Bei etlichen Linux-Aktivisten klingt die Geschichte anders: McHardy sei wegen seiner umstrittenen Abmahn-Aktivitäten im Sommer 2016 suspendiert worden. Mindestens vier Jahre lang habe er über 50 Lizenzverletzungen angemahnt und zum Teil vor Gericht gebracht, was Zahlungen von mehreren Millionen Euro nach sich gezogen haben soll.
McHardy nennt den Vorwurf, er bereichere sich an einem Open-Source-Projekt »relativ absurd«. Das deutsche Recht kenne nicht wie das amerikanische immens hohe Schadensersatzsummen, zudem könne ein Miturheber ohnehin keinen Schadenersatz an sich fordern. Im Falle von Unterlassungsklagen wie im Fall Geniatech flössen Ordnungsgelder ausschließlich dem Staat zu. »Meine Forderungen belaufen sich im Normalfall auf Kostenersatz, das heißt die mir entstanden Kosten für Anschaffung und Untersuchung von Produkten sowie Anwaltskosten.«
Der Software-Entwickler räumt allerdings ein, auch Vertragsstrafen gefordert zu haben - »wenn ein Unterlassungsvertrag bestand und sich der Verletzer als besonders hartnäckig darstellte und nicht gewillt war, seine Verletzungen zu beheben«. Auch hier tendierten die Gerichte zu eher zurückhaltender Bemessung von Vertragsstrafen, meint McHardy.
Die Szene reagiert zwiespältig. Manche Aktivisten begrüßen es durchaus, dass jemand den Firmen auf die Finger haut, die gegen die Linux-Lizenz verstoßen. McHardy wird allerdings vorgehalten, aus den Verstößen persönlich Profit zu schlagen, anstatt das Geld der Gemeinschaft der Linux-Entwickler zukommen zu lassen.
Geniatech-Chef Decker weist im Vorfeld darauf hin, wie kompliziert es sei, die Linux-Lizenz vollständig einzuhalten. So könne man in die Falle laufen, wenn bei der erforderlichen Veröffentlichung des Quellcodes und der Lizenzbestimmungen ein kleiner Formfehler passiere. An dem Linux-Projekt hätten über die Jahre hinweg rund 15.000 Programmierer mitgearbeitet. Das Risiko von teuren Abmahnungen sei unüberschaubar, wenn alle Entwickler rechtlich so behandelt würden, als seien sie der eigentliche Urheber von Linux. Dieser Status stehe aber alleine Linux-Erfinder Linus Torvalds zu. Deshalb könne der Linux-Bearbeiter McHardy auch gar nicht klagen, lautet ein Argument.
McHardy hat der Firma nach eigenen Angaben einen außergerichtlichen Vergleich angeboten. Er habe aber nie eine Antwort erhalten. Geniatech-Chef Decker sagt, er wolle den Fall nun durchziehen. »Ich will Ruhe im Karton.«