Durch die Pläne des Bundesinnenministeriums in Richtung Onlinedurchsuchungen und so genannter "Bundes-Trojaner" sehen deutsche IT-Sicherheitsunternehmen die Marke "Made in Germany" beschädigt. Die in der Exportinitiative "IT Security made in Germany (ITSMIG)" zusammengeschlossenen 34 deutschen Anbieter lehnen daher die Pläne des Innenministers Wolfgang Schäuble einhellig ab. "Schon allein die Diskussion, ob in Deutschland auf Computerfestplatten die Kernbereiche privater Lebensführung vom Staat durchschnüffelt werden dürfen, schadet uns nachhaltig im Ausland", so Frank Fuchs, Sprecher des Steuerkreises der Initiative und CEO von Softpro. "Wir erhalten aus dem Ausland zunehmend Anfragen, weshalb Deutschland nun gleiche Methoden anwenden wolle, wie man sie bisher nur anderen Staaten unterstellt", klagt Fuchs.
Übereinstimmend berichten die Mitglieder von ITSMIG, dass bereits das Bekanntwerden der Pläne die deutsche IT-Sicherheitsbranche und die Herkunftsbezeichnung "Made in Germany" diskreditiert sowie deren Vertrauenswürdigkeit unterhöhlt. "Bisher konnten und können deutsche Anbieter zur Absicherung der Informationstechnologie im Ausland auch deshalb punkten, weil man Produkten und Dienstleistungen aus Deutschland mehr vertraut als aus anderen Herkunftsländern", so Antonius Sommer, Geschäftsführer der TÜV Informationstechnik. "Dass der deutsche Staat uns in seiner Überwachungsgier nun einen ,Bundestrojaner‘ unterjubeln will, ist katastrophal."
Die Mitglieder von ITSMIG warnen daher das Bundesinnenministerium eindrücklich davor, im Ausland das Ansehen deutscher Produkte zu verspielen. Sie haben dabei das Negativbeispiel von Anbietern aus den USA vor Augen: Dort fordern Politiker immer wieder, staatlichen Stellen eine Überwachung durch die Hintertür zu ermöglichen. Amerikanischen Anbietern falle es entsprechend schwer, glaubwürdig zu versichern, dass bei ihren Produkten die US-Behörden nicht mithören. Fuchs appelliert eindringlich an die Politik: "Wir dürfen den guten Ruf von IT-Sicherheitslösungen ,made in Germany‘ nicht leichtfertig aufs Spiel setzen". Noch hätten die deutschen Anbieter im internationalen Wettbewerb gute Karten. So gelte die deutsche Herkunft als Garant, vor undokumentierten Hintertürchen (Backdoors) verschont zu bleiben.
Die Initiative, die vom Bundeswirtschaftsministerium unterstützt wird, pocht zudem darauf, dass verdeckte Onlinedurchsuchungen dem Geist der im Juni 1999 von der damaligen Bundesregierung beschlossenen Eckpunkte der deutschen Kryptopolitik widersprechen. Darin hat die Bundesregierung zum Ausdruck gebracht, dass sie in der Verwendung sicherer Verschlüsselung eine entscheidende Voraussetzung für den Datenschutz der Bürger und für den Schutz von Unternehmensgeheimnissen sieht und Maßnahmen ergreifen wird, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Hersteller von sicheren Verschlüsselungslösungen zu stärken. Die Eckpunkte des Kryptobeschlusses von 1999 seien weiterhin Grundlage der Politik der Bundesregierung.
Ähnlich ablehnend wie die ITSMIG zeigten sich in einer Blitzumfrage der LANline auch internationale Hersteller von Abwehrlösungen gegen Viren und Spyware, die in Deutschland Lösungen anbieten. "Wenn der Bundestrojaner die technischen Kriterien erfüllt, die für Spyware oder Trojaner gelten, werden wir ihn auch erkennen und abwehren", meint sinngemäß CTO Gerhard Eschelbeck von Webroot. Auch bei Panda bekräftigte man sofort, für die deutsche Spionagesoftware keine Ausnahme zu machen. Magnus Kalkuhl, Virenanalyst bei Kaspersky Lab, wies zusätzlich auf ein weiteres Dilemma im Zusammenhang mit dem "Bundestrojaner" hin: "Keine seriöse Antivirenfirma würde für Behörden eine Hintertür einbauen. Sobald ein Land sein eigenes Hintertürchen hätte, würden natürlich auch alle anderen eine wollen – und unsere Programmierer sind zu stolz auf ihre Arbeit, als dass sie aus ihrem Produkt freiwillig einen Schweizer Käse machen würden."
CZ/ab und LANline/wj