»Die Nutzung von Open Web-Technologien für die Realisierung von Anwendungen hat viele Vorteile«, bekräftigt Finette, »so können Anwendungen an jedem Ort der Welt genutzt werden, sind Daten immer synchron und existiert der einzelne Computer als ›Single Point of Failure‹ nicht mehr.« Ähnlich wie beim Cloud Computing ist der Browser in dieser Vision nicht mehr nur ein Werkzeug zum Internetsurfen, sondern wird dieser zu einem Ort an dem z.B. auch kleine und mittlere Businessanwendungen laufen. Zwar werde es sicherlich auch weiterhin Anwendungen geben, die aus bestimmten Gründen für bestimmte Betriebssysteme geschrieben werden, doch liegt der große Vorteil der Web Apps für Finette auf der Hand: »Die Anwendungen laufen mit nur geringen Modifikationen auf allen wesentlichen Betriebssystemen, allen modernen Browsern und allen Endgeräten wie Computer, Laptop, Mobiltelefonen und Tablets.«
Wichtig ist dem erfahrenen IT-Manager, dass es in Mozillas App Store weder eine Gatekeeper-Funktion gebe, wie dies etwa bei Apple der Fall sei, noch eine Bindung der Applikationen an den eigenen Firefox-Browser. Darin liege auch der größte Unterschied zu Googles geplanten »Chrome App Store«: »Die aktuell von Google veröffentlichten Spezifikationen deuten an, dass Apps im ›Chrome App Store‹ nur in Google’s eigenem Browser funktionieren.« Mehr Sympathie hat der Mozilla Labs-Chef dagegen überraschenderweise für Microsoft. »Microsoft investiert in offene Standards mit dem Internet Explorer 9 – eine Entwicklung, die wir begrüßen und unterstützen.«
Die Offenheit von Mozillas Web App Store stellt laut Finette eine große Chance für unabhängige Software-Entwickler dar. »Unser Konzept erlaubt jedem Entwickler, seine App auf der eigenen Webseite selbst zu vermarkten und einen eigenen Store aufzusetzen.« Mozilla erwarte, dass sich in kurzer Zeit ein komplettes Ökosystem von App-Entwicklern, Stores, Verzeichnissen und Suchmaschinen etablieren werde. Doch betreffe das Store-Konzept nicht nur freie Entwickler, sondern habe das Potenzial, den gesamten Softwarevertrieb zu verändern: »Wir sprechen mit einer ganzen Reihe von etablierten Softwareherstellern, die von der Idee begeistert sind und an Implementierungen arbeiten, die für ihr spezifisches Geschäftsmodell und Markt Sinn machen«, so Finette. Letztendlich sei man beim Thema Apps noch ganz am Anfang der Entwicklung. Künftig werde es mehr und mehr Apps geben, die sowohl auf PCs als auch auf mobilen Endgeräten laufen, die in Open Web-Technologien entwickelt wurden und über eine Vielzahl von Kanälen vertrieben werden. Finettes Prognose: »Das aktuell vorherrschende Modell der vertikal integrierten, hochgradig regulierten Ökosysteme wird aufbrechen – genauso wie sich vor rund 20 Jahren das Web etabliert hat.«