Kommt die Rede auf Softwarelösungen zur Defragmentierung von Festplatten, so sind gerade IT-Profis schnell mit Aussage zu Hand, dass solche Programme völlig überflüssig geworden sind. Wir zeigen hier, warum dies nicht so ist, erläutern die Grundlagen und stellen zwei Lösungen für unterschiedliche "Defragmentierungsbedürfnisse" vor.
Es werden wohl eher die erfahrenen Anwender und Administratoren sein, die bei der Erwähnung des
Begriffs Defragmentierung wissend nicken und mit einem gemurmelten „alter Hut“ zum nächsten Thema
übergehen. Keine Frage – das Thema ist bekannt und gerade mit den neuen Betriebssystemversionen wie
Windows 7 scheint es gänzlich aus dem Fokus verschwunden zu sein. Professionelle Anwender sollten
sich jedoch die Mühe machen, auch im Hinblick auf die Verbreitung der so genannten SSDs (Solid
State Drives – siehe dazu auch den Kasten auf Seite 43) diese Problematik noch einmal aufzugreifen.
Sie werden dann schnell feststellen, dass immer noch genügend Gründe existieren, sich damit näher
zu befassen. Wir stellen in diesem Bericht einige grundsätzliche Überlegungen zur Fragmentierung
von Festplatten und zwei Softwarelösungen vor, die sich um die Beseitigung solcher Probleme
kümmern.
Einer der Gründe für die vermeintliche Unwichtigkeit des Themas ist die in Windows integrierte
Software zur Defragmentierung (Bild 1). Der schnellste Weg zu diesem Teil des Betriebssystems
besteht sowohl unter Windows 7 als auch unter Windows Server 2008 darin, einen Rechtsklick auf ein
beliebiges Laufwerk des entsprechenden Rechners auszuführen, dann dessen Eigenschaften auszuwählen
und dort den Reiter „Tools“ anzuklicken. An dieser Stelle steht dann wie in Bild 1 zu sehen der
Eintrag „Defragmentieren“, der direkt die Oberfläche der integrierten Lösung startet. Wer dies aber
zum ersten Mal auf einem Windows-Server ausführt, wird bisweilen eine Überraschung erleben:
Standardmäßig ist dieser Dienst auf dem Server nicht aktiviert (Bild 1 wurde auf einem aktuellen
Windows Server 2008 R2 in der Standardversion gemacht), während er auf einem Windows-7-Client
automatisch arbeitet. Dort wird regelmäßig in jeder Mittwochnacht um 1:00 Uhr eine solche Aktion
durchgeführt. Natürlich kann sich jeder Anwender an dieser Stelle seinen eigenen Zeitplan
erstellen.
Microsoft gibt als Grund für die Wahl dieses Zeitpunkts an, dass man die Arbeit eines Anwenders
nicht unnötig durch einen Lauf der Defragmentierungslösung behindern wolle. Daher wurde diese
Standardeinstellung ausgewählt, weil man davon ausgehen kann, dass Anwender im SOHO-Bereich zu
diesem Zeitpunkt eher nicht am PC aktiv sind. Diese Aussage gilt aber definitiv nicht für
Server-Systeme in Unternehmen, auf denen in den Nachtstunden in der Woche häufig wichtige Aufgaben
wie Systemsicherungen, tief gehende Überprüfungen auf Bedrohungen oder ähnliche Hintergrundprozesse
laufen, die ebenfalls sehr viele Systemressourcen binden können. Also wird dieser Dienst auf dem
Server standardmäßig nicht ausgeführt, solange ein Administrator nicht selbst die benötigten
Einstellungen vornimmt.
Prinzipiell gilt natürlich auch für alle modernen Windows-Systeme, dass eine Fragmentierung der
Daten auf der Festplatte bei fast allen Operationen auf das Dateisystem stattfindet – schließlich
sind auch diese Systeme immer noch mit dem gleichen NTFS als Dateisystem ausgestattet, dass schon
unter Windows 2000 seinen Dienst tat, auch wenn es in diesem Punkt einen gewissen Fortschritt bei
den Versionsnummern sowie Verbesserungen im Detail gab. So stellt zwar NTFS im Vergleich zu den
alten Dateisystemen FAT beziehungsweise FAT32 einen großen Fortschritt dar, dennoch werden
grundsätzlich immer wieder Dateien in unterschiedlich großen Stücken auf der Festplatte zerteilt
(fragmentiert) abgelegt. Dies hat dann wiederum einen negativen Effekt auf die
Zugriffsgeschwindigkeit bei den Dateioperationen. Dabei gilt nach wie vor der Grundsatz: Je voller
eine Festplatte beziehungsweise Partition ist, umso stärker wird der Effekt auftreten. Also werden
Systemverwalter gerade auch auf Datei-Servern nicht umhin kommen, Maßnahmen zu ergreifen – wobei
sie dabei immer zwei Faktoren abwägen sollten: Wie viel schneller wird das System tatsächlich durch
das Defragmentieren im Vergleich zu dem Geschwindigkeitsverlust, den es durch die Arbeit dieser
Software erleidet? Da eine solche Software sehr viele Dateioperationen auf die Festplatten über
einen langen Zeitraum ausführen muss, wird es fast selbstverständlich auch eine zusätzliche
Systemlast erzeugen, die gerade bei reinen Datei-Servern nicht erwünscht ist.
