Praxis: Flexible Komplettlösung am RZ

Hauptsache sicher

15. Oktober 2015, 6:00 Uhr | Dipl.-Ing. Gerd Trommer, Fachjournalist für Technik und Wirtschaft. Er ist Inhaber des RGT Redaktionsbüros in Gernsheim./jos

In der elektronischen Rechentechnik steckt das Hirn moderner Organisationen und Institutionen. Eine möglichst feste und dabei hinreichend flexible "Hirnschale" muss die sensible Steuerzentrale aller internen Vorgänge, externen Bewegungen sowie die Verfügbarkeit des datenbasierenden "Gedächtnisses" jeder-zeit zuverlässig schützen können.

Rhenus Logistics ist im nordrhein-westfälischen Holzwickede ansässig. Die Experten der Corporate IT von Rhenus planten und realisierten das Projekt ihres neuen Rechenzentrums mit E-Tec. Das auf Komplettlösungen der Elektrotechnik spezialisierte Unternehmen mit Sitz in Langenfeld, gleichfalls in NRW, setzt dabei auf Modularität. "Wir konnten während der Realisierungsphase des Projekts mitdenken, mitlernen und mitgestalten - ohne Änderungen in unserer Kostenkalkulation oder beim Inbetriebnahmetermin", erklärt Andreas Franzen von Corporate IT bei Rhenus Logistics.
Die Corporate IT agiert international innerhalb der Unternehmensgruppe. Angelegt als Shared-Service-Center stellt sie der Rhenus-Gruppe an 390 Standorten alle grundlegenden Rechenzentrums-, Netz- und Kommunikations-Services zur Verfügung. Hinzu kommen übergreifende Anwendungen wie ERP (Enterprise Ressource Planning), BI (Business Intelligence) oder EDI (Electronic Data Interchange). Um die spezifischen logistischen Anforderungen und die erforderliche Flexibilität zu gewährleisten, bezieht Rhenus Logistics alle Services aus dem eigenen Haus. Ein auch nur stundenweiser Ausfall der etwa 2.000 Server und 450 Datenbanken zieht gravierende Konsequenzen nach sich. Dies würde das Kerngeschäft des Global Players mit seinen weltweit über 24.000 Mitarbeitern betreffen. Ausfallrisiken eines Rechenzentrums sind in unterschiedlichen Ursachen begründet, die es möglichst umfassend auszuschließen gilt. Eine der Gefährdungen für einen RZ-Ausfall liegt beim städtischen Stromversorger. Zu den abzuwendenden Gefahren gehören auch Spannungsschwankungen im öffentlichen Stromnetz, die geeignet sind die Hardware zu schädigen. "Wir betreuen einen Großteil der IT-Systeme in der Rhenus-Gruppe", umreißt Gesamtprojektleiter Peter Schäfer das Kompetenzfeld. Er hat das Wachstum der letzten 16 Jahre bei Rhenus miterlebt und innerhalb seiner organisatorischen Funktion verantwortl-ich begleitet. Dazu gehörten die Übernahme mehrerer vormaliger Konkurrenten sowie der Umzug des Unternehmens von Dortmund an den heutigen Standort Holzwickede.
"2002 hatten wir innerhalb eines Wochenendes sämtliche Netzstrukturen zu verlegen, umzubauen und wieder in Betrieb zu nehmen, ohne die laufenden Prozesse zu unterbrechen. Und wir bewältigten dies mit nur wenigen Mitarbeitern", berichtet Andreas Franzen. Der gelernte Elektrotechniker hat gleichfalls die großen Entwicklungsschritte von Rhenus im zurückliegenden Jahrzehnt mitgestaltet. Er zeichnet jetzt in der Einheit Directory Services Data Center für die Corporate IT in Holzwickede verantwortlich.
Bei der Erneuerung zeigte sich auch die Herausforderung in Bezug auf das Anpassen und Mitwachsen der rechentechnischen Basis. "Die Redundanz der wesentlichen Funktionseinheiten wie Trafostation, USV-Anlage oder Notstromversorgung mussten wir herstellen, dazu die Unabhängigkeit vom externen Stromversorger gewährleisten. Weitere havarie- und ausfallgefährdende Faktoren, die unsere standortbezogene Risikoanalyse ausweist, waren zu berücksichtigen. Sie betreffen zum Beispiel konkrete, umwelt- oder verkehrsbedingte Risiken wie die Nachbarschaft zur viel befahrenen LKW-Trasse der B1 und zum Flughafen", berichtet Franzen von den Anforderungen bei der Planung des neuen Rechenzentrums. "Wir brauchen eine Lösung, die einerseits Flexibilität bei Bau und Betrieb sowie Erweiterbarkeit für absehbares Wachstum gewährleistet. Und zum Anderen soll sie unsere hochgesteckten Ausfallsicherheits-Standards erfüllen", ergänzt Schäfer. Entsprechend lauteten 2010 die Vorgaben der Auftrags-Ausschreibung für das neue Rechenzentrum mit 800 kW Leistung.
 
