Die Existenz eines so genannten Bundestrojaners verstößt nicht per se gegen die deutsche Verfassung. Darauf weist jetzt der auf IT- und Medienrecht spezialisierte Rechtsanwalt Christian Solmecke hin.
»Es muss deutlich zwischen den technischen Möglichkeiten des Trojaners und dem tatsächlichen Einsatz in der Praxis unterschieden werden«, sagt Solmecke. Polizisten dürften schließlich auch eine Waffe tragen, aber nur im äußersten Notfall damit jemanden erschießen. So verhält es sich nach Einschätzung des Juristen auch mit dem Bundestrojaner: Nur im äußersten Notfall darf seine volle Funktionalität nachgeladen werden. Die Software selbst ist damit allerdings keinesfalls per se rechtswidrig, selbst wenn die Existenz solcher Spionagesoftware bei dem einen oder anderen Bürger ein ungutes Gefühl hervorruft.
Klare Vorgaben für Online-Durchsuchungen hat das Bundesverfassungsgericht den deutschen Behörden mit seinem bahnbrechenden Urteil vom 27. Februar 2008 gesetzt. Danach sind sogar vorsorgliche Durchsuchungen erlaubt, sofern eine konkrete Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut, wie etwa Leib, Leben oder Freiheit eines Menschen vorliegt. Unter wesentlich geringeren Voraussetzungen hat das Verfassungsgericht die Überwachung von Internettelefonie gestellt. »Klar ist, dass der Trojaner in jedem Fall erst dann eingesetzt wer den darf, wenn ein Richter die konkrete Überwachung genehmigt hat«, erklärt Solmecke. »Ergeben sich durch die umfassende Analyse eines Computers so genannte Zufallsfunde, also möglicherweise weitere Straftaten, so sind diese Funde nach den Vorgaben des Verfassungsgerichts zu löschen«.
Falls – so wie vom CCC behauptet - der Bundestrojaner tatsächlich die ausgespähten Daten auf amerikanischen Servern zwischenspeichert, dann wäre das nach Ansicht von Solmecke eindeutig ein Verstoß gegen geltendes Datenschutzrecht. Der Rechtsanwalt hebt hervor: »Wenn schon beim Einsatz des Facebook-Like Buttons ein Verstoß gegen Datenschutzrecht gesehen wird, dann muss das erst Recht für den Bundestrojaner gelten«. Keinesfalls akzeptiert werden kann laut Solmecke, dass sich nach Informationen des CCC auch unbeteiligte Dritte leicht Zugriff auf vom Trojaner »infizierte« Rechner verschaffen können. Der Jurist meint: »Sämtliche Schäden, die den Betroffenen durch eine solche schlampige Programmierung der Software und die Sicherheitslücken entstehen, sind vom Staat zu ersetzen«.