Die vom Analystenhaus IDC veranstaltete "Dynamic IT Conference 2007" Anfang Juli in München beschäftigte sich mit praktisch allen Buzzwords, die im RZ-Umfeld heute herumschwirren: Virtualisierung, Konsolidierung, SOA, Grid Computing, dynamischen IT-Ressourcen und nicht zuletzt auch mit "grüner IT". Zu diesem Thema hielt Thomas Tauer, Director Site and Facilities Services bei IBM, einen kompakten Überblicksvortrag zu zentralen RZ-relevanten Aspekten. Allerdings weiß auch er: Verfügbarkeit und Sicherheit stehen im RZ neben Kostensenkung und Investitionsschutz im Vordergrund. Umweltschutz ist da jenseits gesetzlicher Verpflichtungen wie der RoHS-Richtlinie (Restriction of the Use of Certain Hazardous Substances) lediglich ein angenehmer Nebeneffekt.
Tauer plädierte für die gezielte Nutzung der RZ-Planung und -Infrastruktur zum Erreichen dieser grünen Nebenwirkungen. Angesichts gestiegener Stromanforderungen der Rack- und Blade-Systeme sei die übliche Planungsgröße kW/m² nutzlos: Wichtig sei der Wert, wieviel kW pro Rack ein geplantes RZ verkraftet. Schließlich sei heutzutage ein Bedarf von 20 bis 25 kW/Rack nicht unüblich. Durch Virtualisierung und Konsolidierung sind laut Tauer Einsparungen von 30 bis 50 Prozent der Stromkosten möglich, durch intelligente Steuerung der Raumluftzirkulation wiederum seien 20 Prozent Ersparnis erreichbar.
USVs arbeiten nur bei hoher Auslastung effizient – was im Widerspruch zu Redundanzanforderungen steht. Deshalb empfielt der IBM-Fachmann den Einsatz modularer USV-Systeme, die eine n+1-Redundanz erlauben und so die Auslastung der einzelnen USV-Geräte auf hohem Niveau halten. Hier empfiehlt er genau Evaluierungen, da die Ersparnispotenziale "von Hersteller zu Hersteller stark variieren".
Als organisatorische Hürde auf dem Weg zur grünen IT beschrieb er die operativen Aspekte wie zum Beispiel das Change-Management: Der Servereinbau sei allzu oft ein "Niemandsland". Neben klarer Planung empfiehlt Tauer hier Thermik-Simulationen, um die Auswirkung neuer Systeme auf das Luftstromverhalten veranschaulichen zu können.
"Green IT erfordert Disziplin," so Tauer. Anders als viele seiner Kollegen propagierte der IBM-Mann angenehmerweise daher nicht allein technische Hilfsmittel als Königsweg, sondern rief die Unternehmen dazu auf, die Ausbildung "grüner Mitarbeiter" zu fördern.
Aktivitäten, die in Richtung einer solchen Förderung umweltgerechten Mitarbeiterverhaltens gehen, sind laut Wafa Moussavi-Amin, Geschäftsführer IDC Deutschland und Schweiz und Veranstalter der Konferenz, bislang allerdings nur "hier und da" zu beobachten: "Eigeninitiative sehen wir noch sehr wenig." Statt Aktivitäten anzustoßen, würden sich die Unternehmen vor allem darauf verlassen, dass die Diskussion in den Medien für den entsprechenden Einstellungswandel der Mitarbeiter sorgen werde.
Moussavi-Amin sieht in der Diskussion um grüne IT eine starke Hype-Komponente, getrieben vor allem durch die Medien. Diese Hype-Phase werde lediglich "bis zum nächsten Ausbleiben von Wetterkapriolen" anhalten. Eine gesetzliche Regulierung der RZ-Effizienz hält der IDC-Chef nicht für notwendig: In der EU erfolge die Effizienzregulierung bereits "anhand der Energiepreise", während die Debatte in den USA stark herstellergetrieben sei – Energieeffizienz als Gütesiegel für Marketing-Zwecke. Den Anwendern gehe es aber vorrangig um Effizienz allgemein, nicht speziell um Energieeffizienz: "Die Frage der Kühlung ist vor allem eine Frage der Ausfallsicherheit," so Moussavi-Amin. Während derzeit die Serverhersteller und RZ-Ausstatter also um die oberen Plätze in der Green-IT-Hackordnung wetteifern, meint Moussavi-Amin hingegen, es sei "zweifelhaft, ob sich [mit Green-IT-Marketing] jemand einen Vorteil verschaffen kann".
Laut dem IDC-Analysten bestehen also eher trübe Aussichten für tatsächlich umweltorientierten IT-Einsatz und die Verbreitung von "grünen Mitarbeitern", die der IBM-Fachmann Thomas Tauer zurecht fordert. Die Debatte um den nachhaltigen RZ-Betrieb bleibt damit zunächst in der Grauzone zwischen schnelllebigemMarketing-Hype und nur langsam durchsetzbarem Einstellungswandel gefangen.
LANline/wg