Wie sollen nun Systemadministratoren vorgehen, die ihre Windows-Server- und -Client-Systeme
möglichst effizient betreiben wollen? Es ist sicher kein guter Ansatz, davon auszugehen, dass ein
Windows-System „schon nicht so schlimm fragmentieren wird“. Die Standardlösung von Microsoft kann
eine Möglichkeit sein, doch bietet sie keine besondere Unterstützung von Server-Features. Wer diese
nicht braucht und in seinem kleinen Netzwerk hauptsächlich daran interessiert ist, seine
Client-Systeme aufgeräumt zu halten, sollte einen Blick auf die Software „Defraggler“ werfen, die
ganz aktuell in der Version 2.0 als kostenloser Download zur Verfügung steht [1]. Angeboten wird
die Lösung von der englischen Firma Piriform, die eine Reihe von Werkzeugen für die Systembetreuung
und Verwaltung herstellt. Sie dürfte vielen Anwender durch das Tool CCleaner bekannt sein, das auf
vielen Rechnern zum Aufräumen von Windows-Systemdateien und der Registry zum Einsatz kommt.
Auch wenn die Web-Seite der Firma komplett in Englisch gehalten ist, kann sich der Anwender doch
gleich bei der Installation für eine deutsche Version entscheiden, die dann auch vollständig
lokalisiert auf dem Desktop erscheint (Bild 2). Ebenso bemerkenswert: Wie selbstverständlich steht
hier sofort eine 64-Bit-Version der Software zum Download bereit. Beide Features, sowohl die
vollständige Lokalisierung als auch die 64-Bit-Unterstützung lassen viele teure Softwarelösungen
leider häufig immer noch missen.
Nach der Installation auf einem Windows-7-Ultimate-System in der 64-Bit-Version präsentierte
sich die Software mit einer gut strukturierten Oberfläche, die in ihrem Aussehen doch sehr dem
bekannten Tools der Firma O&O aus Berlin ähnelt, auf die wir im weiteren Verlauf dieses
Berichts noch näher eingehen werden. Die Beschriftungen der einzelnen Menüs sind eindeutig gewählt,
es erscheint nur etwas ungewöhnlich, dass unter dem Punkt „Hilfe“ lediglich der Punkt
„Laufwerksübersicht“ mit einer Erläuterung der Diagrammfarben und ein Eintrag mit Informationen zur
Firmen-Web-Seite zu finden sind. Ansonsten bietet die Software alle Einstellung, die ein Anwender
von einer derartigen Software erwarten kann.
Natürlich wird neben der Konfiguration eines Zeitplans für regelmäßige Jobs auch eine
Defragmentierung bei System-Boot angeboten. Die Software versäumt es allerdings, die eingebaute
Defragmentierung des Windows-System zu deaktivieren, wenn sie auf dem System installiert wird. Der
Anwender muss daher noch selbst dafür sorgen, dass nicht zwei Programme auf seinem System
versuchen, die gleiche Aufgabe zu erledigen. Zu den Besonderheiten des Programms zählt die
Möglichkeit, direkt einzelne Verzeichnisse oder auf Dateien zu defragmentieren. Dieses Feature wird
durch eine ebenfalls integrierte Suchfunktion ergänzt, mit deren Hilfe der Anwender große Dateien
gezielt suchen und dann entsprechend defragmentieren kann.
Die zweite Lösung, die wir in Rahmen dieses Artikel vorstellen, gehört ohne Zweifel zu den
bekanntesten Programmen im Umfeld der Systemverwaltung und -betreuung: O&O Defrag des Berliner
Softwarehauses O&O Software hat eine lange Tradition und existiert aktuell in der Version
14.
Neben der Professional Version, die auf den Einzelplatz und damit direkt auf den Endanwender
ausgerichtet ist, stehen auch noch eine Workstation- und eine Server-Edition zur Verfügung. Von
allen drei Versionen bietet der Anbieter Testversionen an [2], die dreißig Tage ohne
Einschränkungen arbeiten. Wir haben uns für diesen Bericht die Server-Version der Software auf
einem Windows Server 2008 R2 angesehen.
