Power over Ethernet (PoE) löst heute viele Probleme beim Betrieb kleinerer verteilt installierter Netzwerkgeräte. Dazu zählen beispielsweise IP-Telefone, IP-Netzwerkameras oder WLAN-Access-Points. Was aber, wenn am Installationsort weder Strom noch Ethernet zur Verfügung steht? Mobotix bietet für diese Situation mit Mx2wire einen Medienkonverter, der PoE über einfache Zweidrahtleitungen realisiert …
Power over Ethernet (PoE) löst heute viele Probleme beim Betrieb kleinerer verteilt installierter Netzwerkgeräte. Dazu zählen beispielsweise IP-Telefone, IP-Netzwerkameras oder WLAN-Access-Points. Was aber, wenn am Installationsort weder Strom noch Ethernet zur Verfügung steht? Mobotix bietet für diese Situation mit Mx2wire einen Medienkonverter, der PoE über einfache Zweidrahtleitungen realisiert.
Dass ein Hersteller von Netzwerkkameras wie Mobotix auch in – eigentlich fremde – Produktbereiche der Vernetzungs- oder der Haustechnik einsteigt, mag überraschen, ist aber bei genauerer Betrachtung durchaus naheliegend. Videoüberwachung ist oft in Umgebungen wie etwa Wohngebäuden, Außenbereichen oder gewerblichem und industriellem Umfeld installiert, in denen – anders als im Büro – oft die nötige Ethernet-Verkabelungsinfrastruktur fehlt. Schon aufgrund des oft ungewöhnlichen, einsatzbedingten Montagestandorts von Überwachungskameras fehlen vor Ort meist sowohl Ethernet als auch Stromversorgung. Planer und Installateure stellt dies oft vor größere technische Herausforderungen als der eigentliche Betrieb einer Kamera.
Mx2wire ist in diesem Sinne ein Produkt, das den realen Gegebenheiten vor Ort Rechnung trägt, und eine Ethernet-Verbindung (10/100 MBit/s) einschließlich standardbasierender PoE-Stromversorgung (Power over Ethernet gemäß IEEE 802.3af) über einfache Zweidrahtverbindungen realisiert. Solche Verbindungen lassen sich meist sehr viel einfacher installieren als aufwändige Ethernet-Verkabelung und sind in vielen Umgebungen ohnehin schon vorhanden. Dazu zählen beispielsweise Klingeldrahtleitungen, Telefonkabel, Stromleitungen oder Antennenkabel beziehungsweise Koaxleitungen.
Einsatzszenarien
Natürlich erinnert dieses Einsatzszenario von Mx2wire an andere alternative Lösungsmöglichkeiten: Vor allem Powerline/Homeplug (Ethernet über das lokale Stromnetz) zählt dazu und ist im Consumer-Bereich stark verbreitet, hinzu kommen spezielle Lösungen beispielsweise für die Übertragung von Ethernet über (aktive) Koax-TV-Verkabelung, Ethernet-Extender und auf DSL-Technik basierende Lösungen. Im weitesten Sinne konkurriert Mx2wire natürlich auch mit WLAN-Installationen. Jede Technik hat ihre spezifischen Vor- und Nachteile, technischen Beschränkungen wie Reichweite und Bandbreite sowie unterschiedlichen Installations, Administrations- und Kostenaufwand.
Mx2wire ergänzt dieses Lösungsspektrum durch einen originellen technischen Ansatz, der vor allem das Problem der Stromversorgung weitgehend löst: Beide Endpunkte einer Mx2wire-Lösung beziehen ihre Betriebsspannung via PoE, das auf einer der beiden Seiten eingespeist wird. Zudem reicht die Leistung aber auch noch für den Betrieb eines PoE-fähigen Endgeräts am anderen Ende der Mx2wire-Strecke. Eine PoE-fähige Netzwerkkamera etwa oder ein ähnliches Endgerät lässt sich also über eine solche Zweidrahtverbindung betreiben, ohne dass zusätzliche Stromversorgungen vor Ort nötig wären. Ein weiteres positives Kriterium von Mx2wire ist seine Flexibilität gegenüber dem Zweidrahtmedium: Im Prinzip eignet sich jedes zweiadrige Kupferkabel, ob verdrillt oder unverdrillt, also auch Telefonleitungen und Klingeldraht, aber auch Installationskabel für Stromleitungen oder Koaxkabel – sogar Stückwerk aus unterschiedlichen Kabelstrecken wäre denkbar.
