis 212 PTZ eine wichtige Lücke zwischen den starren und den klassischen
PTZ-Kamerasystemen. Viele Überwachungsaufgaben in Innenräumen, die sich bislang nur durch die
Kombination mehrerer Systeme (beispielsweise durch eine starre und eine zusätzliche PTZ-Kamera)
lösen ließen, können jetzt gegebenenfalls durch eine einzige Kamera abgedeckt werden. Dies
erleichtert sowohl die Planung und die Installation als auch das Monitoring. Um das Potenzial der
Kamera voll und fehlerfrei nutzen zu können, fehlt bislang allerdings noch das Firmware-Update auf
die Version 4.4x. Echte PTZ-Kameras etwa für den Außeneinsatz, die einen 360-Grad-Rotationswinkel
und zigfaches optisches Zoom bieten, macht die Axis 212 PTZ natürlich nicht arbeitslos.

Info: Axis Communications Tel.: 0811/555080 Web:
www.axis.com/de/


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