Mit dieser Version haben die Entwickler aus Berlin einige Neuerungen in ihre Software einfließen
lassen. Dazu gehört die Fähigkeit der herstellerunabhängigen Optimierung für Solid State Drives.
Mithilfe von regelmäßig ausgeführten ATA-TRIM-Befehlen soll einem SSD-Laufwerk so mitgeteilt werden
können, welche Festplattenbereiche wieder für neue Daten zur Verfügung stehen. Bei diesem Befehl
handelt es sich um einen Vorgang, mit dem die Datenblöcke, die nicht mehr benötigt werden, auch
direkt in den Flash-Zellen der SSD als unbenutzt markiert werden. Anstatt die nicht mehr benötigten
Inhalte gelöschter Dateien weiterhin zu speichern, kann die SSD auf diese Art die freigewordenen
Bereiche für eine laufwerksinterne Optimierung des Daten-Managements verwenden. Dadurch soll eine
SSD die Zugriffe deutlich schneller abarbeiten können, was zugleich die physische Abnutzung der
Flash-Bausteine minimiert. Wichtig dabei: Sowohl der Controller samt der Firmware, die bei der SSD
zum Einsatz kommt, als auch das Betriebssystem müssen diese Funktion unterstützen. Bei Windows
trifft das erst ab Windows 7 und Windows Server 2008 R2 zu.
Ebenfalls neu und interessant ist in dieser Version die Möglichkeit, ein Laufwerk wahlweise in
Geschwindigkeitszonen einzuteilen. Dadurch wird auf einem Laufwerk eine logische Unterteilung der
Daten vorgenommen. Sie werden dabei in solche Daten, die eher geschwindigkeitskritisch und solche,
die in dieser Beziehung unkritisch sind, getrennt. Die Software teilt standardmäßig das
Systemlaufwerk automatisch in drei Zonen ein. Dem Anwender stehen aber Optionen zur Verfügung, hier
eigene Zonen anzulegen und zu entwickeln. In der Menüleiste am oberen Rand gibt es dazu den Eintrag
„Zonen konfigurieren“. Bei Aufruf dieses Punktes warnt die Lösung allerdings eindringlich, dass
sich nur erfahrene Anwender an die dort zur Verfügung stehende Definition entsprechender Regeln
wagen sollten. Grundsätzlich soll die voreingestellte Trennung der Daten, die in der Regel selten
geschrieben werden, von den Daten auf dem Laufwerk, die häufig bewegt werden, eine deutliche
Performanceverbesserung bewirken.
SSDs (Solid State Drives) werden bereits seit einiger Zeit als die „Nachfolger“ der rotierenden
Festplatten, wie sie heute noch in fast allen Computersystemen die Regel sind, gehandelt. Die
Vorteile dieser auf Halbleiterbausteinen beruhenden Speichermedien sind auf den ersten Blick
absolut überzeugend: Sie haben im Gegensatz zu den konventionellen Systemen keine rotierende
Metallscheibe in ihrem Inneren, die allein durch den mechanischen Verschleiß fehleranfällig ist. Da
sie auch keine anderen mechanischen Bauteile wie Schreib-/Lese-Köpfe benötigen, deren Bewegungen
gerade bei großen Speichervolumen die Zugriffszeiten auf die Daten erhöhen können, scheinen sie
zunächst eine Art Ideallösung auch für die professionelle IT zu sein. Als weitere Vorteile
verbuchen solche Medien den geringeren Energieverbrauch, ihre relative Unempfindlichkeit gegen
mechanische Beeinflussungen (Schock, Stoß) und keinerlei Geräuschentwicklung.
Zunächst war es der Preis dieser Medien, der ihre Verbreitung verhinderte – in der Zwischenzeit
hat dieser sich jedoch auf einem akzeptablen Niveau eingependelt. Grundsätzlich existieren aber in
einigen Fällen noch Probleme im Zusammenspiel mit den Betriebssystemen. So sollten neben der
Defragmentierung auf einen Windows-System auch die Techniken Prefetch (das Vorabladen von
Speicherinhalten) und Superfetch (Beschleunigung des Speicherzugriffs durch Auslagerung auf
schnellere Medien) für diese Speichermedien nicht aktiv sein. Ab Windows 7 und dem Windows Server
2008 sollte das System dies auch automatisch tun, leider werden aber in einigen Fällen die SSDs
nicht richtig als solche erkannt. Da SSDs grundsätzlich nur eine beschränkte Anzahl von
Schreibzugriffen während ihrer Lebenszeit erlauben, raten die Hersteller dieser Medien von dem
Versuch ab, diese mittels einer Defragmentierung zu bearbeiten, zumal diese Technik aufgrund des
Aufbaus und des daraus resultierenden gänzlich anderen Zugriffs keinen Beschleunigungseffekt haben
würde.