Allerdings existieren bei Mx2wire prinzipbedingt auch Einschränkungen, die der Anwender schon vor der Planung kennen sollte (das sehr ausführliche gedruckte Handbuch zum Produkt steht auf der Website von Mobotix auch als PDF zum Download zur Verfügung). So müssen die verwendeten Zweidrahtleitungen stromfrei sein und lassen sich auch nicht gleichzeitig beispielsweise für Telefonie oder Antennenanschluss weiterverwenden. Die Nutzung beschränkt sich folglich auf „tote“ Kabel oder ungenutzte Adern bestehender Verbindungen (häufig bei Telefonkabeln) sowie speziell für diesen Zweck neu verlegte Leitungen.
Technische Rahmenbedingungen
PoE-Leistungsklassen, Reichweiten und Übertragungsraten: All diese Punkte variieren und hängen vom verwendeten Kabeltyp (zum Beispiel Querschnitt der Kupferadern) und der Kabellänge ab. Zudem gelten für die PoE-Stromversorgung andere Maßstäbe als für die Datenreichweite beziehungsweise Bandbreite. Aus plakativen Maximalwerten (500 m, 7 W PoE-Output und 30 MBit/s Nettodartenrate) sollte der Anwender jedoch keineswegs die falschen Schlüsse ziehen und sich das Produktdatenblatt sowie das Handbuch genau ansehen: Dort gibt Mobotix aufgrund eigener Tests in tabellarischer Form klare Anhaltspunkte für unterschiedliche Kabeltypen und Leitungslängen. Garantiewerte – und darauf weist der Hersteller deutlich hin – seien dies allerdings nicht. Ein gewisses Risiko vor Ort ist also inbegriffen – allerdings dürfte dieses deutlich geringer sein als etwa bei einer WLAN-Installation mit schwer kalkulierbaren Funkverhältnissen.
PoE-Stromversorgung: Das Mx2wire-System meldet sich bei der Versorgungseinheit mit der höchsten PoE-Klasse 0 an und damit einer maximalen Entnahmeleistung von 12,95 W. Der Eigenbetrieb des Systems mit seinen zwei Einheiten benötigt zirka 6 W, womit für ein PoE-Endgerät noch maximal 7 W zur Verfügung stehen. Dies reicht aus für Endgeräte der PoE-Klassen 2 (bis 6,49 W) und 1 (bis 3,84 W). Endgeräte der Klasse 0 werden – wie unser Test zeigte und Mobotix auf Anfrage bestätigte – durchaus ebenfalls unterstützt, solange die tatsächliche Leistungsaufnahme 7 W nicht überschreitet. Diese positive Aussage ist insbesondere relevant für Kameranutzer der bisherigen 12/22-Serie von Mobotix, die sich trotz PoE-Klasse 0 auf zirka 4 W beschränkt (ohne eventuelle Hardwareerweiterungen). Aber auch eine M22 mit angeschlossenem USB-Stick lief im Test problemlos. Ebenfalls gute Erfahrungen ergaben sich mit einem ähnlichen Gerät von Hersteller Axis (Klasse 1).
LANline konnte im Test (zirka 25 m Telefonkabel) natürlich nicht alle von Mobotix aufgezeigten Kabeltypen und -Längen nachprüfen – ganz abgesehen von der Vielfalt möglicher PoE-Versorgungs- (im Test: Netgear und D-Link) und Endgeräte. Hier muss sich der Anwender auf Standardkonformität und zuverlässige Datenblätter verlassen. Bei den denkbaren PoE-Endgeräten nennt Mobotix etwa auch IP-Telefone, DSL-Router oder WLAN-Access-Points. Bei einer Kabellänge bis zu 50 m ist ausweislich der Herstellerangaben auf jeden Fall PoE-Klasse 2 realistisch, bei 100 m Kabellänge (entsprechend dem Maximum für Ethernet-Verkabelung) ist teilweise schon ein Rückfall auf Klasse 1 in Kauf zu nehmen. Bei noch höheren Kabellängen kommt es sehr auf den genutzten Kabeltyp an. Solange die Stromversorgung für den Eigenbetrieb von Mx2wire ausreicht, lässt sich am Endpunkt immer noch ein nicht-PoE-fähiges Endgerät oder ein Uplink zu einem Switch betreiben. In extremen Fällen ist sogar die zweiseitige PoE-Versorgung zum Betrieb einer Mx2wire-Strecke möglich – eine beidseitige Einspeisung führt auch im „Nahbetrieb“ zu keinen technischen Problemen.
