Die Bundesbürger sind Bargeld-Liebhaber. In kaum einem anderen Land wird beim Bezahlen noch so oft zum Portemonnaie gegriffen wie in Deutschland. Doch eine neue Technik untergräbt derzeit die Begeisterung für Bares.
Kleinere Beträge werden beim Einkauf in Deutschland zwar meist noch mit Bargeld bezahlt, doch bei größeren Besorgungen dominiert inzwischen die Zahlung per Karte. Die Folge: Im vergangenen Jahr wurde im stationären Einzelhandel erstmals mehr Geld per Giro- und Kreditkarte ausgegeben als in bar, wie eine am Dienstag veröffentlichte Studie des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI ergab.
Dabei gilt Deutschland eigentlich als Land der Barzahler. In kaum einem anderen europäischen Staat wird nach einer Studie der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) beim Bezahlen noch so oft zum Portemonnaie gegriffen wie in Deutschland. Mehr als die Hälfte der Bundesbürger kann sich laut einer kürzlich veröffentlichten Umfrage des Digitalverbands Bitkom nicht vorstellen, auf Münzen und Scheine zu verzichten.
Tatsächlich dominiert die Barzahlung nach wie vor den Alltag in der Bundesrepublik. Laut EHI wurden im vergangenen Jahr mehr als drei Viertel der rund 20 Milliarden Einkäufe im stationären Handel in bar abgewickelt. Das heißt, rund 208 Milliarden Euro wechselten in Form von Scheinen und Münzen den Besitzer. »Die Deutschen sind nach wie vor Bargeld-Liebhaber«, urteilt denn auch Holger Sachse von BCG. Das liege nicht zuletzt an Sicherheitsbedenken bei elektronischen Zahlungen.
Doch hat die Liebe der Deutschen zum Bargeld wohl allmählich ihren Höhepunkt überschritten. Denn auch wenn die 208 Milliarden Euro, die 2018 bar über den Ladentisch gingen, eine beeindruckende Summe sind: Noch etwas mehr Geld - nämlich 209 Milliarden Euro - wurde 2018 per Karte ausgegeben. Es ist laut EHI ein Wendepunkt. Zum ersten Mal hätten in Deutschland die Kartenzahlungen die Barzahlungen übertroffen.