Seit vielen Jahren gibt es eine hitzige Debatte über RJ45. Immer wieder wurden Zweifel an der Eignung dieses Steckverbinders laut, wenn der Sprung auf die nächsthöhere Datengeschwindigkeit bevorstand. Dennoch hat der RJ45 mit der bisherigen technischen Entwicklung Schritt gehalten und unterstützt sogar 10GBit/s-Applikationen.
Da die High Speed Study Group jetzt die Realisierung von 40GbE über Kupfer innerhalb der nächsten fünf Jahre ins Auge fasst, ist es sinnvoll, diesen Diskussionspunkt erneut zu beleuchten: Kann der simple RJ45 wieder den Sprung schaffen? Oder brauchen wir jetzt eine neuartige Steckverbindertechnik? Und falls ja, welche?
Die Zahl der Steckverbinder, die auf den Markt kommt, wächst unaufhörlich. Für die verschiedenen Anforderungen an Datenrate und Übertragungseigenschaften entwickelten die Techniker besonders in den letzten Jahren viele neue Arten. So finden sich in Aktivkomponenten, Anschlüssen im Arbeitsbereich und in Telekommunikationsbereichen diverse Steckverbinder, jeweils mit spezifischen Bauformen, um besonderen Anforderungen hinsichtlich Packungsdichte, Zuverlässigkeit und Leistung zu genügen. Neben dem Kabel, das selbst eine wesentliche Rolle bei der Übertragungsleistung spielt, ist der Steckverbinder in gleichem Maße ausschlaggebend. Dabei gilt die bekannte doch auch in diesem Fall richtige und wichtige Regel, dass die Leistung eines End-to-End-Verkabelungssystems so gut oder schlecht ist wie die leistungsschwächste Komponente im Übertragungskanal.
Wenn die Experten Leistungsstandards für einzelne Komponenten wie Steckverbinder oder für den Übertragungskanal insgesamt erarbeiten, ist eines der Bewertungskriterien eine große Marktakzeptanz. Aus genau diesem Grund haben RJ45-Steckverbinder über lange Jahre eine treue Anhängerschaft gefunden. Heute bleibt zu hinterfragen, ob sein Einsatz bei Datenraten jenseits der 10 GBit/s technisch noch realisierbar ist. Dies ist das zweite der fünf Bewertungskriterien für einen IEEE-Standard ist.
Die Herstellern von Netzwerkverkabelungen haben allesamt gute Arbeit geleistet, denn eine zuverlässige 10GBit/s-Leistung über Twisted-Pair-Kupferkabel und achtpolige modulare RJ45-Verbindungstechnik zu erreichen, ist alles andere als trivial. Die meisten namhaften Hersteller bieten eine RJ45-basierte 10-GBit/s-Lösung in der einen oder anderen Form an. Allerdings stellt sich angesichts der dafür gemeisterten technischen Hindernisse die Frage: Können Anschlusskomponenten mit RJ45-Schnittstelle auch die nächste Hürde nehmen?
Zur Beantwortung dieser Frage ist es zunächst wichtig, sich die Grenzen der modularen RJ45-Schnittstelle vor Augen zu halten. In den Standardauflegeoptionen 568A und 568B muss eines der vier Adernpaare des Twisted-Pair-Kabels aufgedrillt und an die Kontakte 3 und 6 des RJ45 Modularsteckers angeschlossen werden. In diesem Moment verläuft dieses aufgedrillte Adernpaar geteilt um ein anderes Adernpaar. Damit verringert sich jedoch sowohl die Induktivität als auch die Kapazität der Leiter in dem aufgeteilten Adernpaar, was wiederum die Übertragungsleistung beeinträchtigt. In der dazugehörigen RJ45-Buchse sorgt eine Leiterplatte für die benötigte Induktivität und Kapazität, um die Leistung wiederherzustellen. Entscheidender in diesem Zusammenhang ist jedoch unter bestimmten Umständen das Nebensprechen, das durch Anschließen des aufgedrillten Adernpaars an RJ45-Steckverbinder entsteht und das ebenfalls durch die Leiterplatte der RJ45-Buchse kompensiert wird.
