Das Internet vergisst nichts, sagt man. Wenn es um den Schutz der Privatsphäre geht, ist das häufig ein Problem. Aber es gibt Tage, an denen mich dieses hartnäckige Erinnern durchaus freut.
Aktueller Auslöser meiner Freude ist die herrlich schlichte Guerilla-Website
depub.org. Diese Site
recycelt öffentlich-rechtliche Online-Beiträge (bislang ausschließlich solche der Tagesschau), die
die Sender aufgrund rundfunkrechtlicher Vorschriften offline nehmen mussten – ein Vorgang, den man
mit dem Terminus "
depublizieren? belegt hat –
also "wegveröffentlichen? oder "entöffentlichen?. Für mich definitiv ein Anwärter auf das
http://de.wikipedia.org/wiki/Unwort#Unwort_des_Jahres_.28Deutschland.29" href="http://de.wikipedia.org/wiki/Unwort#Unwort_des_Jahres_.28Deutschland.29">Unwort des
Jahres.
Der Hintergrund: Online-Inhalte öffentlich-rechtlicher Sender müssen nach bestimmten Fristen –
je nach Einteilung durch einen "Drei-Stufen-Test? – dem interessierten Publikum wieder
entzogen werden. Die Öffentlichkeit bezahlt damit per
GEZ-Gebühren zuerst für deren Erstellung, dann für die Online-Bereitstellung und schließlich für
die völlig unsinnige digitale Entsorgung.
Unsinnig freilich nur aus Sicht der Informationssucher – nicht hingegen aus Sicht der
privatwirtschaftlichen Konkurrenz der Öffentlich-Rechtlichen: "Diese zweifelhafte Regelung, den
sogenannten Drei-Stufen-Test, haben sich die Ministerpräsidenten ausgedacht?, erinnert uns das
immer wieder sehenswerte
http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/internet/depub107.html" href="http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/internet/depub107.html">NDR-Medienmagazin
Zapp. "Im 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag beschlossen sie das Ende der Online-Archive von
ARD und ZDF. Und so bekamen auch die Verleger, was sie wollten: Weniger Konkurrenz im Netz.?
Was der Surfer nicht mehr in den Archiven von ARD und ZDF recherchieren kann, soll er sich eben
aus anderen Quellen besorgen. Als Journalist, der für einen Verlag tätig ist, müsste ich diesen
Zwang zum Depublizieren also eigentlich aus Eigeninteresse begrüßen.
Dem ist aber nicht so – im Gegenteil. Denn das "Depublizieren? ist schlicht die staatlich
verordnete Verarmung unseres kulturellen Gedächtnisses. Es ist nicht nur wirtschaftlich
zweifelhaft, sondern einfach eine schändliche mediale Brandrodung.
Deshalb ist das Vorgehen der publizistischen Revoluzzer von depub.org, obschon illegal, eine
Bereicherung – genauer: eine Wiederanreicherung – unserer Online-Medienlandschaft. Es lebe die
Re-De-Evolution!
LANline/
http://metaphorous.com" target="_blank" title="http://metaphorous.com">Dr. Wilhelm
Greiner