Green IT für RZs und das Gebäude-Management

Der Weg zur grünen Gemeinschaft

8. Januar 2010, 9:18 Uhr | Sarah Meixner/wg

Rund 50.000 Rechenzentren gibt es in Deutschland. Jahr für Jahr steigt deren Leistung - und damit auch ihr Stromverbrauch. Einen noch größeren Energiehunger aber haben Gebäude. Sie verzehren rund 40 Prozent der globalen Energieproduktion und sind dabei besonders ineffizient. Für die Betreiber gilt es, die Verbrauchskosten langfristig zu senken - auch im Hinblick auf den globalen Klimaschutz. Dies erfordert in aller Regel Investitionen in eine bessere Technik.

10,1 TWh – so viel Strom beanspruchten Server und Rechenzentren in Deutschland im Jahr 2008, wie
das Borderstep-Institut im Auftrag des Branchenverbandes Bitkom berechnete. Dies entspricht 1,8
Prozent des gesamten Stromverbrauchs der Bundesrepublik. Die damit verbundenen Kosten beliefen sich
auf rund 1,1 Milliarden Euro. Zusätzlich prognostizieren die Experten bis 2013 einen Anstieg des
Energieverbrauchs um knapp 50 Prozent, sollten Unternehmen ihre Server weiter betreiben wie bisher.
Mithilfe moderner und nachhaltiger IT-Lösungen – auch bekannt als Green IT – ließe sich hingegen
der Energiebedarf deutscher Rechenzentren um knapp 40 Prozent senken – und dies trotz
kontinuierlich steigender Rechen- und Speicherleistung.

Das Besondere an "grüner" Technik wie High-Tech-Server, Virtualisierung und moderne
Site-Infrastrukturen ist, dass sie helfen, das Wachstum der Rechenleistung von dem der
Umweltbelastungen zu entkoppeln. Ein grünes Kernelement, um den Energiehunger der IT zu begrenzen,
sind energieeffiziente Hardwaresysteme. Neue Server-Generationen mit Quad-Core- bis zu
Hex-Core-Prozessoren erhöhen die Leistungsausbeute um den Faktor drei bis fünf.

Leistungsstarke, energiesparende Systeme senken die Zahl erforderlicher Server. Dies wiederum
minimiert die benötigte Energie sowohl beim Betrieb der IT-Komponenten als auch bei der zugehörigen
Infrastruktur. Denn jedes Kilowatt Strom, das Server und Netzteile verbrauchen und in Wärme
umwandeln, muss die Klimaanlage teuer und energieintensiv wieder abtransportieren. Weitere
Maßnahmen wie automatische CPU-Abschaltung und Standby-Betrieb vergrößern die Einspareffekte.

RZ-Modernisierung

Energie sparen und nachhaltig arbeiten – diesen Ansatz verfolgt zum Beispiel auch Siemens
schon lange. Weltweit betreibt der Konzern etwa 50.000 Server, rund die Hälfte davon in
Deutschland. In den kommenden Jahren sollen diese Rechenzentren konsequent grün ausgerichtet und
tiefgreifend modernisiert werden. Dazu konsolidierte Siemens IT Solutions and Services in den
vergangenen Jahren bereits die Anzahl der deutschen Rechenzentren von 70 auf 30 und tauschte alte
Hardware sowie Geräte der Gebäudetechnik gegen energieeffiziente Neuanschaffungen aus. "Mit diesen
Maßnahmen konnten wir den Energieverbrauch unserer deutschen Rechenzentren um den Faktor fünf
senken", so Peter Arbitter, Chief Technology Officer bei dem IT-Dienstleister.

Um den verfügbaren Platz im RZ besser zu nutzen, sind High-Density-Racks stark im Kommen. Sie
ermöglichen es, Hardware effektiver anzuordnen und erlauben dadurch eine höhere Packungsdichte der
Server. In Finnland besteht das RZ des Unternehmens bereits zu zwei Dritteln aus solchen
Hochleistungs-Racks. In Deutschland ist Fürth Vorreiter bei der Einführung von High-Density-Zonen.
Darüber hinaus setzen die Experten auf Virtualisierung: "Grundsätzlich planen wir, künftig 60 bis
80 Prozent unserer Rechnerlandschaft zu virtualisieren", so Arbitter. "Einerseits möchten wir damit
physische Rechner einsparen. Andererseits arbeiten wir an einer Möglichkeit, virtualisierte Rechner
zu betriebsarmen Zeiten abzuschalten und damit Ressourcen für andere Anwendungen freizugeben."

Freiluft für Klimatisierung

Was eine wirtschaftliche und ressourcenschonende Kühlung der Rechenzentren betrifft, so wird
die Mehrzahl der RZs künftig Freiluft zum Klimatisieren nutzen. An einigen Standorten wie
beispielsweise in München kühlt das Data Center die Systeme sogar mit Grundwasser. Hier ist der
Effekt noch größer, da Wasser ein besserer Wärmeleiter ist. In Österreich wird zudem im Rahmen
eines Innovationsprojekts an einer CO2-Kühlung gearbeitet. Das dort eingesetzte Kohlendioxid führt
noch mehr Wärme ab und strömt wie Wasser in einem geschlossenen Kreislauf.

