Insider weisen derzeit auf eine Besonderheit bei den per Faseroptik übertragenen Ethernet-Ausprägungen mit der Einführung von 40 GBit/s als Stufe zwischen 10 GBit/s und 100 Bit/s hin. Auch die IEEE als Wächterin des Ethernets weicht dabei von der Regel der "zehnfachen Geschwindigkeit? ab. Zusätzlich zeigt sich, dass der wirtschaftliche Druck - etwa von Microsoft, Broadcom, Google, Cisco, Dell - ein Umdenken des Geschäftsmodells verursacht und weitere neue Geschwindigkeiten wie 25 GBit/s und 50 GBit/s außerhalb der IEEE entstehen.
Mit den weiteren Geschwindigkeiten außerhalb des Zehnerpotenz-Modells (400 GBit/s, zudem gibt es Arbeiten an 200, 250, 500 und 800 GBit/s) scheint alles möglich, bevor der nächste Schritt zu 1 TBit/s erfolgt. Diese Entwicklung ist ein guter Grund, sich mit den Auseinandersetzungen hinter den Kulissen bei der Entwicklung von optischen Ethernet-Übertragungen zu befassen.
Der Zehnfach-Zug ist abgefahren
Seit nunmehr zwei Jahrzehnten entschied das Modell "Zehnfache Geschwindigkeit für dreifache Kosten? darüber, ob ein neuer Standard innerhalb des IEEE weiterverfolgt wurde oder nicht. Dies führte zu den Ethernet-Standards von 10 MBit/s über 100 MBit/s, 1000 MBit/s (1 GBit/s) und aktuell zu 10 GBit/s - allesamt angewandt auf sowohl Glasfaser- wie auch Kupfer-Verkabelungen. Nach diesem "alten" Modell sollte der nächste Schritt ursprünglich also 100 GBit/s sein.
Offenbar nur mit geringen Erwartungen, dass auch eine Kupferverkabelung in der Lage wäre, 100 GBit/s zu unterstützen, gingen viele Fachleute der Branche davon aus, dass der nächste logische Schritt einzig die Glasfaserstandards sein könnten und durch jeweils ein Paar Singlemode-Verbindungen oder eine parallel optische Übertragung mit mehreren Paaren von Multimode-Fasern zu realisieren wäre. Doch dann forcierten wirtschaftliche Interessen außerhalb das IEEE die Idee, eine 40-GBit/s-Lösung zusammen mit der "logischen" 100-GBit/s-Lösung zu diskutieren.
40 GBit/s mag manchem Betrechter als eine seltsame Datenrate erscheinen - doch der Wert entstand auf Betreben einiger der wichtigsten Konzerne der Telekommunikationsbranche, die bereits 40-GBit/s-Lösungen im Telekom-Sektor (mit Laser-Speed-Modulation) verwendeten. Dieser Teil der Branche war offensichtlich an einer Rückvergütung seiner Entwicklungskosten interessiert - und der LAN-Sektor nahm dies bereitwillig an.
Zudem stellte sich heraus, dass auch ein wachsender und dringender Bedarf für Server- und SAN-Verbindungsgeschwindigkeiten für mehr als 10 GBit/s bestand. Der Schritt zu 40 GBit/s und dann zu 100 GBit/s erschien logisch, die Entwicklung von Lösungen für beide begann gleichzeitig. Im Detail: 100 GBit/s benötigt Singlemode-Fasern oder eine Bündelung von 20 Multimode-Fasern (zehn Parallel-Links mit einer Leistung von je 10 GBit/s. 40 GBit/s benötigt Singlemode- oder acht Multimode-Fasern (4×10 GBit/s).
Anarchie
Nachdem das Modell "Zehnfache Geschwindigkeit für das Dreifache an Kosten? durch die 40 GBit/s zum ersten Mal durchbrochen wurde, begannen mehrere sehr interessante Entwicklungen außerhalb des IEEE, die bis dato als einziger Wächter oder sogar Eigentümer des Ethernet-Standards fungierte. Bemerkenswert ist dabei etwa der Anstoß durch die Ethernet-Allianz und die Gigabit-Ethernet-Allianzen von etwa Google, Broadcom und Microsoft - eine Kooperation der größten Hersteller und Betreiber von Rechenzentren. Hersteller wie Cisco, Intel und Dell beteiligten sich ebenfalls an der Vereinbarung der De-facto-Standards außerhalb des IEEE.
