Die Chancen ergreifen
Der Wandel der Technik dürfte dem gesamten Geschäft im B2B-Bereich neue Schubkraft verleihen. Die Migration hin zu IP beginnt mit der Migration der vorhandenen Hardware. In diesem Zusammenhang gilt es für den Reseller zu prüfen, inwieweit die bestehenden Gerätschaften für die künftigen Anforderungen gerüstet sind. „Als mögliche Problemkinder erweisen sich Geräte mit unterschiedlichen Protokollen wie ISDN-Karten, EC-Cash-Geräte, M2M-Wahlgeräte und Alarmanlagen“, weiß Jürgen Walch von Herweck. Darin liegt für ihn auch das Upselling-Potenzial, da der Austausch des Gerätes oder dessen Gateway in den meisten Fällen der bessere Weg ist. „Es bedarf einer genauen Bestandsaufnahme, auch in Bezug auf den über Jahrzehnte gewachsenen Bestand an unterschiedlichen klassischen Netzabschlüssen. Daraus ergibt sich eine Konsolidierung, auf dessen Basis sich das erforderliche Gateway ergibt. Sinnvoll wäre für den Händler, sowohl einen Hersteller zu wählen, der ein möglichst breites Portfolio an Übergängen mit gleicher Programmieroberfläche bietet, und auf die vom Provider bevorzugt gelieferte Hardware zu setzen.“
Ist der Weg hin zu IP geebnet, stehen Resellern diverse Lösungen zur Verfügung, die sie ihren Kunden schmackhaft machen können, meint Jochen Bräunlein. „Wenn beim Kunden IP als Kommunikationsweg Nummer eins für Sprache Einzug hält, kommen weitere Optionen wie CTI, Video-Conferencing oder IP-Kameras direkt mit in die Diskussion. Und natürlich WLAN für die Anbindung von Smartphones und Tabs oder auch als Internetzugang für Gäste. Hier eröffnet sich eine große Spielwiese für Reseller, die diese mit fachspezifischer Beratung sicherlich in neue Umsätze und Serviceverträge umsetzen können.“
Lancom-Vorstand Ralf Koenzen rät im Hinblick auf ein mögliches Mehrgeschäft auch unbedingt dazu, einen detaillierten Blick auf die Netzwerk-Infrastruktur zu werfen: Ist die bestehende Infrastruktur noch den Anforderungen moderner Kommunikation gewachsen? Müssen Hubs etwa gegen Switche ausgetauscht werden? Ermöglichen die Kabel genügend Bandbreite? Sollten Router und Firewalls ausgetauscht werden und durch Geräte auf dem aktuellen Stand der Technik ausgetauscht werden? Reicht die Abdeck-ung und Performance des vorhandenen WLANs aus? „Wenn sowohl der gesamte Datenverkehr als auch die Sprachkommunikation über eine Netzwerk-Infrastruktur geleitet werden, ist ein höchst mögliches Maß an Sicherheit und Zuverlässigkeit unverzichtbar!“, mahnt Koenzen.
Der Bedarf könnte beim Kunden also an diversen Fronten geweckt werden. Also-UCC-Chef Karl-Heinz Schoo rät Händlern, die sich bislang nur auf Hardware oder Dienste fokussiert haben daher dazu, Alles-aus-einer-Hand-Anbieter zu werden. Ein weiteres Thema, das er bei der Kundenansprache als essenziell erachtet: Redundanzen. „Das in der IT-Technik bereits relevante Thema wird nun auch für Voice-Anwendungen immer wichtiger“, so Schoo. „Hybrid-Lösungen werden in Zukunft eine entsprechende Rolle einnehmen. Notwendige Infrastruktur-Anpassungen für IP-Telefonie können zusätzliches Einnahmepotenzial mit sich bringen. Spezielle Lösungskonzepte für Sonderfälle, wie Überwachungssysteme oder EC-Cash-Systeme, die aktuell noch auf ISDN basieren, bieten weiteres Geschäftspotenzial für Reseller.“
Händler, die sich schon heute mit technologischem und vertrieblichem Sachverstand zu profilieren wissen, sind nicht nur schneller als ein potenzieller Wettbewerber, sondern können auch ihre Stellung als Trusted-Advisor bei ihren Kunden weiter ausbauen, meint auch Jörg Nüsken von Ferrari Electronic. Und mehr noch: „Wer seinen Kunden pünktlich zum Ende von ISDN eine stabile und zukunftssichere ITK bereitgestellt hat, gewinnt Zeit, um weitere Marktentwicklungen zu evaluieren und nutzt die Vorteile der UC-Technologien – zum Beispiel Lync – bei gleichzeitigem Erhalt des bewährten TK-Systems“, so Nüsken. Endet 2018 dann die Ära des ISDN-Standards endgültig, sind diese Reseller gemeinsam mit ihren Endkunden dem Ruf der Telekom nach All-IP längst gefolgt.