RZ des Niedersächsischen Landtags in Hannover

Brandschutz für den Landtag

4. Dezember 2013, 7:00 Uhr | Katrin Strübe/jos, bei Wagner in Langenhagen tätig.

Unsichtbar für die Außenwelt laufen im unterirdisch gelegenen RZs des Niedersächsischen Landtags alle kommunikationstechnischen Fäden zusammen. Um das operative Geschäft der Landesregierung gewährleisten zu können, sind täglich Unmengen von Daten und Informationen zu verarbeiten und zu sichern. Eine effektive und unterbrechungsfrei verfügbare IT-Infrastruktur ist daher ein Muss.Als oberstes Verfassungsorgan des Landes Niedersachsen verabschiedet der Landtag die Landesgesetze, beschließt den Landeshaushalt und wählt den Ministerpräsidenten. Außerdem wirkt er an der Regierungsbildung mit und kontrolliert die Landesregierung. Im Leineschloss in Hannover kommen die Abgeordneten aus allen Teilen des Landes zu den Plenar-, Ausschuss- und Fraktionssitzungen zusammen. Neben den Büros der Mitarbeiter der einzelnen Fraktionen und der Landtagsverwaltung befinden sich im Landtagsgebäude auch der Plenarsaal, zahlreiche weitere Sitzungssäle, die Bibliothek und der Lesesaal des Niedersächsischen Landtags, ein für die Öffentlichkeit frei zugängliches Kunstforum sowie das Arbeitszimmer des Landtagspräsidenten, das geschichtsträchtig im ehemaligen Wintergarten von Königin Friederike von Hannover untergebracht ist.   Risiken im Brandfall Gerade in Rechenzentren ist durch die Vielzahl elektrischer Anlagen das Brandrisiko etwa durch einen Kabelbrand oder einen Kurzschluss besonders hoch. Laut einer VdS-Statistik aus dem Jahr 2008 entstehen bis zu 25 Prozent aller Brände durch Mängel an Betriebsmitteln, Leiteranschlüssen und -verbindungen, Überlast und Kurzschlussorganen sowie bei Kabelleitungen. Gleichzeitig bringen die Kunststoffe in Kabeln, Leiterplatten und Gehäusen eine hohe Brandlast mit sich. Bereits geringe Mengen Rauchgas können die empfindlichen IT-Komponenten schädigen und für einen Teil oder Komplettausfall des Rechenzentrums sorgen. Im schlimmsten Fall kann aus einem Brand der Verlust wichtiger, unwiederbringlicher Daten resultieren. Im Niedersächsischen Landtag würde ein Ausfall der IT erhebliche Störungen in den internen und externen Abläufen verursachen oder Teile der Verwaltungs- und Fraktionsgeschäfte sogar vollständig lahmlegen. Bei der Einrichtung des neuen Rechenzentrums im Jahr 2011 war daher ein umfassendes Brandschutzkonzept gefordert, um die Sicherheit und Verfügbarkeit der IT zu gewährleisten.   Klar formuliertes Schutzziel Das Schutzziel für das Rechenzentrum des Niedersächsischen Landtags umfasst zwei wesentliche Kriterien: Zum einen musste die Verfügbarkeit der IT auch im Brandfall unbedingt erhalten bleiben - ein Stromlosschalten der IT während eines eventuell notwendigen Löschvorgangs galt es somit ausdrücklich zu vermeiden -, zum anderen sollten die Räume weiterhin für das Personal begehbar bleiben. Zudem herrscht in dem unterirdischen RZ eine verhältnismäßig hohe Wertekonzentration vor, sodass ein möglicher Brand hohe finanzielle Schäden an der Investition verursachen könnte. Da bereits geringe Mengen Rauchgas die empfindlichen IT-Komponenten schädigen können, setzt das Brandschutzkonzept auf aktive Brandvermeidung anstelle einer herkömmlichen Löschanlage. Das Herzstück des technischen Brandschutzes bildet das aktive Brandvermeidungssystem Oxyreduct in Kombination mit einer N2-Schnellabsenkung und einem Titanus-Brandfrüherkennungssystem zur Branddetektion. Beide kommen vom deutschen Hersteller Wagner. Eine Sauerstoffreduktion schafft in dem Rechenzentrum eine brandhemmende Atmosphäre, die im Fall einer Branddetektion mittels N2-Schnellabsenkung weiter reduziert wird. Ein Feuer lässt sich so bereits in seiner Entstehungsphase