IDCs Dynamic IT Conference 2007 in München

Grüne IT zwischen Hype und Notwendigkeit

19. August 2007, 22:00 Uhr | Dr. Wilhelm Greiner

Die vom Analystenhaus IDC veranstaltete "Dynamic IT Conference 2007" Anfang Juli in München beschäftigte sich mit praktisch allen Buzzwords, die im RZ-Umfeld heute herumschwirren: mit Virtualisierung, Konsolidierung, SOA, Grid Computing, dynamischen IT-Ressourcen und nicht zuletzt auch mit "grüner IT". Die Green-IT-Diskussion leidet allerdings unter dem teils sehr stark Marketing-lastigen Hype der IT-Anbieterschaft.

Zum Thema Green IT hielt Thomas Tauer, Director Site and Facilities Services bei IBM, bei der
IDC-Konferenz einen angenehm sachlichen, kompakten Überblicksvortrag zu zentralen RZ-relevanten
Aspekten. Allerdings weiß auch er: Verfügbarkeit und Sicherheit stehen im RZ neben Kostensenkung
und Investitionsschutz im Vordergrund. Umweltschutz ist da jenseits gesetzlicher Verpflichtungen
wie der RoHS-Richtlinie (Restriction of the Use of Certain Hazardous Substances) lediglich ein
angenehmer Nebeneffekt.

Tauer plädierte für die gezielte Nutzung der RZ-Planung und -Infrastruktur zum Erreichen dieser
grünen Nebenwirkungen. Angesichts gestiegener Stromanforderungen der Rack- und Blade-Systeme sei
die übliche Planungsgröße kW/m² nutzlos: Wichtig sei der Wert, wieviel kW pro Rack ein geplantes RZ
verkraftet. Schließlich sei heutzutage ein Bedarf von 20 bis 25 kW/Rack nicht unüblich. Durch
Virtualisierung und Konsolidierung sind laut Tauer Einsparungen von 30 bis 50 Prozent der
Stromkosten möglich, durch intelligente Steuerung der Raumluftzirkulation wiederum seien 20 Prozent
Ersparnis erreichbar.

USVs arbeiten nur bei hoher Auslastung effizient – was im Widerspruch zu Redundanzanforderungen
steht. Deshalb empfielt der IBM-Fachmann den Einsatz modularer USV-Systeme, die eine n+1-Redundanz
erlauben und so die Auslastung der einzelnen USV-Geräte auf hohem Niveau halten. Hier empfiehlt er
genau Evaluierungen, da die Ersparnispotenziale "von Hersteller zu Hersteller stark variieren".

Als organisatorische Hürde auf dem Weg zur grünen IT beschrieb er die operativen Aspekte wie zum
Beispiel das Change-Management: Der Servereinbau sei allzu oft ein "Niemandsland". Neben klarer
Planung empfiehlt Tauer hier Thermik-Simulati-onen, um die Auswirkung neuer Systeme auf das
Luftstromverhalten veranschaulichen zu können.

"Green IT erfordert Disziplin," so Tauer. Anders als viele seiner Kollegen propagierte der
IBM-Mann daher nicht allein technische Hilfsmittel als Königsweg, sondern rief die Unternehmen dazu
auf, die Ausbildung "grüner Mitarbeiter" zu fördern. Aktivitäten, die in Richtung einer solchen
Förderung umweltgerechten Mitarbeiterverhaltens gehen, sind laut Wafa Moussavi-Amin,
Geschäftsführer IDC Deutschland und Schweiz und Veranstalter der Konferenz, bislang allerdings nur "
hier und da" zu beobachten: "Eigeninitiative sehen wir noch sehr wenig." Statt Aktivitäten
anzustoßen, würden sich die Unternehmen vor allem darauf verlassen, dass die Diskussion in den
Medien für den entsprechenden Einstellungswandel der Mitarbeiter sorgen werde.

Moussavi-Amin sieht in der Diskussion um grüne IT eine starke Hype-Komponente, getrieben vor
allem durch die Medien. Diese Hype-Phase werde lediglich "bis zum nächsten Ausbleiben von
Wetterkapriolen" anhalten. Eine gesetzliche Regulierung der RZ-Effizienz hält der IDC-Mann nicht
für notwendig: In der EU erfolge die Effizienzregulierung bereits "anhand der Energiepreise",
während die Debatte in den USA stark herstellergetrieben sei – Energieeffizienz als Gütesiegel für
Marketing-Zwecke. Den Anwendern gehe es aber vorrangig um Effizienz allgemein, nicht speziell um
Energieeffizienz: "Die Frage der Kühlung ist vor allem eine Frage der Ausfallsicherheit," so
Moussavi-Amin. Während derzeit die Serverhersteller und RZ-Ausstatter also um die oberen Plätze in
der Green-IT-Hackordnung wetteifern, meint der Analyst hingegen, es sei "zweifelhaft, ob sich [mit
Green-IT-Marketing] jemand einen Vorteil verschaffen kann".

Laut IDCs Deutschland-Chef bestehen also eher trübe Aussichten für den tatsächlich
umweltorientierten IT-Einsatz und den Wandel zu "grünen Mitarbeitern", den der IBM-Fachmann Thomas
Tauer zurecht fordert.


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