An der grundsätzlich kompromisslosen, intransigenten Haltung der Softwarehersteller ändert selbst das Urteil des obersten europäischen Gerichts in Sachen gebrauchter Software wohl nichts, und es ist zu befürchten, dass der Kampf großer Hersteller gegen kleinere Händler auch nach diesem Urteil des Europäischen Gerichtshof weitergeht. Denn Oracle gibt auch nach der keinesfalls überraschenden Niederlage überdeutlich zu verstehen, was es von dieser Rechtsauffassung hält: Nämlich gar nichts.
Oracles Rechtsvertreterin Truiken Heydn schwenkt nach dem von ihr so erwarteten Urteil auf eine andere Ebene und redet einer Verunsicherungsstartegie das Wort. Es sei, so Heydn, nicht das Ende der Rechtsentwicklung. Es müsse, so Heydn, nun »verhindert werden, dass Anwendern unnötige Risiken durch Software entstehen, die sie über einen Zweitvertriebsweg erwerben, ohne sicher zu wissen, ob die Lizenzen durch den Erstanwender rechtlich einwandfrei erworben wurden.«
Freilich: Es ist eine völlig legitime Forderung der Softwarehersteller, den Verkauf von widerrechtlich erlangter Software zu unterbinden und Händler, die Raubkopien vertreiben, zu verfolgen. Allerdings differenzieren Softwarehersteller kaum zwischen seriösen Remarketing-Händlern und kriminellen Resellern. Außerdem: Was Plagiat, was Original ist, auch diese Beutungshoheit wollen die Hersteller nicht aus der Hand geben. Mitunter gibt es hier sehr eigenwillige Interpretationen (siehe Microsoft gegen Softwarebilliger). Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, wie das einige Softwarehändler versuchen hatten, scheiterte kläglich. Vielleicht ist eine solche Unterscheidung auch gar nicht gewollt, um eben jene Verunsicherung in der Schwebe zu halten, wenn man schon vor Gericht eine Weiterveräußerung gebrauchter Software - sei sie nun physisch oder per Download erworben worden - nicht verhindern kann.
Was in der Diskussion um gebrauchte Software unter den Tisch fällt: Bechtle, Computacenter, Cancom und andere Softwarereseller, die den Status Large Account Reseller tragen, nehmen gebrauchte Software bei ihren Kunden gerne in Zahlung, um beispielsweise den Neuverkauf anzukurbeln. Ein Thema, über das allerdings nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen wird.