59 Prozent aller Fälle von Datenverlust gehen nach einer Untersuchung des Forensik- und Datenrettungsspezialisten Kroll-Ontrack inzwischen auf hardwarebedingte Probleme zurück. 2002 lag dieser Wert noch bei 44 Prozent. Ein möglicher Grund für den Anstieg ist der oft aus Sparsamkeit unterlassene Austausch alter Systeme. Mehr als ein Viertel aller Schadensfälle beruht auf Bedienungsfehlern. Mit deutlichem Abstand folgen korrumpierte Software mit 9 Prozent sowie höhere Gewalt und sonstige Ursachen mit jeweils 2 Prozent. Der Prozentanteil von Schäden durch Computerviren ist von 7 auf 2 Prozent abgesunken. Die Zahlen aus dem Jahr 2006 beziehen sich auf weltweit über 50.000 Datenrettungen, die in Reinraum, Labor oder online durchgeführt wurden.
Ein Grund dafür, dass Hardwareprobleme heute deutlich häufiger für Datenverluste verantwortlich sind, scheint vor allem darin zu liegen, dass aus falsch verstandener Sparsamkeit alte Datenträger lange im Betrieb bleiben und es daher zu folgenschweren Schäden durch Verschleiß kommt. Das gilt insbesondere für Bänder. Auch der in kleinen Unternehmen immer bedeutendere Trend, sich bei der Datensicherung auf externe Festplatten zu verlassen, spielt eine Rolle. Datenrettung erfolgt hier oft ohne doppelten Boden. Auch der Fortschritt in der Speichertechnik – die Speicherkapazität von PC- und Notebook-Festplatten ist in den letzten Jahren um etwa das 500-Fache gestiegen – und die immer größere Datendichte macht moderne Datenträger anfällig für Fehlfunktionen.
Die heutige Speicherhardware erfordert eine wesentlich höhere mechanische Genauigkeit, um auf gleichem Raum ein Vielfaches an Daten unterzubringen. Somit steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass trotz aufwändiger Qualitätsmaßnahmen ein Hardwarefehler auftritt. Aufgrund der hohen Informationsdichte auf engsten Raum sind die Auswirkungen eines Datenverlusts heute oft gravierender als früher.
Eine wichtige Rolle spielt dabei auch der zunehmende Notebook-Anteil am Rechnermarkt. Notebooks sind durch mobile Arbeitssituationen einem höheren Schadensrisiko ausgesetzt: oft sind sie nicht automatisch in die zentrale Backup-Strategie eingebunden. Zudem kommt es häufig zu Schäden an der Hardware, etwa durch Herunterfallen oder Erschütterungen beim Transport.
Bedienungsfehler hingegen waren in den letzten Jahren leicht rückläufig. 2002 waren die Benutzer noch für 32 Prozent aller Datenverlustfälle selbst verantwortlich. 2006 lag dieser Wert mit 26 Prozent bereits deutlich niedriger.
Offenbar scheinen Administratoren und Anwender nun zum einen bewusster mit Daten umzugehen; zum anderen spielen auch die gestiegene Benutzerfreundlichkeit und Fehlertoleranz der Anwendungen eine Rolle, wie auch immer bessere Tools zur Datenwiederherstellung.
Der dennoch hohe Wert belegt allerdings auch die andere Seite der Medaille: Der wachsende Funktionsumfang und damit die größere Komplexität von Anwendungen steigern immer noch die Anforderungen an Anwender und Administratoren und können so Fehler begünstigen.
Der Anteil korrumpierter Software als Datenverlustfaktor ist von 14 Prozent im Jahr 2002 auf aktuell 9 Prozent zurückgegangen. Die Softwarequalität hat sich also offenbar verbessert. Aufgrund des weltweiten Konkurrenzdrucks im Softwaregeschäft gewinnen Qualitätsmanagementmaßnahmen in der Tat immer mehr an Bedeutung. Hohe Qualität ist ein entscheidender Wettbewerbsvorteil und zahlt sich auch langfristig aus. Doch auch hier bleibt die zunehmende Komplexität der Software ein Risikofaktor.
Ein deutlicher Rückgang in der Ursachenstatistik von Kroll-Ontrack ist auch bei Viren zu verzeichnen. Hier sank der Anteil von 7 Prozent auf 2 Prozent. Dieser Trend ist eindeutig auf die veränderte Bedrohungssituation zurückzuführen: Wurden vor wenigen Jahren Viren lanciert, um möglichst große Aufmerksamkeit zu erregen, so haben es die Täter im Cybercrime heute auf Geld abgesehen. Dazu gilt es vor allem, Informationen auszuspionieren. Spyware und Phishing-Websites entlocken den Kunden zum Beispiel Geheimnummern von Kreditkarten. Daten auf der Festplatte können oder sollen dafür sogar durchaus intakt bleiben. Profitorientierte Malware will möglichst lange unerkannt bleiben. Dazu kommt mittlerweile ein besserer Schutz durch Sicherheitslösungen, die ausführbare Dateien präventiv blocken können.
Trotz steigender Versicherungsschäden bei Naturkatastrophen in den letzten Jahren war höhere Gewalt im Jahr 2006 nur zu 2 Prozent für Datenverlust verantwortlich. 2002 lag dieser Wert noch bei 3 Prozent.
LANline/wj