Spezifikationen von Kategorie 6A und Cat. 6A

Kat. 6A: Verwirrung vorprogrammiert

12. August 2009, 22:58 Uhr | Hans-Jürgen Niethammer/jos Hans-Jürgen Niethammer ist als Head of Program Management EMEA bei AMP Netconnect Tyco Electronics tätig.

Im internationalen Verkabelungsstandard ISO/IEC 11801 wird es in naher Zukunft neue Definitionen für Kategorie 6A und 7A geben. Dies führt zu einem erheblichen Aufklärungsbedarf auf dem Markt.

Als 2004 die Normierungsarbeiten für IEEE 802.3an (10 GBit/s Ethernet über Kupfer) begannen,
wurde schnell klar, dass zur Erfüllung der Applikationsanforderungen eine neue Channel-Definition
für Kupferverkabelungen notwendig sein würde. Dieser Tatsache Rechnung tragend haben die
internationalen Normierungskomitees bereits vor der Ratifizierung von IEEE 802.3an (10GBase-T) im
Jahr 2006 damit begonnen, Übertragungskanäle zu definieren, die diese Anwendung unterstützen.

Normativer Hintergrund

Aufgrund der "räumlichen Nähe" zu IEEE hat das US-amerikanische Normierungskomitee von EIA/TIA
mit seiner Standarderweiterung 568B.2 Addendum 10 die Neudefinition als weltweit erstes Komitee
erledigt. Dort existieren seit April 2008 komplette Cat.-6A-Definitionen für Channel, Permanent
Link und Komponenten. Einer der Hauptgründe für die schnelle Umsetzung war wahrscheinlich die
Aussage von IEEE, dass man 10GBase-T über die vollen 100 m Channel-Länge nur mit geschirmten
Klasse-E- beziehungsweise Klasse-F-Systemen umsetzen könne, während Klasse-E-UTP-Systeme diese
Applikation nur bis maximal 55 m unterstützen (in der Zwischenzeit hat sich herausgestellt, dass
die Wahrheit irgendwo bei 37 m liegt).

Da Klasse F in EIA/TIA gar nicht definiert ist und geschirmte Systeme nur rudimentär behandelt
werden, musste man sehr schnell die Cat. 6A definieren, um den großen UTP-Markt in den USA nicht
mangels geeigneter Verkabelungsdefinitionen den geschirmten Systemen zu überlassen. Ein Resultat
der schnellen Umsetzung ist, dass die EIA/TIA-Definitionen sehr nah an den entsprechenden
Channel-Anforderungen der IEEE-802.3an-Applikation liegen.

ISO/IEC hat einen anderen Ansatz gewählt. Da man sich dort mit weltweit gültiger Normierung
beschäftigt, waren die Experten weniger an einer applikationsnahen, sondern mehr an einer
universellen Verkabelungsdefinition interessiert, die idealerweise bereits zukünftige Entwicklungen
und Trends berücksichtigt. Aus diesem Grund startete die ISO/IEC JTC1 SC25 Working Group 3 die
Spezifikation von Klasse EA und Klasse FA. Im April 2008 wurden im so genannten Amendment 1 zu
ISO/IEC 11801 die Channel-Definitionen für die neuen Klassen EA und FA ratifiziert, die dem
Anwender Planungssicherheit geben. Im nächsten Schritt – sehr wahrscheinlich noch in diesem Jahr –
werden im Amendment 2 die beiden noch fehlenden Definitionen für den Permanent Link und die
Komponenten folgen. Die in Europa gültige EN 50173-1 folgt relativ strikt der ISO/IEC 11801 und
setzt die internationalen Definitionen nach deren Ratifizierung um.

Kategorie 6A ist nicht Cat. 6A ist nicht Klasse EA

Auf dem Markt gibt es heute eine Reihe von unterschiedlichen Definitionen und Interpretationen
der Kategorie 6A. Viele Anwender, Installateure und auch Planer glauben, dass die Kategorie 6A seit
geraumer Zeit bereits komplett spezifiziert sei. Dies ist aber nicht der Fall, was man leicht
erkennt, wenn man die internationale Verkabelungsnorm ISO/IEC 11801 mit dem US-amerikanischen
EIA/TIA-Standard vergleicht. Hauptsächlich zwei Gründe führen zu der genannten Fehlannahme:

Konfusion bei der Namensgebung: Im US-amerikanischen Verkabelungsstandard EIA/TIA 568-B.2-10
werden alle Konfigurationen (Channel, Permanent Link und Komponente) als "Category 6A"
beziehungsweise "Cat. 6A" bezeichnet. Diese unpräzise Benennung führt dazu, dass völlig unklar ist,
welche der drei Konfigurationen gemeint ist, wenn jemand von "Cat. 6A" spricht. Es kann sich um
eine Channel-, eine Permanent-Link- oder um eine Komponentenspezifikation handeln. Diese
Namensgebung unterscheidet sich von den im globalen Verkabelungsstandard ISO/IEC 11801 und in der
europäischen Norm EN 50173-1 gewählten Bezeichnungen. In diesen beiden Standards werden die
Konfigurationen Channel und Permanent Link jeweils Klasse EA genannt, während nur die weitaus
wichtigere Komponentenspezifikation als Kategorie 6A bezeichnet wird.

