Neuer Anlauf der Bundesregierung

Vorratsdatenspeicherung: Totgesagte leben länger

27. April 2015, 14:54 Uhr | Daniel Dubsky

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Vorratsdatenspeicherung: Totgesagte leben länger (Fortsetzung)

Die Leitlinien für die geplante Vorratsdatenspeicherung sehen vor, dass an einer Kommunikation beteiligte Rufnummern, Zeitpunkt und Dauer der Kommunikation, bei Mobilfunkverbindungen auch die Standortdaten und bei Internetverbindungen die IP-Adressen erfasst werden. Ausgenommen von der Speicherung sind die Inhalte, also was gesprochen wird oder welche Webseiten aufgerufen werden, sowie der gesamte Bereich E-Mail. Die Daten sollen zehn Wochen lang aufgehoben werden – mit Ausnahme der Standortdaten, die nach vier Wochen zu löschen sind.

Der Abruf soll nur bei schweren Straftaten erfolgen. Welche das sind, orientiert sich am Katalog für die Wohnraumüberwachung, in dem etwa Hochverrat und Landfriedensbruch, Sexualdelikte und Straftaten im Zusammenhang mit Kinderpornografie, Mord und Totschlag sowie Menschenhandel und schwerer Bandendiebstahl genannt werden. Die TK-Anbieter müssen die Daten im Inland speichern und gegen unbefugte Zugriffe schützen. Sollten die Kosten dafür unverhältnismäßig hoch sein, ist eine Entschädigung geplant. Ebenso ist eine Entschädigungsregelung vorgesehen für die Kosten, die durch den Abruf der Daten entstehen.

Kritiker bemängeln, dass wie schon zwischen 2007 und 2010 anlasslos die Telekommunikation aller Bürger überwacht wird. Der Justizminister arbeite »mit Vorsatz an einem grundrechtswidrigen Gesetz, das alle unter Generalverdacht stellt«, sagte Jan Korte, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Linken. Dabei habe immer noch »niemand die Notwendigkeit, geschweige denn die Nützlichkeit der Vorratsdatenspeicherung bewiesen«. Sein Amtskollege von den Grünen, Konstantin Notz, befand: »Die Vorratsdatenspeicherung gehört nicht ins Parlament, sondern auf die Müllhalde der Geschichte.«

Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) kündigte bereits an, wieder vor das Bundesverfassungsgericht ziehen zu wollen. Dieses Mal stehen die Chancen, die Vorratsdatenspeicherung zu stoppen, sogar noch besser als beim letzten Mal. Immerhin hat zwischenzeitlich der Europäische Gerichtshof die entsprechende EU-Richtlinie gekippt, weil sie elementare Grundrechte verletzt. Ausnahmen beim Schutz personenbezogener Daten seien auf das notwendigste zu beschränken, so der EuGH. Viele Experten sehen das Urteil als unüberwindbare Hürde für eine neuerliche Vorratsdatenspeicherung. Schon im vergangenen Jahr soll laut dem Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung der Juristische Dienst des EU-Rates den EU-Justizministern mitgeteilt haben, das Urteil lege nahe, »dass eine allgemeine, voraussetzungslose Speicherung von Daten künftig nicht mehr möglich ist«.


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