Lösung mit Gestaltungspotenzial
Gleich zu Beginn des Prüfens von Angeboten befand sich der jetzige Partner in der engeren Wahl. "Die Maxime ?Ausfallsicherheit zuerst? und die fünfjährige Gewährleistungsfrist haben zwar alle Anbieter erfüllt", so Franzen, "doch E-Tec bot darüber hinaus durch eine flexible modulare und platzsparende Garagen-Bauweise, zudem ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis." Zuvor hatten Franzen und seine mitbeteiligten Kollegen mehrere Referenzprojekte besucht und bewertet. Dort tendierte der Stromverbrauch der USV stets nachhaltig nach unten - bei einem Wirkungsgrad von 97 Prozent arbeitet die USV. Einen wesentlichen Einfluss auf die Entscheidung habe die flexible Gestaltbarkeit der Lösung des schlüsselfertigen Rechenzentrums genommen, sind sich Franzen und der organisatorisch verantwortliche Schäfer einig.
 
Sicherheitsrelevante Eigenschaften
Das RZ besteht aus sieben untereinander verbundenen Räumen. Die Konstruktion der baulichen Hülle mit den jeweils spezifisch geeigneten Materialien wehrt Einbruch, Wasser, Rauch, Blitzschlag und andere schädigende Einflüsse ab. Das Erfüllen gesetzlicher Vorgaben gemäß den betreffenden DIN ISO (Qualitätsmanagement-Normen), VDS (Prüfindex Brandschutz und Sicherheit), WHG (Wasserhaushaltsgesetz) oder EnEV (Energieeinsparverordnung) muss gewährleistet sein. Den inneren funktionalen Kern bilden die 19-Zoll-Racks für die Server. Beidseitig, also auch von hinten, sind die Reihen mit den Server-"Türmen" begehbar und ihre Schnittstellen zu bedienen. Die Bündel der Datenkabel verlaufen entweder über separat geführte Rinnen innerhalb des Doppelbodens oder auch oberhalb der Schränke.
Sämtliche dieser lebenswichtigen "Nervenstränge" werden nach der Installation als Permanent Link Class EA nach ISO/IEC 11801 gemessen und die Messwerte dokumentiert. Die Lichtwellenleiter innerhalb der Verkabelung führen über ein Fiber-Guide-System von oben zu den einzelnen Server-Racks. Für jedes Kabel erstellen die Techniker ein OTDR-Messprotokoll zur Dokumentation.
 
Klimatisierung mit Redundanz
Das Separieren des gekühlten Bereichs von den übrigen Räumen des RZ mit einem abgeschotteten Korridor bildet die Voraussetzung für ein optimales energetisches Verwerten der im Rechnerbetrieb entstehenden Wärme. In der redundant ausgeführten Lösung zur Klimatisierung steckt besonderes Know-how für Präzision und Effizienz: Eine Sequenzsteuerung gewährleistet, dass alle Geräte in einander angeglichenen Betriebszeiten arbeiten sowie auch Heizung und Luftbefeuchtung zuverlässig funktionieren. Der Kaltwassererzeugung zur Kühlung sind Rückkühler als Freikühl- oder Vorkühlregister vorgeschaltet, sodass eine vollständige Außenluftkühlung bis 19 °C erreicht wird.
Als Freikühleinrichtung arbeiten die Anlagen mit 150 kW Luftkühler-Leistung über den Wärmeaustausch mit der Außenluft. Sie verbrauchen dann lediglich Strom für die Ventilatoren und Pumpen. Erst wenn die Temperaturen höher steigen, muss das System "erzeugte" Kälte zuführen. Dabei sind die kühlen von den warmen Luftströmen nach dem Kaltgang-Prinzip isoliert und so geführt, dass die Temperatur innerhalb des Server-Raums weitgehend gleichmäßig und konstant um 20 °C bleibt.

Ein USV-Display ermöglicht den Überblick auf wesentliche Daten und Zustände.

Als Netzersatzanlage fungiert ein Dieselgenerator, der im äußersten Bedarfsfall mehrere Tage die komplette Stromversorgung für das Rechenzentrum übernehmen kann.

Das Rechenzentrum von Rhenus Assets & Services in Holzwickede arbeitet seit über einem Jahr zur Zufriedenheit der Betreiber, erklären Andreas Franzen (li.) und Peter Schäfer (re.).

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