Eine wichtige Messzahl für die RZ-Effizienz ist der PUE-Quotient (Power Usage Effectiveness).
Er beschreibt das Verhältnis zwischen eingesetzter Energie zu tatsächlich erbrachter
Rechenleistung. Der theoretische Wert eins würde bedeuten, dass es keine Verluste durch die
Peripherie gibt. Die PUE-Werte der Siemens-Rechenzentren in Deutschland sind heute um gut ein
Drittel niedriger als der weltweite Durchschnitt, der bei zwei liegt.

IT-basiertes Gebäude-Management

Mit der Gebäudetechnik lässt sich der Energiekonsum ebenfalls beachtlich reduzieren. Auch
wenn IT-Systeme heute effizienter als noch vor zwei bis drei Jahren gekühlt werden, erfordert das
Absenken der Temperatur doppelt soviel Energie wie das Erwärmen. Moderne Klimatechnik, die
beispielsweise Frischluft und Wärmerückgewinnung nutzt, reduziert deshalb die für die
Site-Infrastruktur notwendige Energie deutlich – besonders, wenn sie durch bauliche Maßnahmen
unterstützt wird.

Ein Beispiel dafür ist das neue Siemens-Data-Center in Peking. 2008 nahm Siemens IT Solutions
and Services das hochmoderne RZ, das ökologischen Industriestandards vorgreift, in Betrieb. Beim
Ausbau der 490-Quadratmeter-Anlage setzten die Experten auf Green IT sowie ein ausgereiftes
Energie- und Ressourcen-Management. Die Hardware beispielsweise entspricht ausnahmslos der
Energy-Star-Richtlinie sowie den EU-Verordnungen zur Reduktion und Entsorgung von Elektronikschrott
WEEE und zur Beschränkung gefährlicher Stoffe in der Elektronik RoHS.

Aufteilung in Klimazonen

Moderne Isolier- und Dämmtechnik sowie intelligente Lüftungs- und Kühlsysteme reduzieren den
Energieverbrauch des gesamten Gebäudes. Zudem ist das Data Center in verschiedene Klimazonen
aufgeteilt: Leitzentrale und Kommunikationsräume werden weniger gekühlt als Batterien und Teile der
Energieversorgung. Auch strahlt die energiesparende Beleuchtung kaum Wärme ab. Die neu designten
Racks sind geschlossen und lassen sich dadurch gezielter kühlen. Durch den Einsatz von
Blade–Servern liegt die Packungsdichte der Rechner um ein Fünftel höher als in herkömmlichen
Rechnerschränken. High-Performance-Rechner verschlanken die Serverlandschaft zusätzlich. Der
IT-Dienstleister konsolidierte zudem sämtliche Applikationen in Form virtueller Maschinen. Dadurch
entkoppelte das Unternehmen die Rechnerleistung von der Infrastruktur, was die Flexibilität
deutlich erhöht. Intelligentes Anwendungs-Management lastet die Maschinen gleichmäßig aus.
Insgesamt benötigt das neue Rechenzentrum nun pro Server rund 37 Prozent weniger Leistung. Damit
spart Siemens China über das Jahr gerechnet rund 600 MWh Strom.

Einspargarantie für Energie

Alte Heizanlagen, Billigbauweise und veraltete Vergaberichtlinien verheizen im wahrsten Sinne
des Wortes rund 20 bis 30 Prozent der Energie, die eine Stadt heute einkauft. "Innovative
Energiesparmaßnahmen sind das Gebot der Stunde", so Michael Rapp, Vice President Sales und
Marketing für den öffentlichen Sektor bei Siemens. "Mittels Energiespar-Contracting ist in
öffentlichen Gebäuden ein energieeffizienter Betrieb möglich, der die Belastung für die Menschen in
urbanen Ballungsräumen nachweislich reduziert und nachhaltig die Kosten senkt."

Kern des Energiespar-Contractings ist die vertraglich zugesicherte Einsparquote, die den
Nutzen für Finanzlage und Umwelt von vornherein klarstellt. Als Richtwert geht die aktuelle
McKinsey-Studie "Kosten und Potenziale der Vermeidung von Treibhausgasemissionen in Deutschland"
von einem Einsparpotenzial von bis zu 30 Prozent aus. Ullrich Brickmann, Head Marketing Energy and
Environmental Solution bei Siemens Building Technologies erklärt: "Erreichen lassen sich die
Einsparungen aber nur, wenn Gebäude mit einem ganzheitlichen Technologie- und Serviceansatz
optimiert werden. Die Schlüssel dazu sind das intelligente Energie-Management und
systemübergreifende Gebäudeautomationssysteme."

So muss beispielsweise in menschenleeren Büros oder Betriebsräumen kein Licht brennen, und
tagelang nicht genutzte Räume sollten nicht auf Kuscheltemperatur geheizt sein.

Während das Energiespar-Contracting über einen längeren Zeitraum von beispielsweise zehn oder
mehr Jahren die Energieeinsparungen nachhaltig absichert, sorgen PPP-Modelle (Public-Private
Partnership) für die nötige Anschubfinanzierung.

Sarah Meixner ist freie Fachjournalistin in München.


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