So gut wie jeder unserer Lebensbereiche wird inzwischen von Computern beeinflusst. Und fast alle unserer täglichen Aktionen erzeugen Daten: Mobiletelefone, Geldautomaten, Kredikarten, automatische Mautsysteme, Überwachungskameras und natürlich alle PC-basierten Aktivitäten. Angesichts dieser Datenflut mahnt Security-Guru Bruce Schneier zum sinnvollen Umgang mit all diesen Daten.
"Im Moment sind wir in einer einmaligen Situation", sagt Schneier: "Noch nie wurden von
Einzelnen derart viele, digital verwertbare Daten erzeugt, die obendrein einen kommerziellen Wert
für Unternehmen haben." Gleichzeitig werden kaum noch Daten gelöscht, da Speicherplatz und
Rechenleistung zu geringen Kosten zur Verfügung steht.
Der Security-Experte rechnet hoch, dass sämtliche Telefonate, die ein Einzelner pro Jahr führt,
lediglich fünf Gigabyte Speicherplatz erfordern. Alle Internetaktivitäten erzeugen vier bis sechs
Gigabyte und selbst ein so genannter "Live Recorder" – eine Kamera, die rund um die Uhr das
aufzeichnet, was wir sehen – würde überschaubare 700 Gigabyte produzieren. Mehr zum Thema:
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http://llschnuerer.cmpdm.de//sites/microsites/bruce-schneier/index.html">Bruce Schneier’s
Kryptogramm
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http://llschnuerer.cmpdm.de//kn31716094">Bundesbürger verlangen Bestrafung bei
Datenschutzpannen
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Sicherheit und Datenschutz wachsen zusammen
Umso wichtiger sei es, dass unsere Generation anfange, sinnvoll mit diesen Daten und ihrem
Schutz umzugehen. Dazu Schneier wörtlich: "So wie wir unsere Vorgängergenerationen daran messen,
wie sie mit Umweltverschmutzung umgingen, werden wir uns daran messen lassen müssen, wie wir die
grundlegenden Probleme des Datenschutzes angehen".
Der Krypto-Experte spricht außerdem das Problem an, dass Menschen zwar jede Menge Daten
erzeugen, sie aber in den wenigsten Fällen selbst kontrollieren können. Sie stehen der
Datensammelwut hilflos gegenüber. Umso wichtiger sei es daher, welche Voreinstellungen
beispielsweise Online-Dienste wie Facebook oder Gmail den Datenschutz betreffend wählen, da nur
wenige Anwender diese Einstellungen jemals ändern, und die Dienste auch noch in Jahrzehnten aktiv
sein werden.
Dies bestätigt eine Utimaco-Umfrage unter über 1000 Bundesbürgern: Danach gibt über die Hälfte
zu, keinen Überblick mehr über die Speicherorte der persönlichen Daten, etwa bei Behörden, Ämtern,
Arbeitgebern, Ärzten, Banken, Telekommunikationsunternehmen oder auch im Internet zu haben. "In
Wahrheit ist es nicht möglich, einen Überblick über den Verbleib der persönlichen Daten zu haben,
weil solche Daten in der Praxis ungefragt weitergegeben werden, oft sogar auf der Grundlage
geltender Gesetze", erklärt Dr. Thilo Weichert, Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für
Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) in Kiel.
Bruce Schneier ist sich indes sicher, dass in den kommenden Jahren ein immer engeres
Überwachungsnetz geknüpft wird: "Vor fünf Jahren gab es kaum Überwachungskameras. Heute sind hängen
sie überall sichtbar herum. In weiteren fünf Jahren werden sie unsichtbar sein", so Schneier.
Das gleiche gelte für Ausweiskontrollen: In wenigen Jahren werden sie ohne Zutun des Einzelnen
passieren. Dazu Schneier: "Wir werden dann einen RFID-Chip im Geldbeutel haben und noch nicht mal
bemerken, wenn unser Ausweis kontrolliert wird".
Da immer mehr Unterhaltungen mit Hilfe von Digitaltechnik geführt werden – E-Mails, Chats,
VoIP-Telefonate oder Videounterhaltungen – bleiben gleichzeitig immer weniger Konversationen
flüchtig, da sie gespeichert und später analysiert werden können. Schneier fragt sich, ob aufgrund
dieser Tatsache "die ganze Welt zu einer großen Flughafen-Sicherheitszone wird, in der bereits eine
dumme Bemerkung gravierende Folgen haben kann".
Laut Schneier sind die meisten weltweit existierenden Gesetze nicht geeignet, den Umgang mit der
Datenflut sinnvoll zu regeln: Sie wurden zu Zeiten verabschiedet, als es das Phänomen der permanten
Datenerzeugung noch nicht gab. Daher sei es dringend angeraten, möglichst schnell passende Gesetze
zu verabschieden.
Dabei sei es völlig unsinnig, ständig die Frage zu stellen, wie weit mehr Sicherheit die
persönliche Privatsphäre einschränkt. Die Privatsphäre ist nur gefährdet, wenn Regierungen ständig
die einzelne Person identifizieren. Das ist beispielsweise im Kampf gegen den Terror gar nicht
nötig, da es genügt, verdächtiges Verhalten aufzuspüren. Viel sinnvoller sei es daher zu fragen,
wie weit mehr Kontrolle die persönlichen Freiheiten beschneidet.
Uli Ries/LANline/wj