Einen Tag ohne Emails - zumindest in der internen Kommunikation - sehen einige US-Unternehmen inzwischen als die einzige Lösung an, um der kaum noch zu bewältigenden Email-Flut begegnen zu können. Sie führen deshalb Email-freie Tage ein. Auch bei Intel läuft derzeit ein derartiger Pilotversuch.
Intel hat einen "Zero-E-Mail-Friday" bei über 150 Ingenieuren gestartet. Dabei sind Emails nicht grundsätzlich verboten, insbesondere muss die externe Kommunikation mit Kunden und Partnern aufrechterhalten werden. Intern allerdings soll der gesamte Freitag weitgehend Email-frei sein. Man wünscht sich mehr direkte Kommunikation. "Zwei Ingenieure, die nur einen Schreibtisch voneinander entfernt sitzen, schreiben sich eher eine E-Mail, als dass sie aufstehen und miteinander reden", gibt Intel-Chef Paul Otellini als Hintergrund für diesen Pilot-Versuch an. Und so ermuntert Intel die Versuchsteilnehmer, am Freitag zum Telefon zu greifen und den Kollegen anzurufen oder zehn Schritte ins nächste Büro zu laufen, statt sofort zu schreiben.
Dies soll auch helfen, persönliche Beziehungen aufzubauen. "Ziel ist eine direkte und frei fließende Kommunikation sowie ein besserer Ideenaustausch", erklärt Intels Ingenieurs-Chef Nathan Zeldes.
Mit der E-Mail-Flut hat nicht nur Intel zu kämpfen. Laut IDC werden täglich in den USA 39,7 Milliarden persönliche Emails verschickt, hinzu kommen 17,1 Milliarden automatische Alerts und 40,5 Milliarden Spams. "E-Mails können zwar ein nützliches Kommunikations-Tool sein, doch sie geraten als Medium sehr schnell aus den Fugen", warnt IDCs Technologie-Analyst Mark Levitt. Nach Schätzungen von Marsha Egan, Coach für Führungskräfte, bekommen Büroangestellte durchschnittlich 140 E-Mails täglich. Viel davon sind unnötig.
Deshalb ist Intel nicht das einzige Unternehmen, das künftig auf E-Mail-freie Tage setzt. Der Mobilfunk-Betreiber Cellular sowie PBD Worldwide Fulfillment Services und Deloitte & Touche arbeiten schon regelmäßig mit dieser neuen Form des "Casual Friday". Jay Ellison, Chef von Cellular schätzt, dass seine Angestellten vor der Umstellung etwa 1,5 Stunden täglich nur mit ihrem Posteingang zugebracht haben. Jetzt bleibt ihnen mehr Zeit für die Kunden. Bei PBD senden die Angestellten laut Chef Scott Dockter nun etwa 75 Prozent weniger Emails. "Ich konnte nicht glauben, dass manche Angestellten noch nie miteinander gesprochen haben, obwohl sie in derselben Abteilung arbeiten", erklärt Dockter die Maßnahme. "In unserem Unternehmen gab es E-Mail-Konversationen mit 20 unterschiedlichen Betreffzeilen zwischen sieben Personen, es wurde einfach lächerlich", bestätigt Greg Dockter, Senior Vizepräsident Sales und Marketing.
Doch nicht alle sind von der Idee begeistert. "Wenn man manchen E-Mail-Junkies ihr Spielzeug wegnehmen will, brechen sie in Panik aus", warnt Nancy Flynn, Direktorin der Consulting-Firma Epolicy Institute. So lösten die E-Mail-freien Tage teilweise richtige Protest-Aktionen aus. "E-Mail ist zu unserem rechten Arm geworden, und jetzt will man ihn uns abschneiden", wehrte sich Stacey Villarrubia aus der Gehaltsabrechnungs-Abteilung bei PBD.
Marsha Egan sieht die E-Mail-freien Tage jedenfalls als guten Weg an und hat noch ein paar Tipps parat, wie man die Kontrolle über den elektronischen Posteingang behalten kann: Niemals E-Mails verwenden, um unangenehme Aufgaben zu vermeiden. Nicht ständig nach neuen Nachrichten schauen. Und zuerst die wichtigen Nachrichten beantworten, auch wenn deren Bearbeitung umfangreicher und schwieriger ist.
LANline/Katharina Guderian/pk/wj