Kommentar: Unfreundliche Telearbeiter

Das Smartphone ist schuld

7. Juni 2013, 10:18 Uhr | Mathias Hein, freier Consultant in Neuburg an der Donau
Mathias Hein, Consultant

Dank moderner Kommunikationsmittel arbeiten immer mehr Menschen vom heimischen Schreibtisch aus. Firmen bekommen so motivierte Mitarbeiter und senken nebenbei ihre Kosten. Die Kehrseite der Medaille besteht jedoch darin, dass der Mitarbeiter jederzeit und überall erreichbar ist. Dies hat Auswirkungen: Die Mobilität soll für den Anstieg der alltäglichen Unfreundlichkeiten und der schlechten Manieren der Mitarbeiter verantwortlich sein.

"Bring Your Own Device" (BYOD) und „Telearbeit“ heißen die IT-Konzepte der Stunde. Die Unternehmen subventionieren den Kauf privater Geräte und die Arbeitnehmer setzen diese im Beruf ein. Ein Viertel (25 Prozent) der Besitzer von Tablets sollen diese Geräte bereits im Arbeitsalltag nutzen. Noch deutlicher der Trend bei Handys: Einer Umfrage von Aris zufolge nutzt jeder dritte Arbeitnehmer sein Privathandy auch beruflich - denn nur jeder zwölfte Berufstätige verfügt über ein Diensthandy.

In Kombination mit Telearbeitsplätzen beziehungsweise alternierender Telearbeit - also die Kombination aus Büro- und Heimarbeitsplatz - verschaffen sich die Mitarbeiter mehr Zeitsouveränität, sind motivierter und arbeiten effizienter. Lange zierten sich sowohl Unternehmen als auch Mitarbeiter beim Thema Telearbeit. Allein das Wort schürte Ressentiments. Es klang nach Heimarbeit. Das Statistische Bundesamt zählte im Jahr 2004 bereits 5,1 Millionen Beschäftigte, die entweder ganz oder teilweise ihre Arbeitszeit im heimischen Büro verbringen. Inzwischen sind 17 Prozent aller 39,6 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland Telearbeiter. Die Kombination dieser Trends wird als so genannte mobile Telearbeit bezeichnet: Die Mitarbeiter arbeiten, wo es gerade passt, ob zu Hause, auf Dienstreise oder im Unternehmen. Damit wird jetzt Wirklichkeit, was die Forscher schon vor über zehn Jahren prognostizierten, denn wir erleben einen kompletten Wandel der Arbeitsformen. Den Arbeitsplatz herkömmlicher Art gibt es immer weniger. Reisen wird immer wichtiger, das mobile Gerät ersetzt die ganze Büroorganisation. Ein Schreibtisch im Büro wird von 365 Tagen im Jahr nur an rund 170 Tagen genutzt - eine Ressourcenverschwendung ohnegleichen.

E-Mails, SMS und immer schlauere Handys: Die Errungenschaften des Technologiezeitalters sind für viele Menschen Segen und Fluch zugleich. Für viele Angestellte sind diese Werkzeuge längst kein willkommenes Kommunikationswerkzeug mehr, sondern eine ständige Belastung. Einerseits sind Einkäufe oder Verwaltungsangelegenheiten nicht länger an Öffnungszeiten gebunden, andererseits ist man auch selbst rund um die Uhr erreichbar. Durch die vielen Krisen in den vergangenen Jahren ist in vielen Branchen unglaublicher Druck entstanden. Die Mitarbeiter stehen in zahlreichen Firmen unter Dauerstress. Dies führt zu einer extremen Arbeitsverdichtung. Die Menschen haben das Gefühl, sie müssen schnell arbeiten, viel arbeiten, es ist nie genug und jeder muss noch besser sein. Die Menschen haben eine große Affinität, sich selbst auszubeuten. Sie sind fleißig und akkurat. Das hat natürlich auch viele Mittelständler zum Marktführer gemacht. Durch die offenen Märkte gibt es einfach keinen natürlichen Feierabend mehr, die Menschen könnten rund um die Uhr arbeiten. Deshalb fällt es so schwer zu wissen, wann es genug ist.

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+

  1. Das Smartphone ist schuld
  2. Folgen der "Dauererreichbarkeit"

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Server, Datacenter

Matchmaker+