Horrende Energiepreise und der steigende Kühlbedarf des Equipments strapazieren Budget und Nerven des IT-Managements - die EDV steht im Zeichen der Virtualisierung. Dennoch fällt in vielen schweißtreibenden Diskussionen um Prozessverwaltung, Ressourcenverteilung und Server-Konsolidierung ein Aspekt häufig unter den Tisch: Energieeffizienz in industriellen RZs beginnt mit einer kühlen Analyse und Konzeption der physischen Infrastruktur.
In den Rechenzentren deutscher Unternehmen klettern nicht nur die Temperaturen. Auch die Preise
für Energie erreichen regelmäßig neue Höchststände. Kostete eine Kilowattstunde Anfang 2000 noch
6,88 Cent, so mussten Unternehmenskunden im Januar 2007 bereits fast 10,70 Cent bezahlen, gibt das
Statistische Bundesamt zu Protokoll. Ein genauer Blick in die IT-Chronik verdeutlicht die
wirtschaftlichen Konsequenzen: Benötigten Rechenzentren noch vor knapp zehn Jahren rund 1.000 Watt
Energie pro Quadratmeter, so saugen aktuelle IT-Räume heute bis zu 8.000 Watt pro Quadratmeter aus
der "Steckdose" – mit entsprechenden Auswirkungen an den Kühlbedarf für das
High-End-Computing. Nur die wenigsten Rechenzentren wurden bereits in der Planungsphase dahingehend
konzipiert, mehr als 1.500 Watt an Abwärme pro Quadratmeter abführen zu können.
Zu den entscheidenden Faktoren für den Hitzestau in Rechenzentren zählt die Entwicklung mit
leistungsstarken Blade-Servern und eng bestückten Server-Racks. Schon eine voll gepackte Einheit
aktueller Computing-Power benötigt rund ebenso viel Strom wie 50 Durchschnittshaushalte – mit
gegensätzlichen Tendenzen. Denn während Haushalte die Energiekosten durch Sparmaßnahmen mehr und
mehr drücken, hat sich der Stromverbrauch für Server nach einer Erhebung der US-Marktforscher von
Gartner im Zeitraum von 2000 bis 2005 verdoppelt. Bis 2011 müssen den Analysten zufolge mehr als 70
Prozent der amerikanischen Rechenzentren mit erheblichen Problemen beim Energieverbrauch, den
verfügbaren Rechenzentrumsflächen und somit den Betriebskosten rechnen.
Angesichts dieser Zahlen verwundern die zahlreichen Projekte für eine bessere Auslastung der
Hardware – Stichwort Virtualisierung – kaum. Eine Virtualisierung physischer Server in
industriellen Rechenzentren ermöglicht die Konsolidierung auf wenige leistungsstarke Rechner und
senkt so die Kosten für den Betrieb. Konsolidiert ein Unternehmen mit Virtualisierung zehn oder
mehr physische Maschinen auf einem einzigen Server, so kann es Branchenkennern zufolge den
Stromverbrauch und die damit verbundenen Kosten um 80 bis 90 Prozent senken. Auch die Experton
Group geht angesichts dieser Faktoren davon aus, dass heute bereits 57 Prozent aller Unternehmen
Virtualisierungslösungen für Server nutzen. Im Enterprise-Segment seien sogar 70 Prozent der Firmen
damit vertraut.
Virtualisierung und Energieeffizienz im Einklang
Doch während klassische Virtualisierungsprojekte mit Lösungen für Infrastrukturfunktionen wie
Active Directory, Dynamic Host Configuration Protocol (DHCP) oder System-Management längst Einzug
in die IT der Industrie hält, hapert es Experten zufolge häufig an der Planung der physikalischen
Topologie: "Mit einer Strom sparenden Konzeption der IT-Architektur und der richtigen Kühlung lässt
sich der Energieverbrauch ebenso drastisch drücken wie mit EDV-typischen Virtualisierungsmaßnahmen"
, gibt etwa Francisco Alvarez vom Münchner Spezialisten für Infrastrukturlösungen APC by Schneider
Electric zu bedenken. Häufig gehe es in einem ersten Ansatz darum, ungenutzte Strom- und
Kühlungskapazitäten zu vermeiden, die sich aus spontanen und zukünftigen Veränderungen an
Equipment, Redundanzen oder der Rechenzentrumsarchitektur ergeben. Das dafür nötige
Change-Management sei bequem und übersichtlich über spezifische Softwarelösungen möglich.