Die Übertragungsbandbreite auf einer Mx2wire-Strecke liegt bei einer maximalen Nettodatenrate von 30 MBit/s, die sich im Test über zirka 25 m Telefonkabel problemlos bestätigen ließ. Dieser Wert soll auch mit Koaxkabel oder 0,8-mm-Klingeldraht bis 50 m erzielbar sein. Mit zunehmenden Kabellängen (200 bis 500 m) sinkt die Nettodatenrate beispielsweise auf 10 MBit/s (vergleichbar mit 10-MBit/s-Ethernet). Bei geringen Bandbreitenanforderungen und dem Verzicht auf ein PoE-fähiges Endgerät sollen laut Hersteller auch Datenreichweiten erzielbar sein, die deutlich über den „ PoE-Radius“ hinausgehen. Noch eine Anmerkung: Wer die hier genannten Nettodatenraten mit Bandbreitenangaben etwa von WLAN oder Powerline vergleicht, sollte beachten, dass dort typischerweise Bruttodatenraten genannt sind, die in der Praxis deutliche Abstriche erfahren.
Installation und Praxis
Mx2wire kommt als Set aus zwei baugleichen Endgeräten mit allen nötigen und sehr solide ausgeführten Montageteilen für die Installation als Unterputz- oder Aufputzdose. Sieht man von Installationsarbeiten, wie sie bei jedem Lichtschalter nötig sind, ab, so ist das System nach Anklemmen der Zweidrahtleitung sofort und ohne jegliche Konfiguration betriebsbereit: an der einen Dose Ethernet mit PoE einstecken und an der anderen das PoE-Endgerät – fertig. Die Patch-Kabel auf beiden Seiten dürfen allerdings 10 m nicht überschreiten. Zwei LEDs signalisieren auf jeder Einheit Statusinformationen wie Stromversorgung, Netzwerkverbindung und Datenverkehr. Die Sender- und Empfänger-Funktion stellen beide Einheiten automatisch ein. Zu beachten ist allerdings, dass die paarweise ausgelieferten Mx2wire-Einheiten jeweils identische Netzwerk-IDs (entsprechende Aufkleber auf der Platine) besitzen und nur in dieser Kombination funktionsfähig sind. Ein Austausch mit der Einheit eines anderen Sets ist also nicht möglich, ebenso ist auch ein Mehrpunktbetrieb beim aktuellen Stand der Lösung nicht realisierbar.
Für die Praxis interessant, im Handbuch jedoch nicht erläutert, sind noch einige Aspekte, die LANline auf Anfrage beim Hersteller klären konnte: So ist Mx2wire – wie bei PoE üblich – auch auf der Zweidrahtstrecke kurzschlussfest, was im Test verifiziert wurde (die Verbindung bricht dabei natürlich ab). Gegen mögliche Fremdspannungen (zum Beispiel 230 Volt) auf der Zweidrahtstrecke ist zudem eine Sicherungsdiode integriert: Schlägt sie an, so ist dies zwar irreparabel, weiterer Schaden wie das Durchschmoren von Komponenten und Brandgefahr werde dadurch jedoch verhindert. Bleibt noch das Thema Security: Im Gegensatz zu vielen Powerline- und WLAN-Produkten, die heute mit hochwertigen Verschlüsselungstechniken arbeiten, ist bei Mx2wire lediglich eine „rudimentäre“ Verschlüsselung auf der Zweidrahtstrecke integriert. Wer also solche Verbindungen beispielsweise im Außenbereich nutzt und ernsthaft mit krimineller Energie (zum Beispiel Werksspionage) rechnet, müsste zusätzliche Sicherungsmaßnahmen beispielsweise auf Anwendungsebene – wie etwa HTTPS oder VPN – einsetzen, sofern die Endgeräte beziehungsweise die Netzwerkumgebung dies unterstützen. Eine hochwertige Verschlüsselung wäre daher sicher kein Luxus.
Insgesamt ist Mx2wire zwar keine Lösung für alle Fälle, und auch alternative Techniken haben weiterhin ihre Berechtigung. Dort, wo die Rahmenbedingungen stimmen, kann sie aber den Installationsaufwand erheblich reduzieren. Mx2wire ist derzeit zum Preis von 298 Euro pro Set erhältlich.
Kurt Pfeiler
Info: Mobotix
Tel.: 06302/9816-0
Web: www.mobotix.de