»Permanent Record: Meine Geschichte«

Edward Snowden schreibt seine Memoiren

17. September 2019, 11:14 Uhr | Stephanie Jarnig

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Frühe Hacker-Versuche

Snowden erzählt, wie er bei seinen früher Hacker-Versuchen als Teenager eine Schwachstelle beim Atomlabor Los Alamos fand. Und wie die Scheidung seiner Eltern sein Leben aus der Bahn warf. Es war aber vor allem der 11. September 2001, der seinem Leben die Richtung vorgab. Er ging zum US-Militär, wurde jedoch noch in der Ausbildung mit gebrochenen Beinen entlassen - und beschloss, stattdessen seine Computer-Künste in den Dienst des Staates zu stellen. So landete er relativ schnell für die CIA in Genf und später in Japan, wo er zum ersten Mal ein angeschwärztes internes Dokument las, das das Ausmaß der US-Überwachung beschrieb und seine Weltsicht erschütterte.

Das war der Ausgangspunkt jahrelanger Nachforschungen, um herauszufinden, wie das Überwachungssystem funktionierte. Seine Position als Systemadministrator war dabei von Vorteil: »Der Computertyp weiß alles oder vielmehr kann er alles wissen.« Der Job erlaubte Snowden zudem, an die Dokumente heranzukommen, ohne einen Alarm auszulösen. Spätestens ab hier werden die Memoiren zum Agentenkrimi: Snowden beschreibt zum Beispiel, wie er Daten auf fingernagelgroßen Micro-SD-Karten herausschmuggelte, die er unter den Farbplättchen eines Zauberwürfels versteckte. Wie er seine anonyme Annäherung an Journalisten plante und sich nach Hongkong absetzte, um sie zu treffen. Wie er auf der Flucht Richtung Ecuador bis Moskau kam, wo sein Pass von der US-Regierung annulliert wurde, bevor er ins Flugzeug zum nächsten Zwischenstopp Havanna einsteigen konnte.

Snowden beschreibt auch unverblümte Anwerbeversuche durch den russischen Geheimdienst schon am Flughafen. Mit klassischen Spionageroman-Sätzen wie: »Für einen Menschen in Ihrer Situation kann das Leben sehr schwer sein, wenn man keine Freunde hat, die einem zur Seite stehen.« Er bekräftigt abermals, die Russen hätten nichts von ihm bekommen. Tagebuch-Auszüge schildern das Leben seiner Freundin Lindsay in dieser Zeit, die ihm später nach Moskau folgte und dort heiratete. Symbolisch für sein heutiges Leben ist die Geschichte von dem Mädchen, das das Paar in einem Museum erkennt und um ein Selfie bittet. Snowden stimmt zu, verlässt dann aber fluchtartig das Gebäude aus Angst, das Foto landet sofort im Netz und verrät seinen aktuellen Aufenthaltsort. Doch das Mädchen veröffentlicht es offensichtlich nicht.

In Interviews zur Veröffentlichung des Buchs bekräftigte Snowden, dass er gern Asyl in Westeuropa statt Russland bekommen würde. Im Buch betont er seine Verbundenheit zu Amerika, bis hin zu der Tatsache, dass seine Vorfahren einst mit den Pilgervätern ins Land gekommen seien. Snowden spricht quer durch das Buch die Leser wie in einer Unterhaltung direkt an - die Übersetzer entschieden sich in der deutschen Version für ein »Du«. So kommt er rüber wie jemand, der gern mehr Menschen zum Reden hätte - und unbedingt als Enthüller und nicht als Verräter wahrgenommen werden will.


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