Windows 7: neue Features

Ein anderer Blick auf Dateien

22. November 2010, 7:00 Uhr | Frank-Michael Schlede

Die Änderungen und Neuerungen unter Windows 7 reichen von so auffälligen Features wie der Aero-Oberfläche bis hin zu tief im System verborgenen Überarbeitungen des Netzwerk-Stacks. Dabei fallen die so genannten Bibliotheken, die nun im Windows-Explorer zur Verfügung stehen, zunächst nicht besonders auf, obwohl sich hinter ihnen ein interessantes Konzept verbirgt.

Ganz gleich, ob die ersten Erfahrungen mit einem Windows- oder gar einem Unix/Linux-System
gemacht wurden, sind doch jedem Anwender die grundlegenden Konzepte bei der Abspeicherung von Daten
auf Speichermedien bekannt: Dazu gehört der Einsatz von Dateien, Verzeichnissen und auf
Windows-Systemen auch die Verwendung von Laufwerksbuchstaben. Vielen wird es jedoch auf Anhieb
nicht bewusst sein, dass ihnen im Windows-Explorer auch Verzeichnisse angezeigt werden, die nicht
unbedingt eine direkte Entsprechung auf der Festplatte haben, sondern nur als virtuelle oder
spezielle Verzeichnisse (Special Shell Folder) existieren. Mit den Bibliotheken, die mit Windows 7
eingeführt wurden, hat Microsoft dieses Konzept nun noch erweitert und verbessert.

Besondere Verzeichnisse auf Windows-Systemen

Seit Windows 95 unterstützen die Microsoft-Betriebssysteme die "Special Folder", wobei die
Fähigkeiten dieser Verzeichnisse mit jedem Release der Windows-Software weiter wuchsen. Ein
wichtiger Grund für die Einführung bestand sicher darin, die Anwender so wenig wie nur eben möglich
mit absoluten Pfaden im Dateisystem arbeiten zu lassen. Zu diesen speziellen Shell-Ordnern gehören
unter anderem solch bekannte Verzeichnisse wie "Eigene Bilder".

Auch unter Windows 7 existieren diese speziellen Dateien weiterhin. Allerdings sind sie dort als
gewöhnliche Ordner des jeweiligen Anwenders implementiert, die dieser in der Regel unter dem Pfad
C:\Benutzer\Benutzername finden kann. Ein Aufruf des altbekannten Kommandozeilen-Befehls "dir" im
Heimatverzeichnis eines Nutzers mit dem Parameter "/al" (Auflistung der Dateien mit dem Attribut "
Link", Bild 1) zeigt schnell, wo die speziellen Ordner beziehungsweise Verbindungen zu anderen
Ordnern versteckt sind. In dieser Ansicht ist auch zu sehen, dass auf einem Windows-7-System
eigentlich kein Ordner "C:\Benutzer" existiert, sondern dass der Anwender in das Verzeichnis "Users"
umgeleitet wird. Die alten "Special Shell Folders", wie sie noch unter Windows Vista existierten,
sind bei Windows 7 nicht mehr direkt vorhanden, sondern in der Umgebung des Windows Explorers durch
die Bibliotheken ersetzt, die weitaus mächtigere Funktionen anzubieten haben.

Diese Bibliotheken heißen im Microsoft-Slang virtuelle Ordner. Dieses Konzept stand zwar
grundsätzlich schon unter Vista zur Verfügung, wurde aber erst mit Windows 7 so in den Windows
Explorer integriert, dass es die gesamte Arbeit im und mit dem Dateisystem beeinflussen kann.
Grundsätzlich handelt es sich bei diesen virtuellen Ordnern nicht um "echte" Verzeichnisse im Sinne
eines Dateisystems: Es sind Dateien, die symbolische Links (werden häufig auch als "Shortcuts"
bezeichnet) beschreiben, die wiederum auf echte Dateien und/oder Verzeichnisse im Dateisystem
verweisen. Dabei ist es besonders interessant, wie diese virtuellen Ordner angelegt sind: Sie
stellen im Prinzip die Verkörperung einer Suchanfrage auf das Dateisystem dar. Das Ergebnis dieser
Anfrage wird von der Explorer-Shell dann so dargestellt, dass sie für den Anwender wie ein
Dateiordner erscheint. Auch wenn dies zunächst verwirrend erscheint – in der täglicher Praxis
erscheinen die Bibliotheken nicht nur wie normale Ordner, sondern ein Anwender arbeitet mit ihnen
auch genau auf die gleiche Art und Weise, wie er sonst mit Verzeichnissen arbeiten würde.

Bibliotheken im Einsatz unter Windows 7

Wie bereits erwähnt, existieren die typischen Spezialverzeichnisse wie "Eigene Dokumente", "
Eigenen Bilder" auch unter Windows 7. Doch wer sich einmal an der Einsatz der Bibliotheken gewöhnt
hat, wird kaum noch direkt auf diese Spezialordner zugreifen wollen. So findet sich dann auch unter
Windows 7 im Startmenü ein Eintrag mit der Bezeichnung "Dokumente", doch wer darauf klickt, bekommt
danach direkt die Bibliothek im Windows-Explorer angezeigt, wie in Bild 2 zu sehen ist.