Tabelle 1 verdeutlicht die Konfusion bei der Namensgebung. Hinzu kommt eine Konfusion bei den
Übertragungseigenschaften: Wenn man Cat. 6A von EIA/TIA mit Klasse EA/Kat. 6A von ISO/IEC oder EN
vergleicht, sind unglücklicherweise nicht nur die Namen und Bezeichnungen unterschiedlich. Viel
schwerwiegender ist die Tatsache, dass sich die Anforderungen an die Übertragungseigenschaften für
Channel, Permanent Link und die Komponenten signifikant unterscheiden. Die ISO/IEC-Spezifikationen
sind für alle Konfigurationen aufgrund des oben beschriebenen universellen Ansatzes weitaus
strenger als die des US-Standards.

Tabelle 2 zeigt einen Vergleich zwischen ISO/IEC 11801 Amd. 1+2 und EIA/TIA 568-B.2 Add. 10 beim
äußerst kritischen Parameter PS NEXT. Die letzte Zeile der Tabelle verdeutlicht die starken
Unterschiede in den Definitionen: Ein Steckverbinder nach ISO/IEC Kat. 6A muss im NEXT Loss um 3 dB
besser sein als das entsprechende Produkt nach US-Norm. Anders ausgedrückt bedeuten die 3 dB eine
um 100 Prozent bessere Unterdrückung des Übersprechens am nahen Ende.

Neue Stecker braucht das Land

Die neue Kategorie-6A-Komponenten-Spezifikation durch ISO/IEC 11801 Amendment 2 erfordert eine
neue Generation von Anschlusstechnik, da diese Performance mit herkömmlichen Produkten nicht zu
erreichen ist. Da solche High-Performance-Produkte erst seit sehr kurzer Zeit und nur von wenigen
Herstellern im Markt erhältlich sind, sollte man als Anwender oder Planer genau hinterfragen, was
der jeweilige Anbieter unter "Kat. 6A" versteht. Wie aufgezeigt, können die unterschiedliche
Namensgebung und die verschiedenen Grenzwerte beider Normen gepaart mit unpräziser Verwendung der
Terminologie (Cat. 6A ist eben nicht gleich Kat. 6A!) leicht dazu führen, dass ein Top-Produkt, das
die strengen Komponentenanforderungen nach ISO/IEC Kat. 6A erfüllt, auf dem Markt mit einer
schwächeren Cat.-6A-Channel-Lösung nach EIA/TlA verglichen wird. Es besteht daher ein erheblicher
Aufklärungsbedarf, denn nur so kann der Anwender die Leistungsfähigkeit unterschiedlicher Produkte
beurteilen und die richtige Wahl treffen. Die Vorteile eines Produkts, das die
Komponentenspezifikationen von ISO/IEC 11801 (und somit auch von EN 50173-1) erfüllt, liegen auf
der Hand.

In modernen Rechenzentren sind oft kurze Strecken zwischen Schränken nötig. Dort haben viele der
erhältlichen Klasse-EA-Channel-Lösungen, die meist auf geschirmten Kat.-6-Komponenten basieren,
erhebliche Längeneinschränkungen. Ein Hochleistungssystem wie etwa das AMP-Netconnect-XGA-System,
das auf dem bereits nach ISO Kat. 6A zertifizierten AMP-Twist.6AS-RJ-45 Jack basiert, bietet
normkonforme Kurzstrecken von bis zu zwei Metern Länge und kann dadurch die Kabelmengen in
Rechenzentren erheblich reduzieren.

Ein Kat.-6A-Steckverbinder gemäß ISO/IEC 11801 Amendment 2 bietet große Systemreserven bei
kritischen Übertragungsparametern wie NEXT und Return Loss. Diese Reserve gewährt dem Endanwender
eine hohe Systemverfügbarkeit seines Netzwerks und gibt dem Installateur genügend Marge, um auch in
schwierigen Installationsumgebungen die Systemeigenschaften realisieren zu können.

Kat.-6A-Steckverbinder ermöglichen Klasse-EA-Permanent-Links mit maximaler Kompatibilität zu
anderen Kat.-6A-Produkten. Dies ist für den Anwender ein entscheidendes Kriterium bei der Auswahl
des Verkabelungssystems, denn nur so ist bei der zukünftigen Aktivierung von bisher ungenutzten
Reserve-Ports eine freie Auswahl der Anschlusskabel möglich – ohne mit Leistungseinbußen oder gar
Fehlfunktionen der Übertragungsstrecke rechnen zu müssen.


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