Netzneutralität vor dem Aus

Die Spaltung des Internets

8. Dezember 2017, 13:30 Uhr | Andreas Dumont

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Vorfahrt gegen Bezahlung

Im Zeitalter von Netflix, Youtube und IPTV gelangt die technische Infrastruktur des Internets zunehmend an ihre Grenzen. Netzbetreiber wie die Deutsche Telekom müssen viel Geld in die Hand nehmen, um ihre Netze entsprechend auszubauen. Zur Refinanzierung bieten sich drei Strategien an. Die erste: eine deutliche Preisanhebung für Internetzugänge und Flatrates. Die zweite: unterschiedliche, vom Datenvolumen abhängige Tarife, wie sie bei Mobilfunkbetreibern schon lange gängig sind. Die dritte: Die Netzbetreiber beteiligen Unternehmen wie Google an den Kosten und befördern im Gegenzug deren Dienste bevorzugt oder verlangsamen gar die Angebote der Konkurrenz. Dann bezahlt der Kunde für den Zugang zum Internet, und der zahlungswillige Teil des Internets bezahlt für den Zugang zum Kunden.

Es gibt gute Gründe, manche Daten priorisiert zu befördern. VoIP-Pakete werden bereits bevorzugt behandelt, anders wäre eine störungsfreie Telefonie gar nicht möglich. Im medizinischen Sektor kann ein bevorzugter Datentransport sinnvoll sein. Welche Daten haben im selbstfahrenden Auto Vorrang: Die, die das Auto steuern, oder die des Beifahrers, der Musik streamt? Eine Videokonferenz sollte auch zu Stoßzeiten im Netz nicht ins Stocken geraten.

Es gibt aber auch viele Gründe dagegen. Ein freies, gleiches Internet sehen viele Experten als Muss für eine freie Gesellschaft und Wirtschaft an. Kommunikationsdienste müssen die Meinungsfreiheit der Nutzer garantieren. Manche Dienste könnten aber überhaupt nicht mehr erreichbar sein, wenn der Anbieter beim Provider nicht dafür bezahlt hat, dessen Kunden erreichen zu dürfen. Eine Internet-Maut könnte künftig den Zugang zur Überholspur im Internet eröffnen. Das Zweiklassen-Internet wäre Realität. Provider kassieren doppelt: einmal für die Netzanbindung und einmal für die Durchleitung spezieller Datenpakete. Das häufig vorgebrachte Argument, Netzneutralität verhindert neue Geschäftsmodelle, lässt sich leicht entkräften: Bislang war das Internet weitgehend neutral, was Geschäftsmodellen von Amazon bis Zattoo offenbar nicht im Weg stand. Ausschlaggebend für Netzneutralität ist, dass der Kunde entscheidet, was priorisiert wird, nicht der Netzbetreiber. Die Regulierung, welche Modelle zulässig sind, sollte in diesem Fall vielleicht besser nicht dem freien Markt überlassen werden, sondern den Regierungen. Die Entscheidung zur Aufhebung der Netzneutralität in den USA fällt am 14. Dezember. Die neuen Regelungen treten dann 60 Tage später in Kraft. Die Befürworter des unregulierten Marktes in Europa sitzen schon in den Startlöchern.


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  2. Vorfahrt gegen Bezahlung

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