Röhren aus allen Kanälen oder kommunizieren nach dem Motto »Schweigen ist Gold«? Beide Varianten der PR beherzigen IT-Unternehmen vorbildlich und wundern sich, auf taube Ohren zu stoßen.
CRN: Beim Blick auf die kargen Internetseiten vieler Systemhäuser stellt man sich zwei Fragen: Sind die schon insolvent? Oder denken die vor lauter Arbeit nicht an ihre Außendarstellung?
Ralf Riba: Gerade mittelständische Systemhäuser mit lokalem Bezug sind oftmals fest im Tagesgeschäft eingebunden. Laufende Projekte und die Zufriedenheit der Bestandskunden haben Vorrang vor Neukundengewinnung. Trotzdem sollte gerade die Webpräsenz eines IT-Spezialisten einen soliden und aktuellen Eindruck vermitteln.
CRN: Was können Systemhäuser tun, um ihre Botschaften in den Markt zu tragen?
Riba: Hier gilt nach wie vor der alte PR-Spruch: Tue Gutes und rede darüber. Ein Kunden-Newsletter und ein Firmenblog sind sicherlich ein guter erster Schritt. Viel wichtiger als die breite Nutzung möglichst vieler Kommunikationskanäle ist zunächst aber die ¬Klärung von Zielsetzung und Profil. Was möchten wir eigentlich erreichen? Mit welchen Mehrwerten können wir überzeugen? Diese Fragen sollten zunächst im Vordergrund stehen.
CRN: Noch nie gab es so viele Kommunikationskanäle wie heute. Welche Formate sind effektiv, welche nicht?
Riba: Das kann man allgemeinverbindlich nicht sagen. Das hängt von der Wertigkeit des Contents, aber auch von der Zielsetzung ab. Möchte ich neue Mitarbeiter gewinnen, Leads generieren oder die SEO meiner Webseite verbessern? Nicht vergessen sollte man auch die klassischen Verbreitungswege über Fach- und Branchenzeitschriften. Anders als IT-Hersteller sind Systemhäuser in den Printmedien unterrepräsentiert. Zum Teil, weil Systemhaus-Chefs unbegründet Zurückhaltung üben, obwohl sie doch über viele interessante Projekte reden könnten. Auch ein Engagement in den Socials kann durchaus positive Effekte bringen. Hier sollte aber vorher geklärt werden, ob überhaupt die nötige Manpower vorhanden ist, um die entsprechenden Accounts auch zu pflegen.
CRN: Der Kreis möglicher Interessenten ist riesengroß: Neben Presse und Kunden sind da auch noch potenzielle Bewerber, Herstellerpartner und nicht zuletzt Banken und Kreditversicherer.
Riba: Umso wichtiger ist es deshalb, die Anforderungen und Gepflogenheiten der jeweiligen Kommunikationskanäle zu beachten. Hier ist einfach Fingerspitzengefühl gefragt. Nicht jede Hausveranstaltung hat automatisch journalistischen Mehrwert und nicht jedes erfolgreich abgeschlossene Projekt taugt als Referenzstory. Die Öffentlichkeit bewegt Klasse statt Masse.
CRN: »Employer Branding«, wie es neudeutsch so schön heißt, wird angesichts des Fachkräftemangels gerade mittelständischen Unternehmen empfohlen. Was steckt dahinter?
Riba: Employer Branding umfasst vom Grundsatz her alle Marketingmaßnahmen, die dazu dienen, die Attraktivität eines Arbeitgebers gegenüber potenziellen Mitarbeitern zu erhöhen. Das kann ein einfaches Formular für Initiativbewerbungen auf der Webseite sein, ein nachhaltiges Engagement im Bereich der Socials, aber auch ein professionelles Firmenvideo auf Youtube. Auch eine offene Kommunikation mit Spaßfaktor ist eine gute Grundlage für erfolgreiches Employer Branding, da ein Unternehmen so an Profil und Lebendigkeit gewinnt – und das macht schließlich attraktiv.
CRN: Welche Regeln empfehlen Sie im Umgang mit Medien?
