Während einer einwöchigen Tour durch Silicon Valley hatte LANline Gelegenheit, die Firmenzentralen einiger technologischer Vorreiter aus den Bereichen Storage, Cloud-Storage und Cloud-Management zu besuchen. Aus den Gesprächen mit dem Top-Management konnten wir eine Reihe spannender Trends ermitteln.
Coraid hat eine einfache Mission: Kosten und Komplexität aus Speichernetzen nehmen. Das Mittel dazu: „Nacktes“ Ethernet, beziehungsweise AoE (ATA-over-Ethernet). Coraid verzeichnet damit sehr gute Verkaufserfolge – allerdings bislang nur im Rahmen eines eher provisorisch aufgesetzten Garagenvertriebs. Mit optimierter Technik auf Basis von 10 GbE, frischem Investorengeld und damit verbunden neuem Management-Team soll das Konzept nun weltweit in Speichernetzen Einzug halten.
Wenn es um Speichernetze geht, kommen normalerweise neben FC als traditioneller Technik der Wahl nur FCoE und iSCSI zur Sprache. Beide buhlen als Konvergenztechniken um die Gunst der Anwender – getrennte Speicher- und Netzwerksilos sollen der Vergangenheit angehören. Beide können aber bislang nur eher bescheidene Erfolge verbuchen – der starken FC-Gemeinde gilt FCoE als zu aufwändig und iSCSI als zu leistungsschwach. Ungeachtet dessen, ob diese Bewertungen heute noch so ihre Berechtigung haben, tritt nun mit Layer-2-Ethernet ein Urgestein der Kommunikationstechnik an, um in neuem Gewand als womöglich lachender Dritter den Kampf für sich zu entscheiden.
Coraid ist 2004 in den Linux-Markt gestartet, das Betriebssystem unterstützte damals als ersters AoE (seit 2005 fest im Kernel verankert). Heute gibt es AoE-Treiber für Windows und die meisten anderen Betriebssysteme. Schon ohne professionelle Vertriebs- und Marketing-Mannschaft konnte das Unternehmen rund 1.400 Kunden in 40 Ländern gewinnen, darunter viele Universitäten, die NASA, Ford, Sony, Rutgers, und EADS, um nur einige populäre Namen zu nennen. Auch beim US-Verteidigungsministerium fand die Technikschmiede ein offenes Ohr: „Bei ihrem letzten Storage-Anbieter hat man dort elf Millionen Dollar für ein PByte Speicher bezahlt“, so Kevin Brown, CEO bei Coraid. „Wir haben ihnen zwei PByte für nur eine Million Dollar geliefert.“
Der Kostenfaktor ist eines der Hauptargumente, die Coraid ins Feld führt. „Das Thema Storage beansprucht heute durchschnittlich 40 Prozent des IT-Budgets“, so Brown. „Das ist bei weitem zuviel. Früher waren es nur 15 bis 20 Prozent – und da wollen wir auch wieder hin.“ Brown verweist auf eine auffällige Unstimmigkeit zwischen den Preisen für rohe Festplatten und den Kosten, die Mainstream-Storage-Anbieter für ihre Systeme verlangen. „Die Großen im Markt agieren vergleichbar einem Kartell, das die Preise nahezu nach Belieben künstlich hochhält – hier werden wir den Hebel ansetzen“. Im Vergleich zu FC-Systemen sollen die Kosten für Coraid-Ethernet-Speicher typischerweise bei einem Fünftel liegen – bei deutlich höherem Durchsatz. Bei den High-Density-Ethernet-SAN-Arrays der Etherdrive-SRX-Serie, die Coraid für Cloud- und große Unternehmensumgebungen positioniert, beginnen die Preise bei rund 600 Dollar pro TByte.
In Sachen Performance ist AoE auf 10GbE-Basis den FC-Lösungen überlegen, denn das Protokoll schluckt praktisch keine Bandbreite. Zur „Bare Metal Performance” kommen einfache Einrichtung und einfacher Betrieb: Alle komplizierten Technologien und Architekturen wie Multipathing sind eliminiert. Die Skalierung läuft linear, ein Flaschenhals durch Controller existiert nicht. „Traditionelles SAN passt sehr schlecht zu Cloud und Virtualisierung“, erklärt Brantley Coile, Chief Technology Officer und Mitgründer von Coraid. „Die Fragmentierung der Mainframes in eine granulare x86-Architektur mit VMware und Co hat die Herausforderungen vollständig umgekrempelt. Mit dynamischen, virtuellen Lasten haben die ursprünglich für klassische Mainframes konzipierten FC-Systeme so ihre Probleme – ganz unabhängig von den immensen Anschaffungs- und Administrationskosten“.
Der Erfinder der SPI-Firewall (PIX Firewall-Appliance, 1994 bei der von ihm mitgegründeten Firma Network Translation herausgebracht) weiter: „Server werden bei uns direkt über Ethernet mit Speicher verbunden – die Links sind massiv parallel und damit jederzeit einfach an den Bedarf anzupassen“. Besondere Netzwerk-Switches sind für Coraid-Lösungen nicht erforderlich: „Es können alle Standard-Ethernet-Switches zum Einsatz kommen, sofern sie Jumbo-Frames unterstützen“.
Der Vertrieb der Coraid-Produkte erfolgt ausschließlich über indirekte Kanäle. Coraid setzt hier auf Partner, die bei den Mainstream-Anbietern außen vor blieben. „ Sie haben mit uns eine sehr gute Chance, sich wieder in den Markt zurück zu katapultieren“, ist Brown überzeugt. Seine Kanäle will Coraid in den nächsten zwölf Monaten stark ausbauen – besonders auch in EMEA, wo das Unternehmen bereits heute 40 Prozent seiner Umsätze generiert. Deutscher Partner ist die Basis GmbH.
Zum aktuellen Portfolio gehören neben den SAN-Arrays der Etherdrive-SRX-Serie unter anderem eine Virtualisierungs- und eine Management-Appliance (zentrales Management), sowie eigene GbE- und 10GbE-HBAs, die für Plain Ethernet (ohne TCP/IP und anderen Ballast) optimiert sind.