Mehreren Wochen sind seit dem weltweiten IPv6-Start am 6. Juni vergangen und die Welt hat sich nicht geändert. Dieses Ereignis wird in der Entwicklung von IPv6 auch für die kommenden Jahre das einzige Highlight bleiben. Der weltweite IPv6-Start wurde von den Interessensgruppen stark in die Medien gebracht, aber am Ende hat dies der IP-Nutzer nicht bemerkt. Transparentes Arbeiten im Hintergrund war schon immer eines der Maxime der IP-Protokolle. Was wird in Zukunft im Bereich IPv6 passieren und welches ist der nächste Meilenstein am Horizont für IPv6?
Unter der Koordination der Internet Society (ISOC) wurde am 6. Juni weltweit das IPv6 als permanentes Protokoll im Internet eingeführt. Unterstützt wurden der Startschuss durch die gleichzeitige Aktivierung von IPv6 bei den bedeutenden Internet-Firmen. Seit diesem Zeitpunkt können die Nutzer mit ihren Web-Browser auch bei Google, Facebook, YouTube, Yahoo, Wikipedia, Bing oder viele andere Anbietern per IPv6 die angebotenen Inhalte abrufen. Darüber hinaus wurde der weltweite IPv6-Start von einigen großen ISPs unterstützt. Inzwischen haben etwa 1 Prozent der Internet-Nutzer die Möglichkeit einen offiziellen IPv6-Internet-Zugang zu erhalten. Ebenfalls haben die großen Netzwerkhersteller IPv6-fähige Komponenten für den Nutzer auf den Markt gebracht. Trotz des großen Rummels um IPv6 dümpelt das IPv6-Verkehrsaufkommen immer noch auf sehr niedrigen Niveau.
Vor einigen Jahren realisierten viele Content-Anbieter ihre IPv6-Internet-Konnektivität und bieten seitdem sowohl eine DNS-A-Record und AAAA-Record für ihre wichtigen Websites. Die Praxis zeigte damals, dass bei einem kleinen Prozentsatz der Betriebssysteme und Web-Browsern die Umschaltung von IPv6 auf IPv4 bei Problemen mit der IPv6-Konnektivität nicht richtig funktionierte. Einige Bug-Fixes später hatte die Software-Industrie diese Probleme im Griff und im RFC 6555 „Happy Eyeballs: Success with Dual-Stack Hosts“ wurde über die Stabilität der IPv6-Implementationen ausführlich berichtet.
IPv6 ist nicht dazu gedacht, IPv4 ad hoc aus dem Netzwerk zu vertreiben. IPv6 ist ein von IPv4 unabhängiges Protokoll und existiert im Layer 3 "neben" IPv4, und kann ganz unabhängig davon benutzt werden. Es beinhaltet aber teilweise IPv4-Adressierungsmechanismen, die die Migration zu IPv6 erleichtern. Bereits in den Grundpfeilern von IPv6 legte die IETF fest, dass das neue IP nur mit einer vernünftigen Übergangtechnologie (IPv4 <-> IPv6) erfolgreich sein würde. IPv6 ist darauf ausgelegt, ohne so genannten "Flag Day" in das Internet integriert zu werden, ohne IPv4 zu beeinträchtigen und ist mit einem Satz von Transitionsmechanismen ausgestattet, die eine IPv6 nach IPv4 (und umgekehrt) Kommunikation zulassen. Allen an der IPv6-Entwicklung beteiligten Personen war klar, dass der Übergang vom alten IP zum IPv6 mindestens ein Jahrzehnt dauern würde. Hierfür entwickelte die IT-Industrie viele Tunneling- und Übersetzungsstrategien. Die bevorzugte Übergangtechnik blieb aus Sicht der IETF der Dual-Stack-Ansatz.
Der weltweiten IPv6-Start ging fast lautlos vorüber und hat kaum Staub aufgewirbelt. Niemand scheint bemerkt zu haben, dass das IPv6-Protokoll funktioniert und für jeden Nutzer bereit steht.