Dieses "Bibliotheks-Fenster" existiert natürlich auch auf dem Betriebssystem. Wer es sucht,
findet unter dem Pfad C:\Benutzer\Benutzername\AppData\Roaming\Microsoft\Window\Libraries auch
einen entsprechenden Eintrag. Dabei handelt es sich aber wie bei den speziellen Shell-Ordnern nur
um einen Link im Namensraum der Shell. Die Ansicht im Windows-Explorer zeigt ein weiteres Merkmal,
das die Bibliotheken von den normalen Ordnern unterscheidet: Die Bibliotheken präsentieren eine
Kopfzeile, in der ein Hinweis darauf zu finden ist, welche Speicherorte diesem virtuellen Ordner
zugeordnet sind. Ein Klick darauf zeigt, welche Orte im Dateisystem ein Teil dieser speziellen
Bibliothek sind und erlaubt zudem ein einfaches Hinzufügen weiterer Speicherorte. Der Anwender kann
einer Bibliothek auf diese Weise bis zu 50 Ordner zuordnen. Durch eine derartige Aktion wird keine
Datei im System verändert oder an einem anderen Ort abgespeichert – alle Daten und Verzeichnisse
bleiben an ihrem ursprünglichen Speicherort, es wird nur ein weiterer Link darauf angelegt.

Natürlich kann jeder Anwender auch eigene Bibliotheken anlegen, um von den Vorteilen dieser
Sammlungen zu profitieren. Dazu muss er im Windows Explorer im linken Bereich auf den Ordner
Bibliotheken klicken. Der Explorer zeigt dann in der oberen Leiste den Punkt "Neue Bibliothek" an.
Nach einem Klick und der Vergabe eines Namens ist die neue Bibliothek erstellt. Wer jetzt aber
Dateien oder Ordner in dieser seiner eigenen Bibliothek sammeln will, muss dieser zunächst einmal
einen entsprechenden Ordner zuweisen, denn schließlich ist dies kein echter Ordner. Der Anwender
muss also zunächst einmal festlegen, wo beispielsweise die Dateien gespeichert werden sollen, die
er in diese Bibliothek zieht. Als Standardordner verwendet die neue Bibliothek immer diesen ersten
Ordner, den ihr der Anwender zuweist.

Keine Bibliotheken in Sicht

In vielen Firmen haben Administratoren gute Gründe dafür, dass alle oder einzelne dieser
speziellen Einträge und Bibliotheken nicht auf dem Desktop ihrer Anwender erscheinen sollen: Dies
gilt zum Beispiel dann, wenn die Anwender bestimmte Dateien wie beispielsweise Bilder nicht auf
ihrem PC, sondern nur auf dem Datei-Server ablegen sollen. Die Microsoft-Entwickler haben
grundsätzlich auch Möglichkeiten vorgesehen, mit deren Hilfe zum Beispiel die Unterverzeichnisse
von Favoriten und auch die der neuen Bibliotheken relativ leicht und einfach auf dem Desktop
ausgeblendet werden können.

Will ein Systemverwalter jedoch die Haupteinträge für diese Bibliotheken in der Anzeige des
Explorers wirkungsvoll ausblenden, so stößt er bei diesem Vorhaben zunächst auf einige
Schwierigkeiten. Leider steht ihm zu diesem Zweck auch keine Gruppenrichtlinie zur Verfügung, mit
deren Hilfe er diese Einstellungen durchsetzen könnte. Wer im Internet und in diversen Foren nach
dieser Problematik sucht, wird dabei auf verschiedene Lösungsvorschläge und -wege stoßen.
Allerdings erweist sich deren Einsatz nach unseren Erfahrungen zumeist in der Praxis als extrem
aufwändig. Andere Ansätze funktionieren dann leider nur mit Einschränkungen: So arbeiten einige
Vorschläge beispielsweise nur mit der x86-Version von Windows 7 richtig zusammen und können auf
64-Bit-Systemen nicht zum Einsatz kommen.

Zum Glück gibt es immer wieder findige IT-Profis, die die Mühe auf sich nehmen, eine
entsprechende Lösung zu suchen und zu finden. Andreas Fleischmann von der Sinn GmbH aus Reithofen
gehört zu dieser Gruppe der Windows-Profis und stellt auf der Web-Seite der Firma ein kleines, sehr
nützliches Kommandozeilen-Tool zum kostenlosen Download zur Verfügung, das genau die zuvor
geschilderten Probleme adressiert und löst.

Die Software wird von ihm als "Windows Explorer Navigation Pane Configuration" oder kurz WENPCFG
bezeichnet. Dieses Werkzeug arbeitet nur von der Kommandozeile aus und bietet dem Systemverwalter
über Parameter die Möglichkeit, entsprechende Einträge aus dem Navigationsbereich des Explorers zu
entfernen oder diese dann natürlich auch wieder anzeigen zu lassen.

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