Klima und Kühlung – 40 Prozent des Stromverbrauchs
Vor allem aber der Aspekt der Kühlung birgt angesichts der steigenden Leistungsdichte in der IT
ein erhebliches Einsparungspotenzial: "40 Prozent der Energie, die ein Rechenzentrum aufbraucht,
entfallen auf die Klimatisierung", rechnet Alvarez vor. Optimal sei in diesem Zusammenhang eine
Raumtemperatur von 25 Grad oder gar noch höher. Die Stromaufnahme der Kühlaggregate eines typischen
hochsicheren Rechenzentrums in der Industrie mit 2N-Redundanz und N 1-redundanter Raumklimaanlage
beträgt nach seinen Erfahrungen etwa ein Drittel der Eingangsleistung. Für eine separate
Klimatisierung des Computerraums fielen durchschnittlich nochmals rund neun Prozent an.
Alvarez: "Folgt man dem aktuellen Server-Konsolidierungstrend, ohne die physikalische
IT-Infrastruktur zu berücksichtigen, so droht gar ein IT-Ausfall. Die hohen Leistungsdichten von
Blade- und 1U-Servern treiben die Abwärme je Rack mühelos auf Werte von bis zu 20 Kilowatt." Hier
krankten Virtualisierungsprojekte oft an einer gravierenden Fehlplanung: Um die Kühllast zu
drosseln und der IT mehr Strom zur Verfügung zu stellen, verbreitern viele IT-Verantwortliche die
Gänge zwischen den Schrankreihen. Dabei handelt es sich allerdings um eine Behelfsmaßnahme, die
dann versagt, wenn die Abwärme einen gewissen Temperaturpegel überschreitet. Nur ein modular
aufgebautes und intelligentes Kühlungskonzept bringt auch eine dauerhafte Energieeffizienz.
Im Rahmen dieser Erkenntnisse setzt sich deshalb mehr und mehr die so genannte Reihenkühlung
durch. Sie bietet vor allem auch in engen Räumen eine effiziente Alternative zur konventionellen
Raumklimatisierung und kommt ohne kostspielige Doppelbodenkonstruktionen aus. Das Prinzip: Lösungen
zur Reihenkühlung werden als eigenständige Kühleinheiten (Rack-Breite von 30 cm bis 60 cm je nach
Ausführung) innerhalb der Server-Schrankaufstellung platziert. Durch die Nähe zum IT-Equipment
lassen sich zum einen höhere Leistungsdichten absichern, zum anderen reduziert sich auch die
Stromaufnahme der Lüfter um bis zu 50 Prozent. Wichtiger Nebeneffekt: Sie machen in vielen Fällen
eine separate Luftbefeuchtung beziehungsweise Wiederbefeuchtung überflüssig und gewährleisten so
eine zusätzliche Stromersparnis in Höhe von rund drei Prozent. In Verbindung mit einem so genannten
Warmluftkorridorsystem, das die Warmluft in einem warmen Gang zwischen den Rack-Zeilen
konzentriert, lassen sich mit dieser Konzeption auch Umgebungen mit hohen Leistungsdichten von 30
Kilowatt und mehr Wärmeleistung pro Rack bewältigen.
"Oft wird auch die Skalierbarkeit nicht in die Planung oder Optimierung eines Rechenzentrums mit
einbezogen", nennt der APC-Manager einen weiteren Aspekt für mehr Energieeffizienz. Im Hinblick auf
eine optimale Auslastung nahe an der Kapazitätsgrenze von Server-Räumen müsse die komplette
physikalische Infrastruktur skalierbar konzipiert sein – inklusive der Kühlung. Auch hier spiele
der Ansatz der Reihenkühlung eine Rolle: In Schrankreihen integrierte Klimageräte müssten ebenso
schnell und einfach erweitert werden können, wie gewöhnliche 19-Zoll-Racks. Erst die Reihenkühlung
schaffe die Voraussetzungen für erfolgreiche Virtualisierungsprojekte: "Gleichzeitig vermeidet sie
den Hauptgrund, weshalb IT-Infrastrukturen in der Regel 65 bis 70 Prozent unterhalb der
Kapazitätsgrenze operieren – die Überdimensionierung."