Um ihre jeweiligen Interessen zu unterstützen - und ihre massiven Investitionen in Forschung und Entwicklung zurück zu bekommen -, boten diese Unternehmen der Branche freien Zugang zu den von ihnen entwickelten und geschützten Standards - ein sicherer Weg, um diese als tatsächliche Standards in die Branche zu bringen. Sie setzen unter anderem auf 25 GBit/s und 50 GBit/s, die die Lücke zwischen den aktuell vereinbarten IEEE-Standards füllen. Hinter den Kulissen war dies vermutlich der Beginn heftiger Auseinandersetzungen.
Als sich herausstellte, dass das IEEE-Gremium kurz davor stand, die Kontrolle über den Ethernet-Standard zu verlieren (als Konsequenz sicher negativ für die Branche), unterstützten die Unternehmen, die die neuen Ethernet-Geschwindigkeiten propagierten, nun doch auch die IEEE. Dies führte zu dem Resultat, dass einige der "proprietären" Standards für die IEEE zu Kandidaten für die offizielle Reihe der IEEE-802.3xx-Ethernet-Standards wurden.
Warum seltsame Geschwindigkeiten?
Bei den zusätzlichen Geschwindigkeiten handelt es sich gewissermaßen um Nebenprodukte bei der Entwicklung von 10 GBit/s, 40 GBit/s und 100 GBit/s. Ergänzend kommt zum ursprünglich mit zehn 10-GBit/s-Leitungen (20 Fasern für 100 GBit/s) ein neuer Standard innerhalb des IEEE mit 25 GBit/s pro Leitung für einen 8-Faser-100-GBit/s-Link hinzu. Dies führt als Konsequenz zu der einfachen Option, einen 25-GBit/s-Kanal mit einem einfachen Fasernpaar und eine 50-GBit/s-Lösung auf zwei Kanälen (vier Fasern) oder auf einem Kanal mit zwei Wellenlängen zu nutzen.
Eine weitere interessante Entwicklung ist der Ansatz, die 50-GBit/s-Lösungen für Kupfer- und Glasfaserverkabelung als duale Lösung zu nutzen, die in der Lage ist, sowohl 40 GBit/s als auch 50 GBit/s zu bedienen. In der Praxis könnte dies sogar dazu führen, dass sich 40 GBit/s nur als kurzlebiger Standard erweist und 50 GBit/s zur favorisierten Option wird.
Cisco hat eine proprietäre 40-GBit/s-Lösung über ein einfaches Multimode-Faserpaar entwickelt, gewissermaßen als Pendant zur 8-Faser-Lösung der IEEE. Diese Lösung nutzt auf clevere Weise zwei 20-GBit/s-Kanäle mit Wave Division Multiplexing (WDM) über zwei verschiedene Wellenlängen. Zudem gibt es noch andere Ethernet-Ausprägungen, die ebenfalls vermutlich außen vor bleiben werden, bis die Entwickler genug Rückendeckung vom Markt erhalten, um die IEEE davon zu überzeugen, sie später in die "offiziellen? Standards aufzunehmen.
Bei den Betrachtungen in diesem Artikel geht es nur um den Glasfaserbereich, doch auch in der Welt der Kupferverbindungen gibt es ähnliche Auseinandersetzungen. Auch aufgrund der Tatsache, dass die IEEE nur einige und nicht alle der proprietären Ethernet-Geschwindigkeiten aufgenommen hat, bleibt es abzuwarten, ob wieder Frieden einkehrt oder es noch mehr Säbelrasseln von den großen Herstellern und den nach Geschwindigkeit dürstenden Kunden kommt. Der Rat an die Netzwerk-Manager bleibt der gleiche wie stets: Halten Sie sich an etablierte Hersteller für Netzwerkinfrastruktur, die in die Standardisierungsprozesse involviert sind und bei der Entwicklung von neuer Technik vorn liegen! Dies ist nach Einschätzung von Insidern tatsächlich der einzige Weg, um Schritt zu halten.