Die seit Wochen anhaltenden Denial-of-Service-Attacken (DoS) auf estländische Webseiten dehnen sich immer weiter aus. Inzwischen gehen die Angriffe von verschiedenen weltweiten Botnetzen aus, an denen Millionen an Computer beteiligt sein sollen.
Vor einigen Tagen hatte Estlands Außenminister Urmas Paet erklärt, dass es sich dabei um eine neue Art des "Cyberterrorismus" handelt. Das Zurückverfolgen der IP-Adressen solle bis hinein in den Kreml geführt haben, hieß es. Dies allerdings hat sich später als haltlos herausgestellt. Hillar Aarelaid, Chef des estnischen "Computer Emergency Response Team" (CERT), bestätigte inzwischen, dass es keine Hinweise auf Attacken seitens der russischen Regierung gegeben habe.
Nach einer ersten Analyse des CERT handelt es sich in Wirklichkeit um Attacken von vielen unterschiedlichen Personen. "Art und Qualität der Angriffe deuten unzweifelhaft daraufhin, dass es sich dabei sowohl um 10-jährige Skriptkiddies als auch erfahrene Hackerexperten handelt", sagt Aarelaid. Letztere haben seiner Ansicht nach bereits eine Armada von weltweiten Botnetzen gegen die estnischen Webseiten in Stellung gebracht.
Inzwischen haben die NATO und die EU ein Team von Sicherheitsexperten in die Region geschickt um die Vorfälle zu untersuchen und den Esten bei geeigneten Abwehrmaßnahmen behilflich zu sein. Estland gilt als eines der fortschrittlichsten Länder bei der Internetnutzung, vor allem im Bereich E-Government gehört das Land zu führenden Nationen in der Welt. Die Angriffe richten sich allerdings selten gegen die offiziellen Seiten, sondern attackieren offensichtlich wahllos Webseiten mit der estländischen Domain ".ee".
Begonnen haben die Attacken Anfang Mai, nach dem es wegen der Verlegung eines Denkmals zu Spannungen mit Russland gekommen war. Militante russische Demonstranten lieferten sich damals in Tallin Straßenschlachten mit der Polizei. Folglich wird vermutet, dass hinter diesen Cyberattacken militante russische Personen oder Organisationen am Werk sind, auch wenn die Angriffe nicht direkt aus dem Kreml kommen.
cz/Harald Weiss/pk