Die Ankündigung einer Architektur für das „Third Network“ durch das Metro Ethernet Forum im September hat Wellen geschlagen. Schließlich hat die Standardisierungsorganisation für Carrier-Ethernet nicht weniger vor, als ein weltweites Netz zu schaffen, das flexible, zugesicherte und orchestrierte Services on-demand und weltweit zur Verfügung stellt. Die Vision ist die Verknüpfung der Universalität eines Internet mit den Charakteristika eines professionellen Netzwerks.
Die Idee ist zu reizvoll, als dass sie sich problemlos umsetzen lassen könnte. Wie bei allen großen Entwürfen gilt es, sich zwischen allen Beteiligten zunächst über Grundlagen zu einigen. Tatsächlich haben aber Service-Provider, Carrier, Ausrüs-tungshersteller, Gremien und nicht zuletzt Kunden unterschiedliche Sichtweisen und Prioritäten.
Im Rahmen des „SDN Weltkongresses“ in Düsseldorf diskutierten führenden Vertreter der Branche über Architekturen und Wege zur Erreichung der großgesteckten Ziele, darunter Nan Chen, Präsident des MEF, James Walker, Präsident des Cloud Ethernet Forums sowie Experten von Ausrüstungsherstellern und Service-Providern.
Nan Chen eröffnete die Diskussion mit der Vorstellung der MEF Vision: „Gibt es einen neuen Typ von Netzwerkservices, der das Beste beider Welten kombiniert, mit der Flexibilität und Universalität des Internet und einer Service-Zusicherung wie bei Carrier-Ethernet? Wir glauben ja. Um dies zu verwirklichen, ist Service-Orchestrierung eine Schlüsselvoraussetzung. Beim MEF nennen wir das Lifecycle-Service-Orchestration. Das definiert den gesamten Lebenszyklus von Services von der Bereitstellung über die Kontrolle, der Performance, der Garantie und der Realisierung über Analysen bis hin zur Security.“
Warum aber ist die Orchestrierung so wichtig? Nan Chen erklärt: „Durch das Lifecycle-Management wollen wir sicherstellen, dass die Services und Funktionen klar definiert sind. Gegenwärtig müssen Service-Provider ihre eigene kundenspezifische Orchestrierung entwickeln. Das Third-Network versetzt sie in die Lage, nicht nur vertikal mit ihren Infrastrukturen zu kommunizieren, sondern auch vertikal und horizontal mit anderen Service-Providern.“
Schlüsselfaktor Orchestrierung
Aber was bedeutet das konkret für die Service-Provider? Andrew McFadzen, Head of Global Marketing, Network Services, Orange Business Services, beschreibt das Thema aus Sicht eines Providers: „Für mich geht es hierbei um Netzwerkmanagement. Es geht darum, Dinge zu automatisieren, die wir heute weitgehend manuell abarbeiten. Was wollen wir also damit erreichen? Und wie steht es um die notwendige Flexibilität? Wir müssen schneller werden und das Handling vereinfachen, also automatisieren. Als Service-Provider sehen wir Orchestrierung in erster Linie als Möglichkeit der Automation, um manuelle Eingriffe so weit wie möglich zu eliminieren.“
Chris Purdy, der Chief Technology Officer von CENX, einem Unternehmen, das sich auf Werkzeuge für die Service-Orchestrierung spezialisiert hat, führt das Thema weiter aus: „Ich habe eine sehr konkrete Vorstellung davon, wie Service-Orchestrierung im Vergleich zu OSS aussehen sollte. Heutige Operation-Support-Systeme bei fast allen Service-Providern sind vertikale Funktionsstacks und sie stellen die Funktionalität über alle Services und alle Netzwerktechnologie hinweg zur Verfügung. Aus diesem Grunde muss jedes OSS alles über jede Netzwerk-Domain wissen. Service-Orchestrierung muss pro Service oder Domain erfolgen. Deshalb müssen wir damit beginnen, die Services selbst zu definieren.“
Ein Beispiel zeigt, was Purdy damit meint: „Ein Ethernet-Service ist zum Beispiel eine wohldefinierte Entität. Bei der Service-Orchestrierung geht es nun darum, den Service zunächst komplett abstrakt zu definieren, unabhängig von der zugrundeliegenden Technologie. Die Orchestrierung übernimmt dann die Aufgabe zu entscheiden, welche Operationen im Lifecycle dieses Services vorgenommen werden müssen und sicherzustellen, dass alle REST-APIs zur Verfügung stehen und so weiter. Es geht also darum, alle notwendigen Workflows zu ermöglichen sowie die Analysen bereitzustellen, um den Lifecycle durchgängig abzusichern.“