Kopfnuss: Der große Bruder wirds schon richten

Die NSA - Dein Freund und Helfer

11. Juli 2014, 11:10 Uhr | Lars Bube
Wenigstens die Cowboys und -girls aus Übersee wissen noch, was die deutsche Politik so treibt. (Foto: pawelsierakowski - Fotolia.com)
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Schluss mit der sinnfreien Aufregung über Spione aus Übersee. Wenn schon die eigenen Politiker und Geheimdienste keinen Plan mehr haben, sollten wir lieber froh sein, dass wenigstens der große Bruder USA noch weiß, was bei uns läuft.

Was tut die gekränkte deutsche Dichter- und Denker-Seele, wenn durch einen mutigen Verräter bekannt wird, dass der US-Geheimdienst NSA nicht nur Milliarden von Deutschen, Amerikanern und anderen Menschen in allen Kontinenten weitest möglich überwacht, sondern auch die Bundeskanzlerin? Natürlich: Sie beruft einen »Untersuchungsausschuss« genannten Stuhlkreis aus Regierungsmitgliedern aller Fraktionen ein, sondiert und diskutiert erst einmal gründlich die Lage. Nebenbei fängt der »General«-Bundesanwalt an, im Einzelfall der Kanzlerin zu ermitteln. Natürlich gegen unbekannt, nachdem ihm als Letztem noch nicht bekannt ist, wer jetzt hinter der unerhörten Tat steckt: War es die USA oder NSA, oder beide? Klingt ja auch verwechselnd ähnlich.

Mitten hinein in diese brutalstmöglich aufklärerische Plauderrunde, die den Whistleblower aufgrund der zu erwartenden politischen Schwierigkeiten mit dem geliebten großen Bruder aus Übersee nicht persönlich treffen will, wird – oh Wunder – bekannt, dass auch der Untersuchungsausschuss selbst von seinen Untersuchungsobjekten ausspioniert wurde. Und zwar durch einen angeblichen Einzeltäter aus dem eigenen Nachrichtendienst BND, den der ehemalige NSA-Agent Thomas Drake vor dem Ausschuss gerade erst treffend als »Wurmfortsatz der NSA« bezeichnet hatte.

Als Bürger stellt sich da allmählich die Frage: Wenn unsere eigene Politik und unsere Geheimdienste so unfähig sind, uns – einschließlich sich selbst – vor der Spionage zu schützen, wer soll uns dann noch davor oder gar vor Schlimmerem bewahren?

Genau hier liegt der Casus Knacksus: Einzig unser großer Bruder USA kann uns jetzt noch retten. Immerhin beschreibt doch die gar nicht so geheime NSA ihr noch weniger geheimes Ziel auf ihrer Webseite seit Jahren ganz offiziell darin, Kommunikation aller Art abzufangen, zu entschlüsseln und auszuwerten »um unter allen Umständen einen Entscheidungsvorsprung für unsere Nation und Alliierten zu erreichen«.

Also, keine Panik. Wenn wir also selbst schon nicht mehr wissen, was los ist und wer jetzt wen informiert, müssen wir uns keine Sorgen machen. Unser großer Bruder passt ja auf uns auf. Es ist wie in jeder guten Familie. Auch wenn der kleine Bruder die freundlichen Ohrfeigen manchmal nicht verstehen kann oder manches als Petzerei sehen mag, so will der große Bruder ihn damit doch eigentlich nur beschützen. Ganz wie Romulus seinem geliebten Remus aus den Fängen des folternden Tyrannen Amulius befreit hat – um ihn später wegen des Betretens des eigenen Bodens zu erschlagen. Womit er ihn freilich nur vor dem schmerzlichen Untergang des Römischen Imperiums samt der Heimfahrt nach der Gruppenphase bei der Fußball-WM bewahren wollte.


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