Im April hat der ERP-Branchenspezialist CSB-System im nordrhein-westfälischen Geilenkirchen ein hochverfügbares Rechenzentrum in Betrieb genommen. Als Hosting-Center für Zehntausende ERP-Anwender geplant, sind die Racks fast ausschließlich mit Blade-Servern bestückt. Trotz großer Abwärmelasten ist es CSB gelungen, den Standort energieeffizient zu betreiben.
Die CSB-System AG entwickelt mit rund 500 Mitarbeitern kundenspezifische ERP-Komplettlösungen
für die Unternehmensführung und -steuerung von weltweit über 1.600 Kunden. Dazu gehören
ERP-Software, Beratung und alle benötigten Hardwarekomponenten. Im April hat das Unternehmen am
Hauptsitz in Geilenkirchen ein neues Rechenzentrum in Betrieb genommen. Dadurch konnte der
ERP-Branchenspezialist sein Angebotsspektrum um Hosting-Services erweitern.
"Dass ein ERP-Lösungsanbieter ein Hosting-Center baut, ist sicher nicht der Normalfall",
räumt Wilhelm Rulle, Geschäftsführer von CSB Rechenzentrum, ein. Die Kunden hätten aber immer
komplexere Umgebungen, immer mehr Systeme, die integriert werden müssen, seien es Logistiksysteme,
Funknetze oder Label-Printer. "Mit unseren Hosting-Services unterstreichen wir unseren Anspruch,
komplette ERP-Lösungen aus einer Hand zu liefern und die Kunden von den Dingen zu entlasten, die
nicht zu ihrem Kerngeschäft gehören."
Investition in die Zukunft
Das neue Rechenzentrum besteht aus zwei großen Server- und mehreren Technikräumen, unter
anderem für die USVs und die Niederspannungshauptverteilung. In den Server-Räumen stehen aktuell
zwei Schrankreihen mit jeweils zehn Racks von Schäfer IT-Systems, in denen fast ausschließlich
Blade-Center und Storage-Systeme von IBM zum Einsatz kommen. Die Kapazitäten sollen zukünftig
sukzessive auf je zwölf beziehungsweise je 16 Racks ausgebaut werden.
"Dies ist eines der ersten Rechenzentren, das rein auf den Einsatz von Blade-Technik geplant
und konzipiert worden ist", erklärt Rulle. CSB investiere damit weit in die Zukunft: "In der
Endausbaustufe stehen Kapazitäten für über 20.000 ERP-Enduser zur Verfügung, die alle als so
genannte Heavy-Duty-Nutzer gelten."
Gezielte Kühlluftführung
Bei der Planung eines Rechenzentrums mit sehr dicht gepackten Server-Systemen stellt eine
gute Kühlung, die zugleich energieeffizient arbeiten soll, eine besondere Herausforderung dar.
CSB-System holte sich dafür die Spezialisten Stulz Klimatechnik und Schäfer IT-Systems ins Boot.
Die hohe Abwärme der Blade-Center, die Stulz auf bis zu 8 kW pro Rack kalkulierte, machte eine
gezielte Kühlluftzuführung notwendig. Im Vergleich zu früheren Abwärmelasten fasse jedes Rack heute
"mindestens fünf Mal so viele Server, die noch dazu mit Hochleistungsprozessoren arbeiten".
Die bei CSB realisierte Lösung besteht aus einem Doppelboden, der als Kanal für die Kühlluft
dient, und einer Kaltgangeinhausung. Die zwei Meter hohen SP-Rack-Reihen von Schäfer stehen Front
zu Front und werden durch Luftauslassplatten mit Kühlluft versorgt. Der Kaltgang zwischen den
Schrankreihen ist mit 2,40 Meter weitaus breiter als in Standardanwendungen, damit ein
ausreichendes Luftvolumen zur Verfügung steht. Zur gezielten Führung des Luftstroms sorgen vor
allem die "Cold Section"-Dachelemente und -Schiebetüren, die den Kaltgang abschließen. Außerdem
tragen dazu verstellbare Doppelbodenplatten bei: Laut Rulle "lässt sich der Luftstrom je nach
Kaltluftbedarf so einstellen, wie er benötigt wird". Bei Rack-Erweiterungen können die Türelemente
einfach mit den äußeren Schränken verschoben und weitere Dachelemente eingesetzt werden.
E-TEC Power Management, dessen Fachleute für die gesamte Elektrotechnik inklusive USVs,
Notstromanlage, Trafostation und Störmeldetechnik zuständig war, hat die Stromversorgung der
Server-Schränke über den Doppelboden realisiert. Die Datenkabel werden den Racks dagegen über
Kabeltrassen von oben zugeführt, sodass sie die Luftströme im Doppelboden nicht behindern.
Energieeffizienz
Um keine unnötige Energie zu verschwenden, hält die Klimaanlage die Temperatur in den
Kaltgängen bei 25°C und die Raumtemperatur bei 28°C. "Die Blade-Center haben mit diesen
Temperaturen kein Problem", so Rulle. "Gegenüber Datacentern, die auf 20 Grad herunterkühlen,
brauchen wir mit den höheren Werten bis zu einem Drittel weniger Strom."
Für eine hohe Energieeffizienz sorgt neben der Kaltgangeinhausung und den vergleichsweise
hohen Kühllufttemperaturen vor allem die schallgeschützte Freikühlanlage neben dem Gebäude. Diese
ist so großzügig dimensioniert, dass die Kompressoren der Klimageräte erst bei hohen sommerlichen
Temperaturen dazu geschaltet werden müssen.
Hohe Sicherheitsstandards
Das Rechenzentrum ist auf Hochverfügbarkeit ausgelegt, und zwar mit zugesicherten Bandbreiten
und Geschwindigkeiten. Die Bonner Fachfirma Bell Computer-Netzwerke hat alle Server- und
Disk-Storage-Systeme mit Glasfaserkabeln redundant an die Switches angebunden und mit dem 300 Meter
entfernten Backup-Standort verkabelt. Das ermöglicht komplette Datenspiegelungen und -sicherungen
auf einer IBM Tape Library. Für die CSB-Kunden sind weiterhin komplette Zweiwegeanbindungen via
MPLS (Multiprotocol Label Switching) über Erdkabel und Richtfunk sowie über zwei verschiedene
Netzknoten eingerichtet.
Auch in die physische Sicherheit hat der Betreiber Rulle zufolge viel investiert: "Wir
streben eine Trusted-Site-Infrastructure-Zertifizierung durch die TÜV-IT an. Unser Ziel ist eine
TSI-Level 2-Zertifizierung mit vielen zusätzlichen Features, die sonst nur in Level-3- und Level
4-Rechenzentren zu finden sind." Dazu gehörten zum Beispiel eine Doppelzaunanlage mit
Zutrittskontrolle und Kameraüberwachung sowie eine Unterteilung der Räume in unterschiedliche
Sicherheitsabschnitte und Zutrittsberechtigungen. Auf Wunsch könne CSB die Kundendaten auch in
getrennten Brandabschnitten hosten.
Wilhelm Rulle ist davon überzeugt, dass CSB im neuen Rechenzentrum eine gelungene Verbindung
aus Sicherheit und Wirtschaftlichkeit realisiert habe. Ein Beispiel dafür sei auch die
Brandfrühesterkennung und die Argongaslöschanlage, die in den Server- und Technikräumen installiert
ist: Diese brauche im Gegensatz zu Oxy-Reduct-Anlagen keinen laufenden Strom und sei außerdem sehr
wartungsarm.