So mancher Influencer mag gar nicht um die Welt reisen und beeindruckt die Massen vom heimischen Sofa aus mit spektakulären Schnappschüssen. Ein deutsches Startup hilft dabei, wie die CRN-Kopfnuss aufdecken konnte.
Der Instagram-Wahn kennt keine Grenzen. Viele Influencer scheuen nicht einmal lebensgefährliche Situation, um ihre Follower mit spektakulären Fotos zu versorgen – sei es der azurblaue See, der seine Farbe hochgiftigen Abfällen verdankt, das Flammenmeer eines brandenburgischen Waldbrandes oder eine überraschend bröckelige Steilküste am Atlantik. Darwin wäre stolz auf all den Leichtsinn, und auch das deutsche Startup »Foto Fantastic« jubelt. Nicht öffentlich, versteht sich, aber durchaus hinter vorgehaltener Hand. Denn die Firma, die von PR-Leuten gegründet wurde, die lange dafür zuständig waren, Politiker beim Schleppen von Sandsäcken oder beim Wandern im Urlaub abzulichten, will von der Sucht der Menschen nach perfekter Inszenierung profitieren.
Dutzende Scouts hat das Startup ausgeschickt, die die Welt nach unverbrauchten Foto-Spots durchkämmen. Wichtigstes Kriterium: Auf den Fotos muss alles so wahnsinnig toll aussehen, dass es schon fast unwirklich erscheint. Da wird dann mitten in der Wildnis schon mal ein weniger fotogenes Warnschild mit Camouflage abgehängt oder der Tipp gegeben, einen Spiegel mitzubringen, um – richtig vors Objektiv gehalten – die glatte Oberfläche eines Sees zu simulieren. Die störende Realität wird ausgeblendet, weggeschnitten; alles was dafür gebraucht wird, sind die richtige Perspektive und der richtige Bildausschnitt.
Haupteinnahmequelle von Foto Fantastic ist Recherchen der CRN-Kopfnuss zufolge allerdings nicht die App, sondern die diskrete Zusammenarbeit mit einigen der bekanntesten Instagram-Stars. Die versorgt das Startup vorab mit fotorealistischen Tapeten der wenig später via App kommunizierten Foto-Spots. Diese hängen sich die ausgewählten Influencer dann ins Wohnzimmer, um ihre Poser-Bildchen für die Community zu schießen und den großen Run auf bislang unbekannte Orte anzustoßen. »Eigentlich mag ich weder Natur noch Menschen«, bekennt eines der Sternchen, das seinen Namen keinesfalls veröffentlich sehen will, im Gespräch. »Da bin ich ganz froh, dass ich nicht raus muss und dass mir nicht dauernd irgendwelche Dödel vor den Füßen rumlatschen, die nur auf ihr Smartphone starren.«
Bei Foto Fantastic hat man schon »für die Zeit danach« geplant. »Sollte irgendwann rauskommen, dass wir einigen Influencern beim Bescheißen helfen, verkaufen wir die Foto-Walls einfach an alle Nutzer«, verriet einer der Gründer vor kurzem nach dem zwölften Feierabendbier. »Dann appellieren wir an ihr Umweltbewusstsein, sodass das Foto-Fake zur guten Tat wird, weil tausende Flugkilometer eingespart werden.«