Zu ernüchternden Ergebnissen ist ein Feldtest des Bundeskriminalamtes (BKA) zur automatischen Verbrecherfahndung via Gesichtserkennung gekommen: "Ich werde dem Bundesinnenminister die Einführung der fotogestützten Biometriefahndung zur Terrorismusbekämpfung nicht empfehlen", so BKA-Präsident Jörg Ziercke.
Ein gefundenes Fressen für Bundesdatenschützer Peter Schaar: "Ich halte den Einsatz der im Versuch getesteten Gesichtserkennungssysteme in Fahndungsmaßnahmen für sehr problematisch, vor allem im Hinblick auf ihre niedrige Erkennungsleistung." Besonders kritisch seien Falscherkennungen: "Diese würden bei einem echten Einsatz unverdächtige Bürger zunächst einem Anfangsverdacht aussetzen, Rechtfertigungszwänge auslösen und weitere Überprüfungen notwendig machen."
Selbst unter optimalen Bedingungen erreichten die getesteten Systeme nur Erkennungsleistungen von 60 Prozent. Den größten Einfluss auf die Erkennungsquote hat nach dem Test die Beleuchtung. Ohne Tageslicht sank die Wahrscheinlichkeit auf 10 bis 20 Prozent ab. Gerade in der Dämmerung hätten sich zudem große Unterschiede bei den Kamerasystemen gezeigt. Im Durchschnitt erreichte das beste der drei untersuchten Systeme eine Erkennungsrate von 29 Prozent, das schlechteste kam auf 17 Prozent.
Der Einfluss von Bewegungen etwa auf kameraüberwachten Treppen und Rolltreppen sei dagegen geringer gewesen als zunächst erwartet. Nötig ist allerdings bei der 2D-Gesichtserkennung, dass die Personen frontal in die Kamera blickt. Man müsse also ein bewusst oder unbewusst kooperatives Verhalten der untersuchten Personen erreichen. Dies sei bei Zutrittskontrollanlagen, durch die Menschen einzeln treten müssen, durchaus zu erreichen.
Ansonsten müsse man die Blickrichtung potenzieller Terroristen etwa durch eine Laufschrift in der Nähe der Kamera entsprechend lenken.
Unter dem Arbeitstitel Foto-Fahndung hatte das BKA von Oktober 2006 bis Ende Januar 2007 am Mainzer Hauptbahnhof drei verschiedene biometrische Gesichtserkennungssysteme getestet. Dabei wurde versucht, aus täglich über 20.000 vorbeieilenden Personen die 200 Pendler zu finden, die sich zur Teilnahme am Test gemeldet hatten.
Fazit des Berichts: In Innenbereichen mit konstanten Lichtverhältnissen lassen sich hohe Erkennungsleistungen erwarten, insbesondere wenn Menschen einzeln und frontal vor die Kamera treten. Für den Einsatz etwa zur Absicherung von Hochsicherheitsbereichen in Unternehmen dürfte die Gesichtserkennung also geeignet sei – und wird dort ja auch bereits erfolgreich eingesetzt.
Zur automatischen Fahndung aber hofft der Abschlussbericht auf die 3D-Gesichtserkennung, die derzeit etwa im europäischen Projekt 3D-Face erprobt werde. Partner sind unter anderem die Bundesdruckerei, das Darmstädter Fraunhofer-Institut IGD, das BKA sowie die Firmen Cognitec (Dresden) und Vissage (Bochum).
Aber selbst bei verbesserter Technik rät Schaar zu einem vorsichtigem Einsatz: "Auch wenn eine sichere Identifizierung möglich sein sollte, käme der Einsatz dieser Technik allenfalls in Fällen in Frage, in denen die Voraussetzungen einer polizeilichen Fahndungsausschreibung gegeben sind. Ihr Einsatz darf keinesfalls zu einer Totalüberwachung führen." So müsse sichergestellt werden, dass Überwachungskameras nicht mit digitalisierten Passfotos verknüpft werden, die im Pass- und Personalausweisregister gespeichert werden.
CZ/ab