Mit steigender Übertragungsgeschwindigkeit hat sich zwangsläufig auch die Frequenz der Übertragung erhöht. Bei einer Bandbreite von 500 MHz sind die Fähigkeiten der Leiterplatte zur Kompensation von Dämpfung und Nebensprechen in RJ45-Anschlusskomponenten bei 10GBase-T bereits auf das Äußerste beansprucht. Mit Ach und Krach - und viel Konstruktionsarbeit an der Leiterplatte - hat es der modulare RJ45-Steckverbinder bis zu 10 GBit/s geschafft.
Es wäre unfair zu sagen, dass keine technische Neuerung in der Lage sein könnte, modulare RJ45-Anschlusskomponenten für mehr als 10 GBit/s tauglich zu machen. Allerdings ist dies höchst unwahrscheinlich. Es gibt keine RJ45-basierenden Steckverbinder, die über 500 MHz hinausgehen. Dies gilt auch für Produkte, die einen Schaltmechanismus einsetzen und als abwärtskompatibel mit RJ45-Steckern und konform zum Kategorie-7-Standard mit 600 MHz auf dem Markt angeboten werden. Während diese Produkte die RJ45-Schnittstelle für Kategorie-6A-Verbindungen mit 500 MHz nutzen, ist eine spezielle Pin-Konfiguration in der RJ45-Schnittstelle erforderlich, um eine Kategorie-7-Übertragungsleistung zu gewährleisten.
Der nächste Meilenstein für die Leistung einer Verkabelung ist mit der Kategorie 7A gesetzt, die bis 1000 MHz spezifiziert ist und für zukünftige Applikationen ausgearbeitet wurde, die über 10 GBit/s hinausgehen. Übertragungssysteme, die auf 10GBase-T folgen, werden wahrscheinlich mit Bandbreiten über 500 MHz arbeiten. Die Mindestanforderung von 500 MHz für 10 GBit/s hat die RJ45-Produktdesigner an den Rand des Möglichen gebracht, über eine Leiterplatte das für RJ45-Schnittstellen typische erhöhte Nebensprechen zu kompensieren. Für CATV-Breitbandvideo, das eine Bandbreite von 862 MHz erfordert, wird modulare Verbindungstechnik mit Nicht-RJ45-Schnittstellen als geeigneter angesehen. Die Übertragungsstandards für Kategorie 7/Klasse F (600 MHz) und die neue Kategorie 7A/ Klasse FA (1000 MHz) sind bereits verabschiedet. Konformität mit diesen Standards lässt sich leichter mit einer Nicht-RJ45-Schnittstelle erzielen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird 10 GBit/s der letzte Hafen für den ehrwürdigen modularen RJ45-Steckverbinder sein.
Natürlich befindet sich 10GBase-T erst am Anfang seines Lebenszyklus und wird noch eine Reihe von Jahren auf der Basis modularer RJ45-Verbindungstechnik übertragbar sein. Dennoch ist es Zeit, darüber nachzudenken, wie der Nachfolger des RJ45-Steckers und die entsprechende Buchse aussehen könnte. Ein aussichtsreicher Anwärter ist die vom IEC Standard 61076-3-104, Ed. 2 mit 1000 MHz anerkannte Nicht-RJ-Schnittstelle, die in Vorbereitung auf einen Kategorie 7A/Klasse FA Standard entwickelt wurde und auch für auf 10GBase-T folgende Anwendungen gute Voraussetzungen bietet. Diese von den Standards anerkannte Schnittstelle basiert auf dem Tera-Design von Siemon, ist in freier Lizenz erhältlich und wird von einer Reihe von Herstellern unterstützt. Die Anschlussbuchse nach IEC 61076-3-104, Ed. 2 besitzt das Einbaumaß einer RJ45-Modularbuchse, ist jedoch eine Vierquadrantenkonstruktion, bei der das Aufdrillen der Adern zum Terminieren, wie es beim RJ45 Modularstecker notwendig ist, entfällt. Damit kommt es auch nicht zum Verlust an Induktivität und Kapazität im Twisted-Pair. Durch die Abschirmung der Adernpaare über die geschirmten Quadranten ist darüber hinaus ein Nebensprechen weitestgehend ausgeschaltet.
Selbst wenn jetzt Kategorie 7A-Systeme mit Schnittstelle gemäß IEC 61076-3-104, Ed. 2 verfügbar sind und sich wachsenden Zuspruchs erfreuen, bedeutet dies noch lange nicht das Aus für RJ45-Anschlusskomponenten. Dennoch sehen Firmen erstmalig für die Zukunft einen Punkt, an dem modulare RJ45-Steckverbindungen endgültig die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit erreicht haben.