Spacenet warnt vor drohender Internet-Zensur

Münchner Provider protestiert gegen Vorgehen des Bundeskriminalamts

18. Februar 2009, 23:58 Uhr |

Unter dem Titel "Eine Zensur findet nicht statt?" nimmt Sebastian von Bomhard, Vorstand des Münchner Internet-Providers Spacenet, in einer Mitteilung Stellung zu einem "brisanten und skurrilen Stück Papier", dass aktuell in der Provider-Szene kursiert: Ein Vertrag, den das Bundeskriminalamt (BKA) mit "den Providern" in Deutschland zu schließen beabsichtige. Ein Vertrag, dem sich "die Provider" in Deutschland laut von Bomhard "freiwillig" unterwerfen sollen - und dies angeblich auch tun.

Die Internet-Provider, die diesen Vertrag unterzeichnen, verpflichten sich, den Zugang zu
Internetseiten zu blocken, die in einer Liste stehen, die ihnen das BKA jeden Morgen um zehn Uhr
übermittelt. Sie geben damit dem BKA die Möglichkeit, den Zugang zu bestimmten Internet-Adressen
zentral für ganz Deutschland zu erschweren.

Spacenet ist einer der ältesten Internet-Provider in Deutschland und würde diesen merkwürdigen
Vertrag niemals unterschreiben, wie von Bomhard erklärt. Denn es sei ein großer Unterschied, ob man
sich freiwillig hinter verschlossenen Türen zu etwas verpflichtet oder ob man auf ein Gesetz
bestehe, das in aller Öffentlichkeit diskutiert und überprüft werden kann. Und wenn solch eine
Aktion morgen beispielsweise auf weitere, etwa politisch unliebsame Seiten ausgeweitet würde, sei
es zu spät. Jedem müsse klar sein, dass eine Unterzeichnung dieses Vertrags der Einstieg in die
Zensur des Internets sei.

Das Infame an dieser Aktion laut von Bomhard: Sie läuft unter dem Label "Stoppt die
Kinderpornografie". Somit sehe sich jeder, der protestiert, missbilligend hochgezogenen Augenbrauen
gegenüber. Die gefährlichen Auswirkungen solcher Maßnahmen auf unsere Freiheit und unsere
Demokratie blieben so in der Gesellschaft unangesprochen. Wer setzte sich schon gern dem Vorwurf
aus, nicht alles Erdenkliche gegen Kinderpornografie tun zu wollen?

Abgesehen davon sei es ohnehin gleichgültig, welche Art der Sperrung von Web-Seiten man
versuche. Technisch seien solche Sperrungen in der Regel leicht zu umgehen. Auch die fabelhaften
Web-Filter der Chinesen funktionieren nicht deshalb so zuverlässig, weil sie nicht zu umgehen sind,
sondern weil die, die sie umgehen, mit der Todesstrafe bedroht werden. "So weit sind wir
hierzulande zum Glück noch nicht", sagt von Bomhard dazu.

Mehr dazu unter
tinyurl.com/svbblog

LANline/jos


Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Lampertz GmbH & Co. KG

Matchmaker+