40GbE und 100GbE über Kupfer und LWL

Abwärtskompatibilität ist Designziel

22. Juli 2009, 22:00 Uhr | Dr. Jörg Schröper

Dr. Edgar Bernardi ist Vorstand von Euromicron und langjähriger Branchenkenner. Im Gespräch mit der LANline nahm er zu Perspektiven von 40- und 100GbE Stellung.

LANline: In den vergangenen Tagen häufen sich die Meldungen über erfolgreiche Test und Pilotinstallationen - auch über beachtliche Strecken - von 40GbE und 100GbE. Sehen Sie bereits eine Marktrelevanz für diese Geschwindigkeiten?

Dr. Bernardi: Der 40GB- und 100GB-Bedarf rührt zunächst von dem stetig steigenden Bandbreitenbedarf im Datenverkehr her, der inzwischen durch viele Videoanwendungen getrieben wird. Deshalb beschäftigte sich die internationale Normungsgruppe IEEE zunächst in einer High Speed Study Group mit der Notwendigkeit und später in einer so genannten Task Force mit der Standardisierung des 40GbE- und 100GbE-Protokolls auf Basis des existierenden Ethernet-Protokolls. Die High Speed Study Group hat eine klare Empfehlung für die Notwendigkeit und Weiterverfolgung dieses Bandbreitenprotokolls herausgegeben. Die Task Force sieht in der Nahverkehrsanwendung innerhalb eines Rechenzentrums oder von Bürogebäuden im 40GbE-Bereich eine Kupferverkabelung noch als ausreichend an, während auf längere Distanz eine Glasfaserverbindung im Multimode - bei mittlerer Entfernung - oder Singlemode auf der Langstrecke für 100GbE unabdingbar sind.

LANline: Wird dies neue Impulse im LWL-Markt im Enterprise-Umfeld setzen?

Dr. Bernardi: Man kann sicher festhalten, dass der Markt diese Bandbreite schon heute fordert und künftig aufnehmen wird, sobald die Technik ausgereift ist. Es ist klar, dass bei solch hohen Bandbreiten - 100GbE bedeutet letztendlich echte Hochfrequenztechnik - die Kupferleitung wegen elektromagnetischer Effekte an ihre Grenzen stößt und nur noch die Lichtwellenleitertechnik solche Übertragungsgeschwindigkeiten verarbeiten kann.

LANline: Eines der Hauptargumente für den ständig wachsenden Bandbreitenbedarf sind also wachsende Datenmengen in den Unternehmen, aber auch die konvergenten Netze zum Endanwender. Wird es in den Unternehmen langfristig überhaupt noch Kupferlösungen geben können?

Dr. Bernardi: Wie bereits erwähnt: Der Bedarf an Breitband wächst - nicht nur seitens der Unternehmen, sondern auch von Seiten der Privathaushalte. Für Unternehmen gilt: Kupfer wird in der Inhouse-Versorgung sicher noch einige Zeit ausreichen, um die Bandbreiten selbst bis zu 40 GByte/s übertragen zu können, zumal die Standardendgeräte noch alle mit Kupferanschlusstechnik ausgestattet sind. Unter anderem deshalb ist es so wichtig, dass der 40GbE- und 100GbE-Standard auf dem 10GbE-Protokoll aufbaut und kompatibel ist, damit beim Hochrüsten auf 40GbE und 100GbE auch die alte Technik noch funktioniert. In der Standortvernetzung werden Kupferlösungen nicht mehr ausreichen, da dafür die Bandbreitenanforderung aufgrund der Bündelung zu hoch ist.

LANline: In aktuellen Diskussionen wird häufig der gute Umweltstatus von LWL angeführt, etwa die geringere Stromaufnahme der aktiven Komponenten oder ein geringerer Rohstoffverbrauch. Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation - besonders angesichts der Wirtschaftskrise?

Dr. Bernardi: Rein physikalisch und singulär betrachtet erzeugen Strom oder Nachrichtensignale durch Kupferleitungen Wärme wegen des elektrischen Widerstands, was bei LWL nicht der Fall ist. Dieser Widerstand steigt übrigens bei zunehmender Frequenz, sodass der Effekt bei höherer Bandbreite theoretisch noch zunimmt. Unter weltweiter Bilanz betrachtet dürfte dieser Effekt aber vernachlässigbar sein, da noch sehr viel Strom und Nachrichtensignale per Kupfer übertragen werden. An diesem Aspekt entscheidet sich also nicht die Frage, ob Kupfer oder LWL, es geht vielmehr allein um die Bandbreitenanforderung und um die Frage, für welche Anwendungen und Entfernungen man diese benötigt.

LANline: Spüren Sie in Ihrem Geschäft überhaupt eine Relevanz der Green-IT-Argumente?

Dr. Bernardi: Klima und Green IT rücken zunehmend in den Vordergrund bei Optimierungs- und Investitionsentscheidungen, aber eher wegen des positiven Nebeneffekts aus der generellen Forderung nach Energie- und damit Kostenersparnis denn als primärer Auslöser solcher Entscheidungen. In unserem Tagesgeschäft wird diese Thematik in vielen Diskussionen zwar anfangs angesprochen, rückt aber - mangels einer wirklich durchgreifenden Gesamtlösung - bei der endgültigen Entscheidung oft in den Hintergrund. Stromverbrauch und Entsorgung sind sicher immer ein Thema, aber schwierig in rationale Argumente zu fassen, um dann darauf eine weitreichende Investitionsentscheidung zu treffen.

LANline: Vielen Dank für das Gespräch.


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