Riba: Gerade für Systemhäuser ist ein guter Kontakt zur Presse wichtig. Ich kann hier nur empfehlen, keine Scheu im Umgang mit Journalisten zu haben und sich aktiv einzubringen. Das heißt einfach mal den Hörer in die Hand zu nehmen, wenn man etwas Fundiertes zu aktuellen Entwicklungen zu sagen hat. IT-Themen gehören heute zum Mainstream und beschäftigen lokal ansässige Unternehmen genauso wie Privatnutzer. Viele Journalisten begrüßen es durchaus, aus aktuellem Anlass einen Experten mit lokalem Bezug zitieren zu können, oder freuen sich auch mal über einen gut formulierten Gastkommentar.
CRN: Ein verhängnisvoller Satz des ehemaligen Deutsche Bank-Chef
Breuer im TV-Interview kostete das Institut Milliarden. Was sind die größten kommunikativen Fehler?
Riba: Der heute sicherlich am weitesten verbreitete Fehler ist Info-Dumping nach dem Gießkannenprinzip. Die schlimmsten Fehler sind mangelnde Offenheit und fehlende Zielgruppenorientierung.
CRN: Apropos Geld. Die meisten Systemhäuser in Deutschland haben rund 20 bis 30 Mitarbeiter, für sie kommen die großen internationalen PR-Agenturen also kaum in Frage. Was kostet PR bei einer mittelständischen Agentur?
Riba: Auch wenn ich weiß, dass hier immer gerne eine konkrete Antwort gewünscht wird, kann ich nur sagen: Das hängt von den individuellen Zielsetzungen, der Anzahl der Gewerke und der vertraglichen Basis ab. Für ein Systemhaus mit 20 Mitarbeitern macht eine feste Zusammenarbeit auf Grundlage einer monatlichen Fee meist keinen Sinn. Mit einer Kooperation auf Projektbasis kann man durchaus auch Erfolge erzielen. Auch ein einzelner lesenswerter Fachbeitrag im richtigen Medium kann zu neuen Kontakten führen, hinter denen sich letztlich ein hochinteressanter Auftrag verbirgt.
CRN: Und der Erfolg? Muss man auf ihn so vertrauen, wie das Henry Ford einmal beschrieb: »Die Hälfte meiner Werbung ist hinausgeworfenes Geld, nur weiß ich nicht, welche Hälfte?«
Riba: Natürlich macht es grundsätzlich Sinn, Marketingmaßnahmen auf den Prüfstand zu stellen und eine Erfolgsbewertung durchzuführen. Das Gros der Systemhäuser ist jedoch eher unterbudgetiert. Was oftmals dazu führt, dass im Rahmen von Maßnahmen zu wenig Werbedruck aufgebaut wird, um überhaupt eine Verhaltensänderung, sprich Nachfrageerhöhung, auszulösen. Aus Sicht der IT-Hersteller sieht das schon ganz anders aus. Hier werden die Stimmen zunehmend kritischer. Immer häufiger werden wir im Rahmen von Kampagnen auch als Beratungsunternehmen herangezogen. Dies um eine neutrale Bewertung von Marketingmaßnahmen abzugeben oder um Mediaplanungen zu erstellen.
CRN: 10 Jahre ist Riba:BusinessTalk im Geschäft. Was war die kurioseste Anfrage, die Ihnen ein Kunde stellte?
Riba: Die kam nicht aus dem Channel, sondern von einer Seilbahngesellschaft. Hier sollten wir die Krisen-PR übernehmen – falls mal etwas Unvorhergesehenes passieren sollte, inklusive 24-Stunden-Bereitschaftsdienst.
CRN: Und, haben Sie angenommen?
Riba: Nein, zumal wir ja ein reiner ITK-Dienstleister sind. Insgesamt fanden wir das Thema aber auch wenig erbaulich.
Ralf Riba ist seit 1987 im Channel tätig. 2004 ist er als General-Manager bei der Ingram Micro Tochter Compu-Shack Production ausgeschieden und gründete
2005 die ITK-Beratungsagentur Riba:BusinessTalk (RBT). Seit rund einem Jahrzehnt arbeitet RBT als PR-Agentur mit Full-Service-Ansatz und unterstützt führende IT-Hersteller, Distributoren und Systemhäuser in der Öffentlichkeitsarbeit, der Content-Erstellung und bei der Konzeption von Channel-und Marketingkonzepten.