Kampf um Europas Start-up-Krone

Hilft der Brexit deutschen Gründern?

26. Juni 2017, 7:38 Uhr | Lars Bube

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Berlin darf hoffen

Sebastian Schäfer, Geschäftsführer des Frankfurter Start-up-Zentrums »Tech Quartier«, dämpft die Erwartungen. »London ist nach dem Brexit zwar nicht mehr alleine die erste Wahl«, sagt er. Jetzt gehe es aber darum, die schlausten Köpfe auch zu gewinnen. »Das wird nicht von heute auf morgen geschehen, sondern einige Jahre dauern.« Er berichtet von kaum einer Handvoll konkreten Anfragen aus dem Ausland. In Berlin hofft man indes weiter auf Brexit-Impulse. In der deutschen Gründermetropole kämen mehr als 40 Prozent der Angestellten in Wachstumsfirmen aus dem Ausland, sagt Verbandsvorsitzender Nöll. Berlin profitiere am meisten vom Brexit. »Es ist die einzige Stadt in Deutschland, wo Ausländer nur mit Englisch zurechtkommen.«

Doch im internationalen Vergleich hinkt Deutschland weiter Großbritannien hinterher. Der Beratungsfirma EY zufolge flossen 2016 gut 2,2 Milliarden Euro Investitionen in deutsche Wachstumsfirmen. Das waren zwar etwas mehr als in französische Start-ups, aber britische Gründer verbuchten gut 3,7 Milliarden Euro. Im Städtevergleich liegt Berlin hinter London und Paris. Nöll zeigt sich trotzdem optimistisch, dass Berlin auch dank Brexit Platz eins erobern kann. Schon 2015 lag die Hauptstadt beim Wagniskapital für Wachstumsfirmen vor London - allerdings auch dank einzelner großer Finanzierungsrunden der Gründerschmiede Rocket Internet. Seither sieht sich Berlin am Drücker. Deutschland müsse aber nachlegen, meint Nöll. Es gelte, mehr privates Kapital für Start-ups zu mobilisieren, mehr IT-Fachkräfte an Universitäten auszubilden und sich für die Zuwanderung von Experten einzusetzen. »Wenn Trump gerade die Einwanderung erschwert und den besten Talenten sagt, wir wollen euch nicht, müssen wir aufstehen.«

Auch die Deutschen Börse sieht Mängel: Es gebe zu wenig Gründergeist, steuerliche Förderung von Start-ups und Erleichterungen bei Vorschriften, heißt in einer Studie. Deutschland habe als Gründer-Standort Fortschritte gemacht und großes Potenzial, »hinkt im globalen Vergleich aber in relevanten Punkten den Schwergewichten Großbritannien, Israel und Kalifornien hinterher«. Franzke von Berlin Partner fordert mehr Geduld, bis sich größere Brexit-Effekte einstellen könnten. Immerhin müssten bei Umzügen von Start-ups viele Formalitäten bis hin zum Familiennachzug geregelt werden. »Ein Jahr ist da noch keine lange Zeit.«


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