erkennen und ersticken. Damit ein Feuer entstehen kann, ist ein ausreichendes Vorhandensein von Wärme, Sauerstoff und Brennstoff notwendig. Zur Reduzierung der Brandgefahr ist es lediglich nötig, einen dieser drei Faktoren zu reduzieren. Das Oxyreduct-System setzt auf das Prinzip der Sauerstoffreduzierung. Mittels kontrollierter Stickstoffzufuhr wird der Sauerstoff verdrängt und seine Konzentration in dem zu schützenden Bereich von üblichen 20,9 Volumenprozent auf 17 Volumenprozent abgesenkt. Stickstoff und Sauerstoff sind natürliche Bestandteile der Atmosphäre und allein die Veränderung ihrer Anteile reduziert das Brandrisiko erheblich. Durch den verringerten Sauerstoffgehalt ist einem möglichen Brand die "Luft zum Atmen" entzogen, und in dem Rechenzentrum entsteht so eine Atmosphäre mit verminderter Brandgefahr. Die Räume bleiben dabei weiterhin für autorisiertes Personal begehbar. Der für die Sauerstoffreduzierung notwendige Stickstoff wird mittels Membran-Technik direkt vor Ort aus der Umgebungsluft gewonnen. Für die Festlegung des optimalen Sauerstoffgehalts in einem Schutzbereich sind die individuellen Entzündungsgrenzen der unterschiedlichen Materialien und Stoffe entscheidend. In einem Rechenzentrum mit einer reduzierten Atmosphäre mit 17 Volumenprozent Sauerstoff ist das Brandrisiko bereits deutlich verringert. Bei dieser Betriebskonzentration bleiben die Räume - wie im Rechenzentrum des Landtags gefordert - für das Personal begehbar. Um die Bereiche absolut zuverlässig zu schützen, haben die Betreiber das Brandvermeidungssystem durch ein hochsensibles Titanus-Ansaugrauchmeldesystem zur Brandfrüherkennung ergänzt, das sowohl direkt im IT-Zentrum als auch in den Verteilerräumen und den Kabelschächten installiert ist. Das System kontrolliert kontinuierlich die Raumluft in den Schutzbereichen und detektiert Brände sehr sicher bereits in der Pyrolysephase, also wenn der Brand in seiner frühen Entstehung für konventionelle Rauchmelder noch nicht erkennbar ist. Zwei Gramm stoffliche Umsetzung innerhalb von 180 Sekunden, etwa die Verbrennung von beispielsweise zwei Gramm Kunststoffummantelung eines Kabels, reichen bereits aus. Das im Niedersächsischen Landtag eingesetzte Brandschutzkonzept sieht eine Schnellabsenkung vor, sodass im Fall einer Detektion durch Brandfrüherkennungssystem der Sauerstoffgehalt im Rechenzentrum durch Einleitung zusätzlichen Stickstoffs aus Flaschen innerhalb weniger Minuten weiter bis auf 13,6 Volumenprozent reduziert wird. Diese stark reduzierte Atmosphäre unterdrückt einen entstehenden Brand zuverlässig. Zugleich ist der Zugang zu den Räumen weiterhin möglich, sodass die Suche nach der Brandursache beginnen kann. Die IT bleibt auch während der Schnellabsenkung weiterhin verfügbar. Ein Stromlosschalten - wie bei anderen Brandschutzsystemen üblich - ist nicht notwendig. Nach der Schnellabsenkung lässt sich die stark reduzierte Sauerstoffkonzentration beliebig lange halten. Den dafür notwenigen Stickstoff liefert die Oxyreduct-Anlage. Die Vernetzung der Brandmelderzentrale mit dem Gefahren-Management-System Visulan bringt alle Informationen des Brandschutzsystems auf einer gemeinsamen Benutzeroberfläche zusammen. Im Alarmfall erhält der zuständige Wachdienst klare Angaben zum Vorfall, sowohl als Alarmtext als auch visualisiert auf dem Grundrissplan des Landtagsgebäudes. Im Notfall ist so ein schnelles und situationsgerechtes Handeln gewährleistet, ohne wertvolle Zeit zu verlieren.

Das ganzheitliche Brandschutzkonzept vervollständigt das Gefahren-Management-System Visulan.

Das Leineschloss in Hannover ist Sitz des Niedersächsischen Landtags. Der Plenarsaal des Landtags dient regelmäßig für verschiedenste Sitzungen.

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